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 Da  ich  glaube,  daß  meine  vergleichend-anatomischen  Befunde  über  den  gröberen  und  
 feineren  Bau  der  Vogellunge  einige  neü«  Tatsachen  kennen  lehrten  und  zugleich  zur Klärung  
 strittiger  Punkte  beitragen,  so  sei  es  gestattet,  kurz  die  Resultate  zu  rekapitulieren. 
 Es  konnte  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  der  Vogel  seinen  Lebensbedingungen  entsprechend  
 mit  einem  überaus  komplizierten  Atmppgjsystem  auäjteüstet  sein  mußte.  Dies#;  
 Annahme  hat  sich  noch  durch  die  Entdeckung  eines-Luftkapillarsystems  als  gerechtfertigt  erwiesen. 
   Die  Vogellunge  besitzt  keine  ausgiebige  Äus»hnuirgsfähigkeit  und  ist  nicht,  wie  die  
 Atmungsorgane  anderer  höherer  Tiergruppen,  zur  Respiration  und  Luftaufspeicherung:  gleichzeitig  
 bestimmt.  Die  Einrichtungen  zur  Aufspeicherung  Oreicher  Luft  und  zur  Herabsetzung  
 des'spezifischen  Gewichte#isind  in  dem  schon  frühzeitig  entdeckten  LuffsScksystem  enthalten.  
 Wir  wissen  längst,  daß  die  mehr  oder  minder  feine  Ausbildung  desselben  mit  dem  Flug,  
 vermögen  gleichen  Schritt  hält. 
 Die,  vorliegeüden  Untersuchungen  haben  weiterhin  ergeben,  daß  : auch  die  Lunge  
 Selbst  eine  der  Flugfähigkeit  des ¡betreffenden  Vogàs  entsprechende  Gestaltung  auf weist.  
 Mangelhafte  Flieger*  Sind  durch  grob  angelegte  Luftwege  charakterisiert,  welche  den  geringeren  
 respiratorischen  Anforderungen  genügen;  gute''Flieger  zeichnen  sich  'durch  ein  
 überaus  fem^./V'eräStelungSsHteItt  ihrer  Bronchiälbäume  aus, * wodurch  sie  zu  hohen SspiraX  
 torischen  Leistungen  befähigt  werden.  Durch  die  Kapillarität  von  Blut-  und  Luftwegen  
 kommt  endlich  eine :|rstaunliche  OberflächenvergrSSerung  zu  Stande,  die  ihrerseits  wieder  
 die  Energie  des  GaSaustausches  in  einem  relativ  kleinen  Raume  bedeutend  zu  steigern  vermag. 
   So  liefert  die  überaus  kunstvolle, Architektonik  der  Vogellungebäuch  ein  schönes  Beispiel  
 für  das  Prinzip  der  Oberflächenvergrößerung,  auf welches blgonders R u d o lf  Leudä&art  
 oft  und  nachdrücklich  hingewiesen  hat.  Im  allgemeinen  wird  heute  die  flächenhafte  Ausbildung  
 intensiv  arbeitender  vegetativer  Organe  bereits  ais  erwiesen  betrachtet,  wenngleich  
 die  Spezialuntersuchungen  auf  diesem  Gebiet  noch  nicht  als  abgeschlossen  gelten  können.  
 Meine  Befunde  über  die  Vogellunge  reihen  sich  diesen Forschungen als weiterer Beweis  ihrer  
 Richtigkeit  an  und  lehren,  daß  die  hohe  Leistungsfähigkeit  dieses  Atmungsorgans,  die  von  
 den  PhysitBgèn  längst  angenommen  wurde1,  tatsächlich  in  der  komplizierten  0estaltung  
 des  anatomischen  Baues  ihre  Begründung  gefunden  hat.  Mit  der kapillaren  Verästelung  der.  
 Luftwege  hält  diejenige  der  Blutgefäße  gleichen  Schritt,  und  wenn  wir ,-uns  aus  dèi  überraschenden  
 Feinheit  der  beiden  Kapillarnetze ijljnen  Rückschluß  auf  die  Energie  des  Gas-  
 austausches  erlauben!dürfen,-A. mhSsèn  wir  die  letifere  entschieden  sehr  hoch  bewerten. 
 In  keiner  anderen*  Tierklassij. haben  sich  bisher  gleich  komplizierte  ^Verhältnisse  fest-  
 steilen  lassen,  so  daß  wir  darum  die  Vogellunge'  äuf  Grund  der  anatomischen  Gestaltung  
 wie  der  funktionellen  .Leistungsfähigkeit  wegen  an  der  S p it z e   .a l le r   RS-spUations-'  
 a p p a r a te   in  der  Tierreihe  stellen  müssen. 
