sagen, welcher ad hominem urteilt. Dem ist aber nicht so.: die . Hummeln fliegen herum
infolge der angeborenen Gabe, „sich viel zu bewegen, ohne vorwärts zu kommen“. Es:.,vergehen
wenige Sekunden, undgäie soeben noch erbost herumschwirrende Hummel läßt sich
plötzlich auf eine Blüte nieder, welche während des rasenden-Hin- und Herfliegens ihre Aufmerksamkeit
erregt hat, und bewegt sich nunmehr auf dieser auf und ab, aber in anderer
Weise, indem sie hurtig die Beinchen bewegt und ihren langen Rüssel hier und da in die
Blüte versenkt. Es genügt, wenn man alle dies® und die zahllösen.Erseheinungen ähnlicher
Art sieht, um sich den wahren Charakter ihrer Tätigkeit in dem, von H o fe r angeführten
Falle vollständig klar vorstellen zu können: Die Bewegungen des Weibchens, welches mit
seiner Stirne die in der Nähe befindlichen Arbeiterinnen stößt und von Zeit zu Zeit mit einer
derselben handgemein wird, sind absolut identische Erscheinungen mit den zahllosen Zusammenstößen
der Arbeiterinnen unter sich.1 Der ganze Unterschied besteht nur in der
asiwas größeren Hastigkeit und der noch höheren Erregtheit.
Zieht man indessen die Bedingungen in Betracht, unter welchen digajjiusammenstöße
vor sich gehen, d. h. die Stärke des inneren, die Tätigkeit des Weibchens bedingenden
Triebes, sowie die Stärke der äußeren Reigg infolge der zentralen Rolle, welche das,
Weibchen in der Familie der Arbeiterinnen spielt -fftldilge letzteren bewegen sich um dafS
Weibchen herum hin und her, wenn dasselbe der Ruhe bedarf, ebenso wie sie dies zu jeder
anderen Zeit auch tun, wo die® sich Hin- und Herbewegem dem Weibchen ganz gleichgültig
ist — so erscheint die überflüssige Geschäftigkeit und Erregtheit vollständig begreiflich.
Die Unrichtigkeit der mitgeteilten Beschreibung kann auch auf einem anderen, unvergleichlich
leichteren und kürzeren Wege festgestellt werden, als diesidurch das Verständnis,
des Charakters der Tätigkeit der Hummeln erzielt wird.
Man öffne den von dem Welfchen angefertigten Waehsbau, worin die von ihm gelegten
Eier sich befinden, und den -ich als Eierzelle bezeichne, Taf. I, Fig. 6, 7, 17 u. 18 pi.
[Ende Juni findet man deren in jedem Hummelneste zu mehreren Stücken], und tue dies.
sogar bei einem Neste, welches nicht im Freien, sondern im Zimmer beobachtet wird; man
bedecke darauf das Nest so, daß es sich im Dunkeln befindet. Nach 15-B0 Minuten decke
man das Nest wieder auf und man wird, die Eierzelle vollständig .ausgebessert vorfinden.
Beobachtet man, wie dies .geschieht (indem inan den Kasten mit -einer Glasfgheibe und diese,
mit einem abnehmbaren Brettchen bedeckt), so wird man sehen, daß die.Ausbesserung von den
A rb e ite r in n en ausgeführt wird. Ich habe derartige Versuche Dutzende von Malen angestellt,
sowohl absichtlich wie auch unabsichtlich, indem ich die Eierzelle gelegentlich einer anderen
im Hummelstoeke ausgeführten Arbeit. zerstörte, und fast immer war ich Zeuge, ein und
derselben Erscheinung;, nachdem die Arbeiterinnen auf die zerstörte Eierzelle gestoßen,
waren, befühlten sie sorgfältig die bloßgelegten Eier und gingen sodann an die Ausbesserung
dgr Zelle. Nur ganz ausnahmsweise beobachtete; ich, wie ..Arbeiterinnen ein Ei aus. einer
Eierzelle ihres von mir zerstörten Nestes .auffraßen. Dies traf dann ein, wenn die Eierzellen
von den Hummeln selbst zerstört worden waren; .aus welchem Grunde und auf welch®
Weise lifiese Zerstörung erfolgte, davon wird seinerzeit die Rede sein. Derartige Fälle
bilden jedoch eine Ausnahme und treten stets infolge einest; Zufalles ein: unter nor-
’ Hierzu kommen V ö th die Betrachtungen, welche ich im HI. Kapitel des zweiten Teiles, Abschnitt C anführen
werde.
malen und der Norm nahestehenden Bedingungen kommen solche Erscheinungen niemals
vor, und der Satz von Prof. P é re z , daß die Hummeln ■ „se jettent avidement sur
les oeufs frais pondus pour son repaître“, steht in direktem Widerspruche mit meinen Beobachtungen.
