Die Funktion der Corona
muß bei Cyphonautes ungleich komplizierter sein als bei den darmlosen Larven, wo dieser
Wimperkranz lediglich zur Lokomotion dient. Ebenso sind die Troche der Larve vom Trocho-
phora-Typus Lokomotionsorgane, und nur geringfügige Verdickungen ober- und unterhalb des
Stomas kommen für die Nahrungszufuhr in Betracht. Erst die tiefe Einsenkung der Oralseite
hat es mit sieh gebracht, daß jetzt Mund und After in einen gemeinsamen Raum, das Atrium,
münden, das wiederum nur durch eine Öffnung mit der Außenwelt kommuniziert. Da nun
diese Öffnung vom Troch eingerahmt war, so konnte auf dessen Mitwirkung zur Nahrungszufuhr
und Faeces-Abfuhr gerechnet werden, aber erst dann, wenn eine geeignete Modifikation
des Atrium-Epithels eine räumliche Trennung der beiden Wege ermöglicht, was durch
die Bildung des Innenbogens erreicht wurde. Diese Auffassung wird durch die Lagebeziehungen
der Zwei-Cilien-Zellreihe noch besonders gestützt : Diese Zellen, denen ich aus
oben erwähnten Gründen rezeptorische Tätigkeit zuerkenne, finden sich hier nämlich zwischen
zwei Zellreihen eingeschaltet, von denen die eine (C) die Faeces-Abfuhr, die andere (E) die
Nahrungszufuhr besorgt, und haben hier offenbar zwischen Zu- und Abfuhrstoffen zu sondieren.
Und tatsächlich kann man am Leben leicht erkennen, daß durch Profiländerungen
am Innenbogen und durch verschieden kräftiges Schlagen einzelner Wimperzellen an beliebigen
Stellen Ströme erzeugt werden können, die gelegentlich den Übertritt kleinster Teilchen
von einem Atriumabschnitt zum ändern gestatten.
Als Folgeerscheinung der seitlichen Kompression ließe sich die Bildung des Velum
erklären. Man könnte sich vorstellen, daß hiedurch die Atriumöffnung gegenüber dem
Munde für genügende Nahrungszufuhr zu schmal wurde, weshalb die Corona an dieser Stelle
eine Reduktion erfuhr. Die Zellen sind hier niedriger, die Cilien kürzer. Um den verlorengegangenen
Zufuhrmechanismus zu ersetzen, wäre jetzt, mehr ins Atrium hineingerückt, das
Velum auf getreten, das, ohne dem Nahrungsstrom den Weg zu verlegen, einen viel wirksameren
Apparat abgibt, als es die Corona war, und gleichzeitig noch das von der Wimperrinne
des bimförmigen Organs zugeführte Material in seine Wirkungssphäre einbezieht.
Zur Theorie des Wimper verbandes; zur Frage nach der Bedeutung der in Wimperzellen
vorkommenden Differenzierungen.
. Bekommt man die lebende Larve von der Oralseite zu sehen, so fällt sofort auf, daß die
Cilienbewegung in der Längsrichtung der Corona metachron geschieht; man. sieht nämlich
regelmäßige, nirgends unterbrochene Wellen im Kreise herumlaufen. Betrachtet man jedoch
die Larve von der Seite, die Zellen A und B wie sie in Fig. 17 (Taf. IV) abgebildet sind, so
erkennt man, daß ihr S ch la g sen k re ch t auf die R ich tu n g der' C orona, also sen k re
ch t auf die R ich tu n g der M e ta ch ron ie erfolgt. Das Bild der im Kreise laufenden
Wellen kommt also nicht dadurch zu Stande, daß die Cilien fortlaufend regelmäßig verschieden
gegeneinander geneigt sind, sondern dadurch, daß sie regelmäßig verschieden weit
vom Zellkörper abstehen. Sie kommen also in der Richtung der Metachronie überhaupt
nicht miteinander in Berührung und eine äußere Reizübertragung durch die Cilie selbst ist
von vornherein auszuschließen. Was nun die innere Reizleitung betrifft, s.o hält Verworn
(23) eine nervenartige für unmöglich, und zwar auf Grund der „Autonomie des Flimmerdementes“,
vor. denen jedes als AjÄgangspunkt einer neuen Erregung zu betrachten wäre,
wodurch eine in der Richtung der Metachronie beschleunigte Bewegung zu Stande kommen
