Was das „Familien-“ und das „gesellige“ Leben der Hummeln vom Gesichtspunkte
dieser Methode aus betrachtet vorstellt, werden wir aus den Beobachtungen und Versuchen
ersehen, deren Darlegung der zweite Teil der vorliegenden Arbeit gewidmet ist.
Die Materialien, die ich über diesen Gegenstand gesammelt habe, zerfallen von
selbst in mehrere Gruppen, von denen jede einzelne in einem besonderen Kapitel behandelt
werden soll. So gestaltet sich die Einteilung des zweiten Teils wie folgt:
Kapitel I. Die mit der Eiablage durch das Weibchen in Verbindung stehenden Erscheinungen
der „Geselligkeit“ in der Hummelfamilie.
Kapitel II. D ie S o rg e für die Na ch k om mens ch a ft, als Zeugnis für die hohe
Entwicklung des „sozialen Gefühles“ bei den gesellig lebenden Insekten.
Kapitel III. Die P s y ch o lo g ie der G e fü h le bei den Gliedern der „Familie“ (öder
„Gesellschaft“) und bei benachbarten „Familien“ (oder „Gesellschaften“) zueinander.
Kapitel IV. Über die Einrichtung der Waben und die damit im Zusammenhänge
stehende Tätigkeit der Hummeln.
Kapitel V. Über den „gemeinsamen“ Angriff und die „gemeinsame“ Verteidigung
der Familie in der Gefahr (Massenbewegung).
Kapitel VI. Über die „gemeinsame“ Tätigkeit der Hummelfamilie bei ihrer Übersiedelung
von einem Orte nach einem anderen.
Kapitel VII. Über die „S p ra ch e “ der „sozialen“ Insekten.
Kapitel VIII. Die Veränderungen in den „sozialen“ Instinkten in der Periode des.
Unterganges der Hummelfamilie (bei dem Herannahen der Wintermonate) und unter der
Einwirkung der Gefangenschaft.
K a p ite l I.
Die mit der Eiablage durch das Weibchen in Verbindung stehenden Erscheinungen
der „Geselligkeit“ bei der Hummelfamilie.
Nachstehend teile ich die wenigen Angaben mit, welche ich in einer interessanten
Arbeit v .'B u t te l-R e e p e n s 1 bezüglich der Frage über die erste Eiablage des Hummelweibchens
finde. Der Autor macht diese Angaben zum Teil nach den Mitteilungen von
Herrn W eg en er, welcher ihm persönlich hierüber berichtete, zum Teil nach älteren Beobachtungen
Hofers.
Nach den Mitteilungen von W eg en e r erfolgt die Ablage des ersten Eies in der Weise,
daß das Weibchen den Erdboden mit etwas Wachs bestreicht, auf den so vorbereiteten
Fleck mit Honig vermischten Blütenstaub bringt und darauf ein Ei legt.
H o fe r beschreibt diesen ersten Schritt auf dem Wege der Wabenbildung in etwas
anderer Weise (für Bombus lapidarius) : Bevor das Weibchen ein Ei auf einen mit Wachs
bestrichenen Fleck ablegt, baut es, nachdem es Honig und Pollen herbeigetragen hat, um
diesen Fleck eine ringförmige Zelle von 7 mm Durchmesser und 6 mm Höhe. Sodann bringt
es Pollen in die Zelle und legt ein Ei, tut neuen Pollen darauf und legt wieder ein Ei u. s. w.
Ist die gehörige Zahl Eier gelegt, so wird die Zelle mit Wachs geschlossen.
Mir selbst ist es nicht gelungen, die erste Eiablage zu beobachten. Im Sommer 1904
wurde der Nestbau der Hummeln durch die kühle Witterung auf lange Zeit hinausgeschoben,
und das erste Nest, das ich fand (von Bombus variabilis), enthielt bereits die erste, sehr
kleine Larvenzelle. Diese Zelle befand sich in einem sehr kleinen Neste, dessen Dimensionen
auf der Fig. 51 genau wiedergegeben sind. (Die Zeichnung stellt einen Schnitt durch das
Nest dar, welcher es möglich macht, die Lage- und Größenverhältnisse seiner Teile zu erkennen.)
Auf dieser Figur unterscheiden wir folgende Teile: N.ex — das äußere Nest,
N.in — das innere Nest, welches zu dieser Zeit weder eine Wachsunterlage noch einen
Wachsdeckel besaß (vielleicht kann dieser Umstand dadurch erklärt werden, daß die im
höchsten Grade ungünstige und kalte Witterung das Einbringen der Tracht erschwerte);
en — das Flugloch und tu lij- das Eingangsloch; an dessen Ende, an der Grenze zwischen
ihm und dem inneren Neste, befindet sich mc —- ein Honigtopf, welcher aus reinem Wachse
angefertigt ist.
Innerhalb der Höhlung des inneren Nestes "befindet sich eine kleine Lärvenzelle La.
Von außen zeigt dieselbe, besonders von der Seite (Fig. 51) eine mittlere Einschnürung und
1 Biolog. Centralblatt 1903, No. 3, p. ¿00.
Zoologica. Heft 46.