nicht mehr eine nur durchbissene Stelle, sondern eine b e re its fe r t ig e Ö ffnung von der
gewohnten Gestalt (Fig. 27 BH- die Öffnung vergrößert}!,„ft
Wovon legen nun diese Erscheinungen Zeugnis -ab?
Augenscheinlich davon, daß die Hummeln die Blüten durchnagen, ohne einen Begriff
davon zu haben, ob dieselben Honig enthalten oder nicht; mit anderen Worten, ¡¡sie
durchnagen die Blütenkröne b e r e i t s zu e in e r Z e it , wo n o ch k e in e r le i , V e r an
la s su n g zur A u fs te llu n g eines Vernunfts schlu sses ,, b e tr e ffen d die Z w e c k m
ä ß ig k e it ih rer A rb e it , v o r lie g t . Man wird ja in der Tat nichfvyoraussetzen können,
daß die Hummeln befähigt seien, etwa folgende Betrachtung anzustellen: „Diese Blüte ist
noch nicht zur vollen Entwicklung gelangt undBlnthält keinen Honig; immerhin will ich
eine Öffnung anbringen, um das Eindringen zum Honig zu erleichtern, wenn auch nicht
mir, so doch irgend einer von meinen Genossinnen.“
An der Hand dieser Erscheinung werden wir offenbar an der Formel D a r w i n steine
weitere Korrektur vornehmen müssen, 8* daß dieselbe in ihrer endgültigen Gestalt folgendermaßen
lauten wird: Bombus terrestris und seine VarietätenHnicht aber die Hummeln
überhaupt) besitzt den speziellen Instinkt, in der Blütenkrone gewisser Blumen Öffnungen
anzubringen, ohne Rücksicht darauf, ob diese Blüten) Honig enthalten oder nicht » e r
durchaus nicht zu dem Zwecke, um den Zugang zu dem Honig zu erleichtern) obgleich diese
Öffnung den Hummeln späterhin beim Einsamm*}, des Honigs von Nutzen sein kann.
Auf welche Weise konnte sich nun ein so merkwürdiger Instinkt herausbilden 1
Offenbar auf demselben Wege, wie ein jeder andere Instinkt, d. h. durch ein zufälliges Abweichen
von den Gewohnheiten, welches sich für die Art als vorteilhaft erwies.
Daß dem auch in der Tat so ist, davon überzeugen uns wiederum die Blumen;,und
zwar solche, in denen der Biß nicht an derjenigen Stelle angebracht ist, wo er dem Zwecke
dient, für welchen er bestimmt ist, sondern an .einer solchen Stelle, Wo er gar keine Bedeutung
hat und ganz sinnlos erscheint, wie wir dies-: auf der Fig. 28 sehen. Dieser
interessante Fall weist gleichzeitige auch auf die Entwicklungsgeschichte dieses speziellen
Instinktes einer speziellen Gruppe der Hummeln hin. Anfänglich wurde das Durchbeißen
nicht an derselben Stelle wie gegenwärtig ausgeführt, sondern an einem beliebigen Punkte,
später dagegen hat sich der durch die Auslese unterstützte Instinkt in der Weise fixiert,
wie wir ihn noch jetzt sehen, — ähnlich wie die Stiche der solitären Wespen anfänglich wahrscheinlich
ganz sinnlos,: späterhin unregelmäßig ausgeführt wurden und erst zuletzt ausschließ
lieh die Ganglien des Nervensystems trafen.
Die Richtigkeit dieser Voraussetzung wird nicht nur durch den interessanten Fall
eines offenbar noch nicht festgelegten Instinktes* von welchem ich soeben gesprochen habe
(Fig. 28), sondern außerdem auch noch durch folgende Erwägung nachgevpesen.
Eine Menge Beobachtungen über Hummeln aller Arten beweisen uns, daß diese Insekten
die Fähigkeit besitzen, mit Hilfe ihres Geruchssinnes festzustellen, ob eine Blüte Honig enthält
oder nicht; in letzterem Falle verlassen sie die Blüte unverzüglich und fliegen weiter.
Die einzige „Ausnahme“ in den Erscheinungen dieser Kategorie bilden jene Fälle,
wo Bombus terrestris noch unentwickelte Blüten derjenigen Pflanzenarten besucht, bei
welchen sie die Blütenkronen zu durchnagen pflegen: hier fliegen sie nicht nur nicht fort,
nachdem sie keinen Honig gespürt haben, — in einer unentwickelten Blüte kann das Vorhandensein
von Honig, selbst wenn solcher anwesend wäre, nicht festgestellt werden _
sondern sie beginnen sogar die Blütenkrone zu durchnagen. Diese „Ausnahme" bildet
natürlich gar keine Ausnahme, Sondern sie stellt eine Neubildung dar, welche mit der
Psychologie bereits seit langer Zeit eingebürgerter, das Einsammeln von Nahrung durch die
Hummeln begleitender Handlungen durchaus nichts zu tun hat.