Ich vermuté'Jedenfalls, daß das Weibchen, nachdem es die Eiablage beendet
hat, die Eierzelfe durchaus nicht aus Furcht, die Arbeiterinnen möchten ihre Eier
aufzehren,¡¡Bindern auSidem Grunde selbst verschließt, weil dies eine ihm zukommende
A rb e it is t, und die für seinen Teil genau fixierten Instinkte von dem Weibchen unfehlbar
ausgeführt werden. Die Arbeiterinnen drängenjBich nicht aus dem Grunde in der Nähe
herum, weil sie auf eine günstige Gelegenheit warten, sich an einem, „leckeren Bissen“ zu
delektieren, sondern weil es ihre Aufgabe ist, dort zu sein, wo das Weibchen sich aufhält.
Es bleibt nunmehr noch die?; Frage zu beantworten, welchen Beitrag die soeben be-
gpijpchenen, die Ablage der Eier durch die Weibchen der Hummeln begleitenden Erschei-
nuhigfe denn eigentlich zu der vergleichendé#*ÎBsychologie der solitären und gesellig lebenden
Insekten liefern? v. B urte. 1 -Rec-pen bemerkt, indem er die obenerwähnten Beobachtungen
Hofer:!; über die Eiablage der Hummelweibchen anführt, wonach daigWeibchen
in dem Neste ein Wachsplättchen anbringt, die Eier und das Futter darauflegt und beides
mit einer Wachshülle umschließt, daß aus diesen Beobachtungen die Reihenfolge bei der
Arbeit des Weibcheris nicht genau zu ersehen ist: d. h. ob das Weibchen seine erste Pollenladung
auf den Wachsfleck deponierte uncMlarauf den Bau der Ringzelfe jfsgonnen hat,
oder ob'¿s umgekehrt zuerst die Zelle anlegte und dann erst den Pollen in dieselbe ablud.
Jedenfalls, so fügt er hinzu, wird die Nahrungawon den Hummeln eingesammelt, ehe die
Zelle fertig ist. Die Notwendigkeit dieser Ä?hlußfolgerun^,j|bwie der Wert, welchen er der
etwas unvollständigen Beschreibung H o fe r s beilegt, haben ihren Grund darin, daß er der
Reihenfolge, in welcher die Insekten Nahrung für ihre 1 .a:\Cei: Stichen, das Bi ablegen und
die Zelle aufbauen, eine wichtige phylogenetische Bedeutung zuspricht.
v. B u ttel-R e ep en vermutet, daß die Reihenfolge (JjNahrung, i.)Ei und 3) Ze lle
für die Hummeln charakteristisch ist und dem ursprünglichen Verfahren entspricht, indem
diese selbe Ordnung auch bei den solitären Bienen beobachtet: wird. Eine ganz andere Er-
Sheinung sehen wir seiner Ansicht nach bei den gesellig lebenden Bienen, Apis mettifica,
wo die Reihenfolge lautet : f) Zelle, J lE iè r und :| j Nahrung, weshalb die Bienen nach
v. B u ttel-R e ep en die genetisch nächstfolgende, höhere Form der Geselligkeit repräsentieren.
Da jedoch das Hummelweibchen, nachdem es die erstekZelle (nach meiner Terminologie
nicht die „Zelle“, sondern die erste „Larvenzelle“) aufgeführt hat, anfängt, den Larven
Nahrung zu bringen, so nähert es sich durch diesen neuen Instinkt einer höheren Form
der Geselligkeit. Wenn nun'.schließlich das Volk stark heranwächst, so beschäftigt sich das
Weibchen fast ausschließlich nur noch mit Eierlegen, während die Arbeiterinnen alles übrige
übernehmen. Von diesem Zeitpunkte an wird das Ansammeln von Vorräten nach v. Buttel-
R e e p en überflüssig, indem kein Mangel an Nahrung mehr eintreten kann. Die Eier
werden in die leeren Zellen gelegt und es tritt fortdauernde Fütterung ein.
In diesem Gang der Entwicklung der jungen Hummeln und in den Beziehungen, in
welchen die Weibchen und Arbeiterinnen dazu stehen, erblickt v. B u t t e l-R e e p e n ein
prächtiges Beispiel des biogenetischen Gesetzes : das Weibchen wirkt am Anfänge des Som