der die übrigen ungünstigen Umstände vermocht hätte,
steht dahin; mit ihr hat man die Probe nicht gemacht,
und ohne sie verblühen die Staaten, selbst im Schöße
des Glücks!
Die Unordnungen, welche aus der fehlerhaften Konstitution
von Aachen entsprangen, hatten bereits vor
drei Jahren ihren höchsten Punkt erreicht; denn so lange
ist es her, daß die streitenden Parteien in offenbare Gewalttätigkeit
gegeneinander ausbrachen, daß eine kaiserliche
Kommission zur Untersuchung und Abstellung der
Mißbräuche niedergesetzt ward und daß fünfhundert
Mann Pfälzer die Ruhe in der Stadt erzwingen und den
Verordnungen der Kommissarien Nachdruck geben
mußten. Die Kommission versammelt sich in eben dem
Saale, wo im Jahre 1748 der Aachner Friede geschlossen
ward. Sie wird den Zweck ihrer Sendung wahrscheinlich
bald erreicht haben; denn endlich sind die Aachner ihrer
eigenen Torheiten müde, und je näher ihnen der Zeitpunkt
entgegenrückt, wo sie die nachteiligen Folgen der
unter ihnen herrschenden Verbitterung in ihrem ganzen
Umfange fühlen werden, desto geneigter lassen sie sich
finden, die vorgeschlagenen Mittel zu einem dauernden
Vergleich anzunehmen. Man sollte denken, die ungeheuren
Kosten der Einquartierung und des Prozesses
müßten die hiesige Bürgerschaft schon längst zur Besonnenheit
gebracht haben; allein diese Summen, die sich
in die Hunderttausende belaufen, scheinen um deswillen
auf den ergrimmten Parteigeist weniger gewirkt zu
haben, weil man sie durch Anleihen bestreitet, die erst
der künftigen Generation zur Last fallen werden. Hätte
man den redlich gemeinten Vorschlag, sie durch eine
Steuer zu tilgen, genehmigt, so würde man sich eher gehütet
haben, sie zu hoch heranwachsen zu lassen. Was
indes kräftiger auf die Gemüter wirkt als selbst der Eigennutz,
das ist in diesem Augenblicke die Macht der
Wahrheit. In einer Angelegenheit, wo es so leicht möglich
ist, sich für die eine oder die andere Partei einnehmen
zu lassen, hat die strenge Unparteilichkeit des
Herrn von Dohm das völlige Vertrauen beider gewonnen,
und sein neuer Plan zur Verbesserung ihrer Konstitution,
der bis auf den letzten Bogen abgedruckt ist,
wird vermutlich bei ihrem bevorstehenden Vergleiche
nicht bloß zum Grunde gelegt, sondern in allen wesentlichen
Stücken wirklich angenommen werden. Alle
Schwierigkeiten zu heben, allen Mängeln abzuhelfen, ist
vielleicht eine Aufgabe, welche die Kräfte eines jeden
politischen Reformators übersteigt. Wenn es auch anginge,
die Bande der Gesellschaft auf einen Augenblick
gänzlich aufzuheben und so zu Werke zu gehen, als ob
noch keine Verfassung existiert hätte, so sind doch die
Verhältnisse der Menschen untereinander zu mannigfaltig
verwickelt und ihre Gemüter zu vielen Lokaleindrük-
ken unterworfen, um nicht aus dem Besten, was man
ihnen in abstracto zur Richtschnur vorschlagen könnte,
etwas sehr Mangelhaftes und sogar Nachteiliges in concreto
zu machen. Mehrenteils aber läßt sich eine gewaltsame
Auflösung der Verfassung gar nicht einmal
denken, und man sieht sich genötigt, alle Bemühungen
lediglich auf die Abstellung einzelner Mißbräuche, auf
die Verbesserung einzelner ins Große wirkenden und alles
zerrüttenden Fehler zu richten. Vielleicht ist es in
den meisten Fällen wirklich ratsamer, eine alte fehlerhafte
Konstitution zu bessern, als eine ganz neue zu organisieren
und sich der Gefahr auszusetzen, daß durch
die Gärung, die bei der Einführung alles Neuen unvermeidlich
ist, das Ganze eine andere als die gehoffte
Form gewinne oder daß nun Lücken und Gebrechen
sich offenbaren, welche vielleicht größeres Unheil stiften
als jenes, dem man abhelfen wollte.
Mäßigung ist die Tugend, welche unserm Zeitalter vor