müßte. . •Nun schlagen aber bei Verworns Versuchsobjekten, den Ctenophoren, die Flimmerplättchen
vom Scheitelpol zum Mundpol immer gleichartig, Etwas anders liegen hier die Verhältnisse,
als der KVeis metachrO|i#hlägender Elemente; geschtopn ist, und somit auch bei
nervenartiger Weiterleituttg die Bewegung,®®’,lange beschleunigt würde,) bis im Maximum
alle Elemente gleichartig weiter.s#lügen.. f ä r die Annahme prot.öplasmatischer Weiterleitung
hätten wir histologisch keine anderen Anhaltspunkte, als daß etwa die Basalkörper in der
Richtung der Metachronie sowohl innerhalb der Zellen näherstehen, als auch von Zelle zu
Zelle nahe aneinander schließen (Fig. i j j Daß; die- Wimperzellen mit Nerven in unmittelbarer
Verbindung stehen, wird wohl aus den in Eig. 21 dargestellten Verhältnissen unmittelbar
hervorgehen. Demgemäß ist auch eine w i l lk ü r l i c h e B e e in f lu ß b a r k e i t des
W imp e rsp ie ls zu beobachten: 1). .kennen die Zellen einer Reihe (A oder B) allein schlagen,
die anliegende ah^Älstehen, und die Wimperbew^Mg beim K r ie ch en (pag. 17,
34, Text-Fig, V) unbedingt anders gerichtet sein als beim Fleischwimmen. Wie schon bemerkt,
erfolgt das Kriechen mit dem bimförmigen Organ voran; trotzdem, und das läßt sich deutlich
beobachten, läuft die Welle. gerade;:|| im Kr§|je herum, wie beim Schwimmen. Damit
n # ein4 ;Vorwärtsbew^ung überhaupt zu Stande kommen, kann, muß jede /Ciliemhren
S ch la g nach rü5jäkwarts,‘Tichti.e5%nund das; bedeutet für diegjfilien der einen Seite eine
Veränderung der Schlagrichtung im Sinne der Metachroni^ifür die der ändern Seite eine
S ic h e Veränderung im entgegengesetzten Sinn<B,3-J kommt an inanche^p|Stcli(:r! gelegentlich
ein Ein- oder Ausstromen vor. Ob ||| aber durch .lokal stärkeren Wimperschlag, pdier Ver-
änderung der Schlag richiung zu Stande, kommt, oder ob allein die Kontraktion eines der|
b&Zelle B inserierenden Muskeln die Schlagwirkung gelegentlich verstärkt, konnte ich leider
nicht entscheiden.
Was die Wimperwurzeln betrifft, Hjf|)richt die Tatsjaehe, daß gerade der die Stammfaser
alleifienthaltende Zellschwanz mit den jfgpyen in Berührung tritt, für ihre reizleitende
puiiktion. Anderersitf! konnte schon Engelmann (22) in seiner grundlegenden Arbeit konstatieren,
daß Wimperwurzeln und Nefiehfibrillen ihrer Färbbarkeit und opt^|hem Verhalten
nach weit voneinander abweichen, und genau dasselbe gilt auch hier. Obendrein sind die
Wurzeln hier beinahe s t r a ft ’ und ^jfi stäb ch en a r tig . Hin Ausweg würde sich nur dann
findenJäsSen, wenn man die: Wurzeln jjp&t selbst; als leitende Fasern,Bondern als R ic h t stäbe,
äuffassen würde, die die herantretenden Fibrillen in bestimmte,)Voneinander isolierte
Bahnen, also nach der Cilie leiten sollen (vergl. Fig. 10, Taf. II). Damit ließe sich auch
die bis jetzt plausibelst Auffassung der Wurzeln, an di|G kein Neiyjnzutritt konstatiert
werden konr.tp; als rein mechanische Verankerungen der;,Cilien im Zelle* (Eismond 23)
wohl verbinden.
Die völlige Bewegungslosigkeit: der Basalkörper läßt sich am lebenden Objekt deut-
lic-h" ¡örkennen. § |ä man auf Schnitten (Fig. .17 WZ. A ) häufig im Basalkörper eine Knickung
der Außencilie gegen die Wurzel findetj^o-vliegt^^ehr nahe,"sie als.Gelenke aufzufassen.
Damit würde auch das gänzliche Fehlen der Basalkörper bei den Zwei-Cihen-Zellen verständlich,
deren Cilien bei ihrer; .geringen Exkursion keineg||||lehen Gelenkes bedürfen.
sDäSSelbe gilt von den, Ein-Cilien-Zellen, deren Cilien teils (starr, teils mit in Ruhe bleiben