Dies ist eine Reihe der Tatsachen, welche mich’ auf’ den Gedanjien brachten, daß'
die Hummelweibchen die Fähigkeit besitzen, den übrigen Gliedern der Familie Nachricht
von einer dem Neste drohenden Gefahr zuigfeben, und daß: die Flügel äS Organ für dilül
Mitteilung dienen. Eine andere Kategorie von Tatsachen, welche mich in meiner Vermutung
bezüglich der von den FlügelnPjfespielten Rolfe bestärkte, b&teht in folgendem.
Eines Tages entstand um 2 Uhr M i t t Ä ’än einem ruhig Äf^en' Geschäften nachgehenden
Stocke von Bombus lapidarius ein furchtbarer Tumult; es begann ein rasendes’
Summen und ein Hirn und HerJäufen der ganzen Bevölkerung auf den Waben. Die»
dauerte! jS-4 Minuten, worauf Sich üllefc wieder beruhigte. Den Urh|§er die|B§|plötz-
lichett Alarms konnte ich nicht feststellen, allein zweifallügjl war M as irgend ein Feind.
— Wie wurde rtun diese Unruhe auf alle weiterverbreite# Dje HummffflEoJen nicht,
sie liefen auf den Waben herum, indem sie ihren Flügeln, mit welchen sslBsummten, eine
Lage gaben, welche zwischen der von mir für das Weibchen:’"|fis’chrfebenen und der g e l
wohnten Lage der Flügel beim Fliefgn die Mitte hielt (Fig. Durch d|pSi|jfeondete:
<b Cb 1 cm
F ig . 130;.
Lage der Flügel wird natürlich auch der besondere, von den Hummeln produzierte Laut
erklärt. Dieser Laut erlitt keine Unterbrechungen, wie wir dies in den Fällen sehen, wo
das Weibchen von einer Gefahr in Kenntnis setzt, sondern dauerte ununterbrochen während
der ganzen Beunruhigung an.
Ed. H o ff er teilt eine in diesem Sinne sehr interessante Tatsache mit, deren Bedeutung
er jedoch in keiner Weise abzuschätzen versucht. Bei der Beschreibung des Verhaltens
der Hummeln gegenüber den in ihren Nestern erscheinenden Psithyrus sagt er
unter anderem, daß diese Erscheinungen bei Bombus pomorum am allerdeutlichsten zu beobachten
sind, indem diese Hummeln bei dem Eindringen irgend eines Psithyrus dermaßen
im Neste herumlaufen und summen, daß sie selbst in den b e n a c h b a r te n
Ne s te rn Unruhe he rvo rru fen . H o ff er teilt nur die Tatsache mit, ohne sie weiter
zu erörtern, und doch ist sie äußerst lehrreich: was hörten die tauben Hummeln der benachbarten
Nester und auf welche Weise hörten sie es? D en n d a ß die. Humme ln
taub sind, und zwar v ö llig taub für L au te a lle r A r t, d ie se T a tsa ch e unterl
ie g t keinem Zw e ife l: ich habe in dieser Richtung eine Menge von Versuchen angestellt
und kann dies in positivster Weise bestätigen.
Zu den oben beschriebenen kommt noch eine Erscheinung, die ich das B e -
wachen nennen möchte, wenn in dieser Erscheinung auch nur die geringste Regelmäßigkeit
in Bezug auf Reihenfolge und Zeit zu Tage treten würde. Es handelt sich darum, daß
sich auf dem Dache des Nestes sowie an den Eingängen in dasselbe Tags und Nachts
sehr häufig i, 2, 3 oder mehr Hummeln aufhalten; bisweilen jedoch, z. B. bei kaltem
Wetter, sind die Hummeln nicht an ihren Plätzfen. Offenbar hat sich das Bewachen bei
den Hummeln nicht als ein spezieller Instinkt herausgearbeitet, allein alle Bedingungen zum
Entstehen eines solchen Instinktes sind bereits vorhanden: die Glieder der Familie sammeln
sich aus irgend einem Grunde nicht unbedingt alle im Inneren des Nestes, sie halten sich
auch auf demselben und über ihm, bisweilen (in der Freiheit) um 35 cm höher auf. Auf einem
Neste von Bombus lapidarius (in der Gefangenschaft) habe ich auf dem Dache des Nestes
im Verlaufe eines ganzen Monates jede Nacht 3—8 Individuen beobachtet. - Bei der ge-,
ringsten Gefahr beginnen sie unruhig zu summen und auf diese Töne hin erscheinen neue
Hummeln aus dem Neste.
Aus allen diesen Tatsachen und anderen, analogen, glaube ich den Schluß ziehen zu
können, daß bei den Hummeln die F lü g e l die R o lle des G eh öro rg an e s ü b e rnehmen
(durch Konsonanz)), und daß ihf' Gehör genau genommen ein Fühlen auf
die E n t fe rn u n g ist.
Zu we lch e r A r t von Mitteilungen sitid denn nun die Hummeln vermittelst dieses
Sprechorganes befähigt, oder können sie etwa alle Arten von Flügelschwingungen in solcher
Weise auf nehmen?
Die erste Frage wird durch die zu meiner Verfügung stehenden Tatsachen in ganz
bestimmter Weise dahin beantwortet, daß die Hummeln mit Hilfe ihrer Flügel nur von
drohender Gefahr und von nichts anderem Kunde geben können.
Die zweite Frage — über die Art der Flügelschwingungen, welche reflektorische
Handlungen nach sich ¿iehen — beantworten die Tatsachen mit der gleichen Bestimmtheit
dahin, daß die Hummeln bei weitem nicht auf alle Arten Splcher Schwingungen reagieren.
Es gibt in dem von den Flügeln hervorgebrachten
Tone eine Menge von Abstufungen,
welche entweder auf der Lage des Körpers
zu der Richtung der Vorwärtsbewegung
(Fig. 131.)- oder aber darauf beruhen, ob die
Hummel sich erhebt oder herabfliegt, oder
endlich auf dem höheren oder geringeren
Grade von Erregung u. s. w. Alle diese Abstufungen
ca< 9 CCL O CCL O O C£L 9 9 CCL/ OO ■ M Ha b o b
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F ig . i 3 1.
kann ich, ohne mich zu irren, unterscheiden und erkennen; die Hummeln dagegen
unterscheiden dieselben gar nicht, und schenken ihnen keinerlei Beachtung.^- Hierfür
einige nähere Beweise.
1) Drückt man eine Hummel, die Sich auf den Rücken fallen ließ, um einen
Feind anzugreifen, mit einem Bleistifte nieder, so beginnt sie mit ihrem Stachel nach d.eip.
Bleistifte zu stoßen und verzweifelt zu summen, allein keine einzige der übrigen Hummeln
schenkt diesen Tönen auch nur die geringste Beachtung. Versuche dieser Art ergaben
stets das gleiche Resultat.
2) Faßt man eine Hummel mit der Pinzette, so summt sie auf eine andere Weise;
allein auch auf diesen Ton hin antwortet keine einzige Hummel durch irgend welche
Handlung. Dasselbe Verhalten habe ich auch bei Bienen und Wespen beobachtet, wenn
sie in das Zimmer geflogen kamen, um von dem den Hummeln als Nahrung angebotenen
Honig zu naschen.
3) Soviel der „Trompeter“ auch trompeten mag, es wird der Ton seiner Flügel doch
weder einen Alarm, noch Nachahmung, noch irgend welche Beachtung hervorrufen.
Zoologlca. Heft 46. 23