Ausgeführt im anatomischen Institut de r Königlichen Tierärztlichen Hochschule
zu Hannover.
E in le itu n g .
Seitdem um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts der Nürnberger Professor C o iter
nachwies, daß die Lunge der Vögel an ihrer Oberfläche perforiert ist, wurde das Studium
des respiratorischen Apparates dieser Tierklasse von seiten vieler bedeutender Anatomen und
Physiologen bis in die Neuzeit eifrig betrieben. (Literatur pag. 36—39). Um eine kurze geschichtliche
Übersicht zu bieten, will ich mit einigen Worten der Männer gedenken, denen
wir die Kenntnis des überaus komplizierten Atmungsapparates der Vögel zu verdanken haben.
Im Jahre 1651 beobachtete H a rv e y , ein Schüler von Fabricius ab Aquapendente,
zuerst, daß die Öffnungen in den Vogellungen Kommunikationen mit großen, membranösen
Höhlen oder Luftsäcken herstellen, die in Brust und Bauch gelegen seien und die Funktion
von Luftreservoiren hätten. Etwa hundert Jahre später entdeckten fast gleichzeitig der berühmte
englische Physiologe Hunter und der holländische Anatom Camper, daß die Luft
sich nicht nur in Lungen und Luftsäcken verbreite, sondern auch bis ins Innere der Knochen
vordringe.
In den letzten beiden Jahrhunderten waren es besonders C uv ie r (1795— 1840), Sappey
(1846), Owen (1836), G u illo t (1846), R a in e y (1849), S c h rö d e r (1860), E b e r th (1863),
Milne Edwards (1865), F. E. S ch ulze (1871), H u xle y (1875), Campana (1875), A e b y
(1880), B ign on (1887), Bed dard .(1888), G. R o ch é (1890), M ille r (1893), Max B a e r
(1896), G egen baur (1901), die sich um die Aufklärung dieses Organs verdient gemacht haben.
Trotz dieser vielseitigen Bearbeitung blieb doch noch manches zu tun, um insonderheit
den anatomischen Bau der Atmungswerkzeuge bis ins einzelne zu erforschen. Vornehmlich
war es der Bronchialbaum selbst, der unerklärlicherweise vernachlässigt blieb.- Man begnügte
sich, den groben Bronchialverlauf an diesem oder jenem Vogel darzustellen, gab
auch ein System der Endverzweigungen an, ohne jedoch letzteres auf Grund einwandsfreier
Präparate nachgewiesen zu haben. Daher ist es nicht zu verwundern, daß man bezüglich der
letzten Endigungen oft der Auffassung begegnet, daß die Lungenpfeifen mit ihren radiären
Ausstrahlungen in traubige Ausbuchtungen, sogenannte Alveolen, blind ausliefen. Die einen
nahmen zwischen diesen alveolären Bildungen Kommunikationen an, während andere das
Vorhandensein derselben in Abrede stellten.
Auf diese Unklarheiten machte mich Herr Professor Bo et he r , Direktor des anatomischen
Instituts der Tierärztlichen Hochschule zu Hannover, aufmerksam und empfahl
mir, die Bearbeitung dieses interessanten Themas in Angriff zu nehmen.
Zoologica. Heft 46. 1