Einige allgemeine Bemerkungen
über diejenigen Arten von Hummeln, an welchen die vorliegenden
Untersuchungen angestellt wurden.
In meiner Arbeit „L ’industrie dés Araneina“ 1 habe ich auf Grund einer ganzen Reihe
während des Studiums der Araneina erkannter Tatsachen die ungeheure Wichtigkeit der
Lebensweise, der Gewohnheiten und Instinkte der Tiere für deren Klassifizierung nachgewiesen.
Ich habe eine Tabèlle mitgèteilt, in welcher ich die Spinnen auf Grund dieser biologischen
Merkmale anordnete; dabei habe ich nachgewiesen, daß da, wo die der Lebensweise der
Tiere entnommenen Ergebnisse. nicht mit deren Klassifizierung nach morphologischen Merkmalen
übereinstimnien, diese letzteren sich stets als zweifelhaft erweisen, und daß die Frage
auf Grund der Biologie richtiger entschieden wird.
Ich wies darauf hin, daß dieses biologische Kriterium sowohl für taxonomische Einheiten
höherer Ordnung, als auch für die Arten einer Gattung gültig ist. Spätere Untersuchungen
haben die Berechtigung und die Wichtigkeit dieses Kriteriums für die Klassifizierung
anderer wirbelloser Tiere bestätigt.2
Bezüglich der Hummeln unterliegt diese Frage jedoch, wenigstens was die mittlere
Zone Rußlands anbetrifft, einstweilen etwas anderen Bedingungen. Die auf die Wahl des
Ortes, die Auswahl des Materiales, den Bau der Waben, die Pflege der Nachkommenschaft
und den Flug nach Tracht gerichteten Instinkte sind bei den verschiedenen Species von Hummeln
bisweilen ebenso wenig untereinander verschieden, wie auch deren morphologische Merkmale
sich' wenig voneinander unterscheiden. Die Daten des biologischen Kriteriums bieten
die gleichen Schwierigkeiten für die Bestimmung der Hummelarten dar, wie sie auch in den
morphologischen Merkmalen auftreten.
Die Tatsache der Unbeständigkeit in der Färbung und die Menge von Varietäten
innerhalb gewisser Arten von Hummeln ist schon seit lange hervorgehoben worden, ebenso
diè Übergänge von einigen dieser Varietäten zu anderen. Als Beispiel hierfür geben wir in
Nachstehendem eine kurze Bemerkung von Prof. J. P e re z :3
„A u s s i n ’e s t il point rare que des espèces fort différentes arrivent par le caprice de leurs variations
à se ressembler tellement pa r leurs couleurè, qu’un oeil e x e rc é peut seul les distinguer. T e l bourdon noir
1 L ’Industrie des Araneina. Chapitre IX. Mémoires de l’Académie lmp. des Sciences de St. Pétersbourg. VII. sér.
T . X L 1I, No. r i . 1894.
* So hat C o c k e r e l i (Proc. Acad. Nat. Sc. Philadelphia, 1896), indem e r darauf hinwies, daß eine jed e A r t der
Bienengattung Perdita eine bestimmte Pflanzenart besuche, einen Gedanken ausgesprochen, welchem ich bereits bezüglich
d er Spinnen im Jahre 1894 Ausdruck gegeben habe, und zwar, daß „L e s traits distinctifs essentiels entre les espèces sont
physiologiques“ und daß „ les caractères morphologiques n ’ont de valeur diagnostique qu’en tant qu’ils coïncident av ec
des différences physiologiques“ .
* J. P e r e z . L e s Abeilles. Paris 1889.
Zoologica. lieft 46. [