der, wenn sie einmal in Bewegung sind, am längsten und
heftigsten toben. Ich erinnre mich nicht, in Brabant
einen Knaben bei diesem Spiele gesehen zu haben, und
auch das ist eine Bestätigung meiner Hypothese.
Bei den Erwachsenen ist diese Langsamkeit des Temperaments
nicht zweifelhaft, allein sie äußert sich am
stärksten in Absicht auf den Gebrauch der Vernunft. Oft
haben wir uns über die gleichgültige Ruhe gewundert,
womit die Brabanter in die Zukunft sehen. Die Möglichkeit
eines östreichischen Angriffs scheint ihnen verborgen
zu sein, und fast durchgehends werfen sie jetzt den
Gedanken von der Unentbehrlichkeit eines auswärtigen
Beistandes sehr weit weg. Vorgestern, als ein Gerücht
sich verbreitete, daß preußische Truppen von Lüttich
nach Huy marschierten, in der scheinbaren Absicht, sich
Luxemburg zu nähern, entstand eine allgemeine Mißbilligung
dieses Schrittes; so wenig Begriff hatte man von
der Wichtigkeit einer Kooperation dieses mächtigen
Nachbarn mit ihnen gegen ihren ehemaligen Landes-
herm. Von den politischen Gesprächen der hiesigen gesellschaftlichen
Kreise läßt sich nach dem bisher Gesagten
wenig mehr als Ungereimtheit erwarten. Die
französische Dreistigkeit, über solche Gegenstände ein
eignes Urteil zu fällen, zeugt wenigstens, auch wenn es
ungehirnt genug klingen sollte, von einer gewissen eigentümlichen
Beweglichkeit der Geisteskräfte. Hier hingegen
merkt man es jedem Wort und jeder Wendung an,
daß diese Kräfte bisher brach gelegen haben. Könnte
man die verschiedenen Urteile jedesmal bis an ihre
Quelle verfolgen, so würde sich’s ausweisen, daß sie alle
in drei oder vier Köpfen von der einen oder der ändern
Partei, ja, was noch merkwürdiger ist, zum Teil in fremden
Köpfen entstanden sind. Die gewöhnliche Gewandtheit
in Verteidigung selbst angenommener Meinungen,
die von einigem Nachdenken unzertrennlich ist, vermissen
wir hier in einem kaum glaublichen Grade. Die Eingebungen
sind so kenntlich, daß man den Hauch zu bemerken
glaubt, mit dem sie aus einem Kopf in den
ändern übergingen. Die Verfechter der Stände, bei weitem
die zahlreichste Partei, führen nur die alte Verfassung
und die Joyeuse Entrée im Munde; sie sträuben
sich heftig gegen die Freiheit und kennen kein größeres
Übel als eine Nationalversammlung. Umsonst versucht
man es ihnen begreiflich zu machen, daß zwischen einer
oligarchischen Tyrannei und einer französischen Demokratie
noch ein drittes, eine verbesserte Repräsentation
des Volkes möglich sei; sie denken nichts bei den Ausdrücken,
auf welche sie geschworen haben, und desto
gewissenhafter beharren sie darauf.
Dieser Mangel an Spontaneität ist nirgends offenbarer
als in dem entschiedenen Siege der Aristokraten über
die demokratische Partei. Van der Noot, der auch in Brabant
den Ruf eines mittelmäßigen Kopfes hat, war
gleichwohl schlau genug, gleich bei der Gründung der
belgischen Unabhängigkeit diese Wendung vorauszusehen.
Seine Talente machten ihn dort unentbehrlich, wo
sie, wie er wußte, immer noch ohne Rivalität hervorleuchteten;
allein sie hätten ihn nicht gerettet, wenn er
es gewagt hätte, sich dem alles hinreißenden Strome des
geistlichen Einflusses zu widersetzen. Um an der Spitze
zu stehen und alles, wenn nicht dem Namen nach, doch
in der Tat zu lenken, mußte er also zu dieser Fahne
schwören. Der Großpönitentiar von Antwerpen, der so
berüchtigte van Eupen, ein Bonze vom gemeinsten
Schlage, dessen ganze Superiorität in niedriger Verschmitztheit
und heimlichen Ränken besteht, ward sein
Vertrauter und Gehilfe. Der schwache Kardinal war alles,
was man wollte, in jedermanns und blieb es folglich auch
in ihren Händen. Die einzige Stimme des Bischofs von
Antwerpen, eines Prälaten, dem man Einsicht und Fe