ist eine steife Gruppe! Von Josephs Kopf herab längs
dem Rücken der Elisabeth und der Schulter der Madonna
ist es ein wahrhaftes Dreieck. Die Farben sind
hart und grell, und des trocknen Pinsels wegen scheinen
manche Umrisse eckig; von Licht und Schatten ist kaum
eine Spur. Das nackte Christkind ist von Gesicht etwas
häßlich und Elisabeth ein wenig gar zu alt. Die Landschaft
ist hell und bestimmt, so trocken und hart wie die
Figuren. Von wenigen Bildern hier läßt sich so viel
Nachteiliges sagen - aber auch von wenigen so viel Gutes.
Die Ängstlichkeit der Pyramide abgerechnet, ist es
die traulichste Vereinigung, die sich in einer Familie
denken läßt. Elisabeth und Maria sitzen beide auf der
Erde und haben ihre Kinder zwischen sich. Johannes
sitzt der Mutter im Schoß und ist ein niedlicher Bube;
der kleine häßliche Bambino reitet der Madonna auf
dem Knie und ist außer den Gesichtszügen ebenso richtig
und schön gezeichnet. Die holde Mutter betrachtet
ihr Kind mit einem Blick voll himmlischer Anmut und
Zärtlichkeit: ihr Kopf neigt sich sanft vor über ihn, und
auf ihrer Stirne thront jungfräuliche Schönheit. Ich habe
noch keinen Maler gesehen, außer Raffael und Leonardo
da Vinci, der die Jungfrau und die Mutter so in ein Wesen
zu verschmelzen gewußt hätte. Alle Mysterien beiseite,
dieser Charakter ist in der Natur; moralische Jungfräulichkeit,
reines Herz und reine Phantasie, mit
Mutterliebe im schönsten Bunde! Er gehört, das will ich
gern zugeben, zu den seltensten Erscheinungen; aber
jene beiden großen Menschen faßten ihn, und ich weiß,
er ist nicht ausgestorben mit den Urbildern, von denen
sie ihn, wie einen Sieg, davontrugen. Mehr Grazie, mehr
ungezwungene, natürliche Grazie - doch eine andere
gibt es ja nicht -, mehr als diese Madonna haben wenige
Gebilde der Kunst. •
Ich muß auch diese Heilige Familie noch erwähnen,
die sich neben der Raffaels so vorteilhaft ausnimmt; sie
ist von Andrea del Sarto, dem sein Lehrer Michelangelo
das Zeugnis gab, daß er groß wie Raffael geworden wäre,
wenn er nur dieselbe Gelegenheit, sich zu bilden und
sich zu zeigen, gehabt hätte. Etwas von diesem Lobe
geht wohl auf Rechnung der Eifersucht; aber die eigene
Größe des Florentiners bürgt uns, daß es nicht ganz ungegründet
war. Sein Schüler hat hier alles geleistet, was
das Sujet nur tragen konnte. Die Madonna hat sanfte
Weiblichkeit und ist wirklich schön, wenngleich nicht
von erhabener Schönheit. Elisabeth hat Spuren von verblichenem
italienischem Reize; der kleine Johannes, mit
seinem sprechenden ausdrucksvollen Gesichte, ist mit
einer glücklich getroffenen Kinderschönheit begabt, und
nur der Engel hinter der Jungfrau hat einen dummen
Blick. Die Simplizität, die Natur und Eleganz der Zeichnung
sind im höchsten Stil der Kunst, die Farben für
einen Maler aus der florentinischen Schule gut gewählt
und schön verschmelzt; überhaupt ist an der ganzen
Ausführung keine Klage über irgend etwas zu demjenigen,
was in Raffaels eben erwähntem Bilde mißfällt; vielmehr
ist alles sehr weich und mit großer Leichtigkeit gehalten.
Man bedauert nur, daß das Bild durch Zufall und
Ausbesserung gleich viel gelitten hat. Es ist noch eine
zweite Madonna von Andrea del Sarto in dieser Sammlung;
sie sitzt auf einem Thron, der ein paar Stufen erhöht
ist, und hält das vor ihr stehende Christkind. Vorn
sitzt links St. Markus, und rechts kniet ein Engel. Dem
vorigen Bilde kann man dieses nicht an die Seite stellen;
zudem ist es auch unvollendet und folglich härter und
trockner, als es vermutlich hätte werden sollen; doch erkennt
man darin den Meister. Warum die schöne sitzende
Figur St. Markus und kein anderer Heiliger sei,
wird sich so leicht nicht überzeugend dartun lassen, weil
sein Gefährte, der Löwe, nicht dabeisteht und es doch