Ihre Existenz in dieser wie in jeder Rücksicht ist maschinenmäßiger
als die Existenz der lebhafteren, geistreicheren
Menschen, deren unstetes Wesen mehr von eigenen
Antrieben abhängt und daher öfter die Erscheinung des
Müßigganges bewirkt. Noch gibt es in allen belgischen
Provinzen ansehnliche Woll- und Leinenfabriken, obwohl
die ersteren im Vergleich mit ihrem Flor im vierzehnten
Jahrhundert, als Löwen und Ypern jedes 4000,
Mechelen über 3000 und Gent 40000 Weberstühle beschäftigen
konnten, gleichsam nur armselige Trümmer
der ehemaligen Wirksamkeit verraten. Lange vor dem
Ausbruche des Religionskrieges wanderten aber schon
Tausende von Fabrikanten nach England, und während
der Unruhen öffnete Elisabeth ihre Häfen den fleißigen
Flüchtlingen, die um ihres Glaubens willen ihr Vaterland
verließen. Andere Zweige des städtischen Fleißes
sind durch das Emporkommen auswärtiger Fabriken in
Verfall geraten, wie die Seidenmanufakturen in Antwerpen;
oder der Wankelmut der Mode hat ihren Absatz
vermindert, wie dies mit den brabantischen Spitzen und
mit den gestickten Teppichen von Brüssel der Fall ist, an
deren Stelle die Blonden und Papiertapeten sind. gekommen
Der Landmann allein ist geblieben, was er war: der arbeitsame,
geduldige Bauer des fetten, ergiebigen Erdreichs.
Seine Saaten füllen die Scheuern des Adels und
der Klöster; seine Herden bedecken unübersehbare Weiden,
und seine Gespinste, das Werk seiner Nebenstunden,
beschäftigen sowohl die noch übriggebliebenen
einheimischen als auch die benachbarten auswärtigen
Fabrikanten. Aus diesen Quellen des Reichtums, so
schlecht man sie auch benutzte, flössen jährlich noch
Millionen in die Schatzkammern des Hauses Österreich.
Hätten weise Führer durch zweckmäßige Bildung der Jugend,
hätten große Regenten durch Erweckung eines edlen
Wetteifers den Einflüssen der Sumpfluft und des
nordischen Nebels entgegenarbeiten wollen, warum
sollte es ihnen weniger geglückt sein als in dem benachbarten
England? Allein die Vervollkommnung des dritten
Standes war jederzeit, bis auf Joseph den Zweiten,
dem stolzen Hofe zu klein, dem Adel und der Geistlichkeit
ein Greuel.
Oft indessen zwecken die unberechneten Folgen der
Leidenschaft mehr als absichtliche Vorkehrungen auf
die Hervorbringung des Guten. Nirgends treibt die Habsucht
mit weniger Zurückhaltung ihr Spiel, nirgends
häuft sich die Zahl der Prozesse so ins Unendliche als in
Ländern, wo ein ungebildeter zahlreicher Adel und eine
nicht minder rohe, nicht minder zahlreiche Geistlichkeit
den Besitz des Landes unter sich teilen. In den katholischen
Niederlanden, wie in Polen und Ungarn, nehmen
diese Streitigkeiten, bei dem geschwächten moralischen
Gefühl, welches unausbleiblich die versäumte Entwicklung
der Vernunft begleitet, unter den Begüterten kein
Ende. Daher schwang sich endlich aus dem Bürgerstande
die unentbehrlich gewordene Klasse der Rechtsgelehrten
empor, und in diesem allerdings nicht erlesenen
Haufen entwickelten sich gleichwohl die ersten
Keime des belgischen Patriotismus. Unter der furchtbaren
Kohorte von drei- bis vierhundert Advokaten, die
dem Geiste der Unverträglichkeit in Brüssel das tägliche
Opfer bringen, fanden sich einige Männer, deren Studien
und Amtsgeschäfte den glücklichen Erfolg für sie
selbst hatten, ihre Begriffe von Recht und Pflicht jenseits
des toten Buchstabens der Gesetze zu berichtigen
und aufzuhellen. Mit dem Lichte, das ihnen plötzlich
zuströmte, und das sie freilich weder in den Kreuzgängen
der Jesuitenschulen noch in der finsteren Universität
zu Löwen je erblicken konnten, prüften sie die Ansprüche
des Fürsten, wenn er, selbst in guter Absicht,