Hierdurch erklärt sich natürlich auch der Umstand, woher wir diese Neubildung ausschließlich
nur bei einer Gruppe der Hummeln und nicht bei allen beobachten, und woher
dieser Instinkt bei dieser Gruppe mit allen übrigen, die Nahrungsgewinnung begleitenden
und für alle Hummeln gemeinsamen Instinkten im Widerspruche steht.
K a p ite l IV.
Die Psychologie des Ausfluges der Hummeln aus dem Neste und ihrer Rückkehr
in dasselbe.
I n h a l t d e s K a p i t e l s . A ngaben in der Lite ra tu r : G . W . u. E !. P e c k h a m ; P. M a r c h a l ; E. M a r -
c h a n d ; B o u v i e r ; F a h r e ; B e th e .
Meine Unte rsuchungen:
A ) Beobachtungen über das Zurückkehren in das Nest vermittelst L a u f e n s .
B) Beobachtungen über den A b f l u g vom Neste und den R ü c k f l u g z u d e m s e l b e n .
a) B e o b a c h t u n g e n im Z w in g e r . D ie W eg e des A b - und Heimfluges prägen sich dem Gedä chtnisse
der Hummeln in verschiedener Weise ein und werden unabhängig von einander im Gedächtnisse
behalten.
b) B e o b a c h t u n g e n ü b e r d e n A b f l u g d e r H u m m e ln u n d d e r e n Z u r ü c k k e h r e n in d a s
N e s t in der Freiheit. Die Hummeln prägen sich die Anordnung der Gegenstände in der Form ein, w i e s i e
ih n e n b e i d e r R ü c k k e h r e r s c h e i n e n w i r d , n i c h t a b e r s o , w ie s i e s i c h b e i d em A b f l u g e
a u s d em N e s t e d a r s t e l l t .
D ie Ka tegorien von Tatsachen, welche die Richtigkeit dieser Schlußfolgerung feststellen. Die T a t sachen
einer dieser Ka tegorien beweisen überdies, d a ß d i e H u m m e ln d i e W e g e d e s A b f l u g e s u n a
b h ä n g i g v o n d e n e n d e r R ü c k k e h r im G e d ä c h t n i s b e h a l t e n , daß beide W eg e keinerlei B e ziehungen
zu einander haben, und daß dieselben zwei selbständige psychische A k te darstellen.
Die Mittel zur Einprägung der leitenden Pu n k te bei dem Abfluge behufs Ermöglichung der Rückkehr
in das Nest. Die Sphäre des Sehens und die Sphäre des Unterscheidens der Gegenstände (nach Farb e und
Gestalt); D e r Richtüngssinn im Prozesse des Abfluges der Hummeln und ihrer Rückkehr in das Nest von
dem Fun dorte der Tracht. Allgemeine Charakteristik dieses Prozesses nach dessen grundlegenden Momenten
auf der gesamten Stre ck e des W e g e s und die biologische Bedeutung dieser Momente des Prozesses.
c) Psychologie des Abfluges und der Rü ck kehr der Hummeln au f Grund des dargelegten Materiales.
Die in diesem Kapitel zu untersuchenden Erscheinungen umfassen eine ganze Reihe
von Fragen, welche zum Teil mit der Funktion der Sehorgane der Hummeln in Verbindung
stehen, insofern dieselbe als ein die Hummeln bei ihrem Abfluge und bei der Rückkehr
in das Nest leitender Faktor erscheint, zum Teil aber mit jenem Gebiete der Psyche der
Insekten, welches mit den Erscheinungen des Abfluges und der Rückkehr in das Nest zu
tun hat, und endlich mit der Fähigkeit der Hummeln, ihr Nest, als einen die Summe der
ihm eigentümlichen Merkmale umfassenden Gegenstand, zu erkennen.
Über die Frage, was bei den Insekten als Mittel zur Orientierung bei dem Fluge
dient, gibt es eine ganze Literatur, welche bezüglich ihrer Schlußfolgerungen nach zwei einander
entgegengesetzten Gesichtspunkten über diesen Gegenstand geordnet werden kann: Nach