Mitbürger ziemlich feil zu sein schien. Jene schauderhafte
Vernichtung von Brüssel, welche der Herzog von
Ursel am 20. September 1787 so glücklich verhütet hatte,
wollte jetzt der Erfinder dieses grausamen Anschlags mit
Gent wirklich beginnen. Es war nicht etwa ein zügelloser
Pöbel, wie der parisische, der sich einen Augenblick
vergaß und an einzelnen Opfern die tausendjährige
Schuld seiner Unterdrücker rächte: deutsche Soldaten,
denen die Flamen noch vor kurzem die gastfreieste
Pflege hatten angedeihen lassen, wurden hier von ihren
Offizieren angeführt zur Plünderung ihrer Wohltäter,
zur Einäscherung der Stadt und zum nächtlichen Kindermord.
Die Ereignisse jener zwei schrecklichen
Nächte sind von der gräßlichen Art, daß sie in der Geschichte
der feudalen Zerrüttungen nicht in das achtzehnte
Jahrhundert zu gehören scheinen, daß sie neben
den übrigen Atrozitäten*, welche das Ungeheuer der
willkürlichen Gewalt ausgebrütet hat, ihre Stelle verdienen.
Neunundsiebzig Kinder und Erwachsene wurden
von den Soldaten teils getötet, teils mit ihren Häusern
verbrannt. Die Unmenschlichkeiten, die dabei vorgingen,
mag ich nicht nachschreiben; aber sie gehören der
Geschichte, welche der Nachwelt die folgenschwere
Wahrheit beurkunden muß, daß, wenngleich die Aufwallungen
der Ungebundenheit in einem lange mißbrauchten
Volk zuweilen in blutige Rache ausarten können,
sie gleichwohl von der barbarischen Fühllosigkeit
des rohen Söldners weit übertroffen werden. Traurig ist
die Wahl zwischen zwei großen Übeln; allein es liegt
schon in der Natur der Sache, daß die Folgen der Anarchie,
wie schwarz die Mietlinge des Despotismus sie
auch schildern mögen, nur Kinderspiele sind gegen die
Schandtaten beleidigter Sklaventreiber. Ihre Erbitterung
wird giftiger durch die vermeinte Kränkung ihrer Herrscherrechte;
ihr Zweck ist nicht bloß Unterjochung, sondern
zugleich Rache und Strafe; sie sind immer Krieger
und Henker zugleich; sie zerstören und verwüsten aus
Grundsatz und nach einem vorher bedachten Plan.
Ich begreife jetzt, wie der Anblick solcher Greuel den
Mut der Bürger und Freiwilligen bis zur Tollkühnheit
entflammen mußte. Arberg verfehlte gänzlich seinen
Endzweck und sah sich genötigt, unter Begünstigung
der Nacht das Schloß zu räumen und seinen Rückzug
anzutreten. Das kleine Patriotenheer, verstärkt durch die
junge Mannschaft, die aus Courtray den Gentern zu
Hilfe gekommen war und die Kaiserlichen von einem
Tore vertrieben hatte, stürzte am 16., nachdem es, unter
den Waffen stehend, dem im Portal der Nikolauskirche
gefeierten Hochamte beigewohnt und sich durch die allgemeine
Absolution zu seinem Unternehmen gestärkt
hatte, mit unwiderstehlicher Gewalt auf die Kasernen
los und erstieg die dort befindlichen Batterien. Buben
von siebzehn Jahren stachen die Kanoniere über den
Haufen, die mit brennender Lunte in der Hand das Geschütz
gegen sie lösen wollten. Schon hatten sie das Tor
erreicht und schleppten Holz zusammen, um die Kasernen
in Brand zu stecken, als die östreichischen Offiziere
unbewaffnet und mit entblößtem Haupt ihnen entgegengingen
und sich zu Kriegsgefangenen ergaben. Die Flamen
waren in diesem leidenschaftlichen Augenblick besonnen
genug, ihrem Unwillen, der so hoch gereizt
worden war, zu gebieten. Sie nahmen ihre Feinde in
Schutz, als hätten diese mit erlaubten Waffen und nur gegen
Männer gefochten.
Die Einwohner haben das Schloß demoliert, weil es
nicht länger haltbar war; dagegen erfreute uns der Anblick
vieler neuen Häuser, die bereits überall aus den
Ruinen hoch emporstiegen und vom Reichtum der hiesigen
Bürgerschaft ein gutes Vorurteil bei uns erweckten.
Ich weiß nicht, war es diese zufällige Szene der Geschäf