Alle Rechte Vorbehalten.
Druck von C a r l Rem b o ld , H e l l b r o n n a. N.
Einleitung.
Die Naturgeschichte der gesellig lebenden Insekten umschließt Fragen der Biologie
und Psychologie, die das Interesse für diese Gruppe von Tieren weit über die Grenzen der
rein zoologischen Sphäre hinausheben.
Einerseits liegt uns eine Reihe von Ansichten sehr kompetenter Naturforscher aller
Länder vor, wonach diesen Insekten im Reiche der wirbellosen Tiere die höchste Psychik
zugeschrieben wird; dieselbe soll sich u. a. in einer so hohen Form des Zusammenlebens
äußern, wie sie weder bei den höchststehenden Säugetieren, noch selbst bei vielen menschlichen
Rassen zu finden ist. So gewinnen die Gelehrten das Material nicht nur für zahlreiche
Analogien zwischen Insekten- und Menschenstaaten, sondern auch für den Aufbau
soziologischer Hypothesen, die auf die Biologie der Bienen, Wespen und Ameisen gegründet
sind.
Andererseits haben wir es mit einer Reihe von Ansichten von nicht weniger maßgebenden
Autoren zu tun, welche die Berechtigung derartiger Hypothesen a p rio ri nicht
anerkennen, da dieselben den allgemeinen Angaben der Evolutionstheorie prinzipiell widersprechen.
Diese letztere zwingt uns, an der Möglichkeit der Hypothese zu zweifeln, daß die
gesellig lebenden Insekten in irgend einem Punkte höher stehen sollten, als Menschenrassen,
und wären dieselben auch noch so primitiv; Cs tritt dies um so deutlicher zu Tage, wenn
man berücksichtigt, daß die behauptete Überlegenheit der Insekten gerade ein Gebiet betrifft,
nämlich die geselligen Beziehungen, das gerade den allerkompliziertesten und vollendetsten
Bau des Nervensystemes erfordern dürfte.
Die Versuche, Klarheit in diesen Widersprüchen zu schaffen, sind noch lange nicht
yreit genug gediehen, um diese Frage in einer Weise zu lösen, die jeden Zweifel beseitigen
und die Möglichkeit bieten würde, sie als erledigt zu betrachten.
Eine der Ursachen, welche diese Lösung der Frage erschweren, erblicke ich in der
Mangelhaftigkeit der Untersuchungsmethode; diese letztere beruht bis zur gegenwärtigen
Zeit hauptsächlich auf dem längst veralteten und abgenützten Verfahren, die Fragen der
vergleichenden Psychologie ad hominem oder mit Hilfe der su b je k tiv en Methode zu
erforschen, wie sie von Aug. Comte bezeichnet wurde; unter Zuhilfenahme dieser Methode
„maßen die Gelehrten (und messen auch heute noch) die Psychik der Tiere mit dem Maße
menschlicher Psychik“ . Die wissenschaftliche,^- oder o b je k t iv e Methode, wie A. Comte
sie genannt hat, verlangt das direkt entgegengesetzte Verfahren: sie verpflichtet den