 ■  schwankt  der  Sa aerstofflerbrauch  fü e 'Ä s   GewicB se inh eit  d er  verschiedenen  T ie re  .unter  denselben  Bedingungen  
 innerhalb  w eiter  Grenzen.  Kleinere  T ie re   haben  ceteris  paribus  eine- größere  Atmungsintensität  als  größere.  
 D i e   s t ä r k s t e   A tm u n g   z e i g e n   d i e   V ö g e l   und  z w a r   e i n e   d e s t o   g r ö ß e r e ,   j e   k l e i n e r   S ie   s e l b s t   s in d .   
 Während  die  kleinen  Singvögel  die  intensivste  Atmung  haben,  in  der  gleichen  Ze it  fast  lOmal  so  viel |||v erb rau chen   als  
 z .  B.  Hühner,  is t  die  L ebh aftigkeit  der  Atmung  be i  den  Kaltblütern  außerordentlich  g e r i n g - H H M M H 
 (M ü n k   1892  p.  80  Lehrbuch  der  Physiologie.) 
 R e s u m é . 
 L.  -Der  Bronchialbaurn  der  V ö g e l  ist  stren g  g e sch ied en   in  einen  unteren  
 ventralen  und  einen  oberen  do rsalen  B e z ir k ,  d ie   b e id e   um  den  Haupt-  
 bronchus  g ru p p ie r t  sind.  D ie   L u ftw e g e   se lb s t  sind  nach  dem  Prinzip  der  
 O b e r flä ch en v e rg rö ß e ru n g   in  der B u n g e   an ge ordnet,. 
 2*  Der  V e n tra lb e z irk   ist  sehr  re g e lm ä ß ig ,  aber  g r o ß k a lib r ig   bei  den  
 einzelnen  Sp ec ies  a n g e le g t  und  enth ä lt  ste ts  S  g rö ß e re   L u ftw e g e :  Bronchi  
 p la v ic u la r is ,  c e r v ic a lis ,B iä v ic u la r is .  dorsalis,,. d iaph ragmaticu s  anter ior   und  
 ■ » t fn io r ,   med ia lis ,  i^ B dalis.  und  la t e r a l»   ’Die  Zahl  der  B ron ch i  dorsales  
 h in g e g en   |f.hwankt  bei  den  ver sch ied en en   A rten   zw is ch e n   fctund  io.  Ihr  
 K a lib e r   ist  k le in e r   als  das  des  ventr-iilefi  Bezirkes*. 
 I   %  D ii d i p a l e   I.U n g e  njf|) e r f 1 ä c 1; e  - z e ig t .; r; s o n de r h e i t  v e rm ö g e   der  
 V a r ia b ilitä t   von  Zahl.  K a lib e r   und  R ic h tu n g   d e r  a u f  ih r   a u s g e lir e it f .ie n   
 L u ftw e g e   die  fü r  die  einzelnen  Gattungen  ch a ra k te r is t is ch en   Un te rsch ied e.  
 (Siehe  Taf.  IV—V.) 
 4.  Wäh rend  die  g rö ß e ren   B ronchien  vorzu gswe ise   die  A u ß en flä ch e   der  
 Lu n ge   ü be rziehen,  wird  die  innere  e ig en t lich e   Hauptlungenmas se  von  den  
 L u n g en p fe ifen ,  die  B ron ch i  f is tu la r ii  h e iß en ,  gebild et. 
 5.  D ie   P u lm on a la rte rie   v e r zw e ig t  sich  v o rw ieg en d  dicho tomisch  und  
 mit  rad iä r   g ru p p ie rten   gröb e ren   Ästen  in  die ser  H a u p t lu n g e nm a s s e   und  
 end igt  in  einem  zwischen  den  P fe ifen   überaus  fein   v e r te ilten   B lu tk a p illa r netz. 
   ^Die  stä rk e ren   G efäß s tämme   b re iten   sich  zwischen  dem  V en tra l-  und  
 D o r sa lb e z irk   aus,  und  somit  rep rä sen tie ren   die  beiden  B e z irk e   g le ic h z e it ig   
 eh r   ep-  und  h y p a r te r ie lle s   System  (Äeby). 
 6.  Um  das  Lumen  der  einzelnen  P fe ife   sind  kurz  gedrun gen e   B ron ch io li  
 rad iä r   angeordnet.  Sie  v e rä s te ln   sich  sp itzw in k lig   dicho tomisch  und  lösen  
 s ich   a llm ä h lic h   in  e in   L u f tk a p i l la r n e t z   mit  z a h lr e ic h e n   g le ic h w e i te n   
 Kanä len   auf. 
 7.  D ie se   L u ft k a p illa r en   v e r fle ch ten   sich  mit  den  B lu tk ap illa ren . 
 8.  S ämtlich e   L u ftw e g e   anastomosieren  miteinander. 
 Zoologioa.  Heft 45.