4) Befindet sich eine Hummel in schwieriger Läge, etwa wenn sie mit'einer Last,
die sie nicht zu heben vermag (*i B. 'einer großen Larv|| aus einerSchachtel herauszü-
fliegen versucht, so läßt sie ganz bestimmte unterbrochene Lautjjigertönen, allein soviel'’ Sie
auch summen mag, so wird sie doch niemandes Aufmerksamkeit «rregen, obgleich ieji, zum
Beispiel/diesen spezifischen Laut ausgezeichnet erkenne und allemal ohne mich zu irren
mit einem geeigneten Gegenstände herantrete, um Hilfe 'z.u leisten.
5) Das Summen der Hummeln beim Hereinfliegen in das Nest, oder das mehr oder
weniger lang anhaltende gummen, das sie hören lassen, wenn » vor der Eingangsöffnung
des Nestes im Kreise herumfliegen, ^■Deide|jsCharakterist||chÄröne,tl^,: rufen niemandefe
Beunruhigung hervor, obgleich||iesei Laute I namentlich bei großen WeibchenMRiußer-
ordentlich kräftig zu sein pflegen.
‘ /# Besonders auffallend ist das vollständig indifferente Verhalten der Hummeln den
Tönen gegenüber, welche diie«Glieder ihrer Familie hei normaler Flügelstellung während
der absoluten Ruhe ertönen la sllp l Diese. Tönpijiwerden kläglich genannt K ^M n d gleichzeitig
auch sehr zart. Was bezwecken die# „kläglichen Töne“, wenn doch die- Glieder 4 #
gleichen Familie diese Töne nicht einmal hören und n iem a|| auf jitäselben reagieren^!
Wodurch lassen sich nun alle <§|jägErscheinungen erklären?
Es ist mir nicht möglich gewesen, die Methode zur •L'nierSü.chung der Flügolbetvegung
anzuwenden, von welcher R o b e r t von g je n d e n f e id in seiner Arbeit „Bejtiag zum
Studium des Fluge» dt#, Insekten mit Hilfe der Momentphotogräphie“ (Biol. jßentralbl.
Bd. XXIII, No.. 6 ) Mitteilung macht; ich kann mich daher nicht darüber ä||>sprechen, q H
die Flügel der Hummeln durch Kori#nanz bei jeder Art ihrer Bewegung und in jeder.
Steilung mitschwingen können. Einstweilen: sprechen die Tatsachen dafür, daßRich bei
den Hummeln die Fähigkeit herausgebildet hat, nur auf ganz bestimmte Flügeltöne in entsprechender
Weisjfjfcu reagieren. Die übrigen Töne dagegen rufen bJgihnen keinerlei Reaktion
hervor, und zwar aus fmlgenden Gründen:
1) Weil unter allen Fällen,(von welchen die Hummelnpfeinander „M i t te i lu n g
machen“ könnten, nur diejenigen für das Gedeihen der Art von Wichtigkeit sind, wo ein
Feind auftritt. Darin findet natürlich auch der Umstand seine Erklärung, daß das einzig®
in dies.gr Sprache zu übermittelnde und den Hummeln verständliche Wort d® Hummellexikons
das Wort „Feind“ oder “Gefahr‘ *'ist.
2) Weil alle übrigen Nuancen der mit den Flügeln hervorgebrachten Töne die
Hummeln von solchen Erscheinungen benachrichtigen, welche nur dann ^ne Reaktion hervorrufen
könnten, wenn gewisse psychische Elemente, wie Mitgefühl, Altruismus)gegenseitige
Hilfeleistung vorhanden wären, d. h. Fähigkeiten, die hei den Hummeln nicht zu
finden sind.
Wie dem nun auch sein mag, so können die Hummeln.(!*pinander doch nur von
drohender Gefahr und;, sonst von nichts anderem mit den Flügeln Mitteilung machen, obgleich
die Abstufungen der bei ‘der Bewegung der Flügel hervorgebrachten Töne, eine
ganze Seite von Noten ausmachen könnten: diese übrigen Töne erklingen, wie vieles andere
in der Harmonie der Natur, nämlich ohne Zweck, ohne irgend jemandem etwas zu sagen,
als nur dem mit Ohren zum Hören begabten Menschen.
Das gesamte Lexikon der Hummeln beschränkt sich also auf drei „Worte :
W o r t Organ des Hervorbringens Organ des Empfangens
1. „G e fa h r “ Flügel Flügel
2. „Hinweis au f den Ort, wo Fühler
eine A rb e it stattfinden soll“
3. „U n srig “ oder „F rem d “ Jeder Gegenstand des Nestes Fühler
Es;j|leibt nun noch die Frage zu beantworten, inwieweit eine derartige „Sprache“ dazu
berechtigt, die Hummeln den einsam lebenden Insekten als eine Gruppe von Geschöpfen
mit komplizierteren und höherstehenden psychischen Eigenschaften gegenüberzustellen.
Vor allem will ich bemerken, daß bei der Aneignung und Benützung dieser Sprache
weder Vernunft, Verständnis, Erlernung, noch Erfahrung auch nur die geringste Rolle
spielen. So ist die Flügelsprache des alten Weibchens den Arbeiterinnen bekannt, die sie
in dem normal entwickelten Neste doch noch nie gehört haben; denn das Weibchen läßt
dieselbe nur in Fällen äußerster Gefahr vernehmen, die es selten überlebt. Dabei „verstehen
es“ aber die jungen Weilchen, welche diese Sprache nie gehört haben, dieselbe von
sich zu geben, und die Arbeiterinnen sind im Stande, sie zu verstehen. — Dasselbe gilt
für1 die Anweisung des Ortes zur Gründung eines neuen Nestes.
Was das Erkennen der „Ihrigen“ mit Hilfe der Fühler betrifft, so kann nach den
diesbezüglichen Versuchen von Bethe an Ameisen wohl kaum davon die Rede sein, daß
dieser Akt völlig instinktiver Natur, d. h. erblich überliefert ist, ganz ohne Erlernung und
Erfahrung ausgeübt wird und ohne die geringste Vorstellung von dem Zwecke der ausgeführten
Bewegungen und Handgriffe erfolgt.
Eine andere Frage besteht darin, ob diesen Instinkten solche Fähigkeiten innewohnen,
welche nur das Produkt der Geselligkeit darstellen und bis zu einem gewissen
Grade sogar die Geselligkeit bedingen würden? Indem W u n d t 1 bezüglich dieser Frage
ausführt, „daß die Erscheinungen des geselligen Lebens ein deutliches Zeugnis ablegen für
das Vorhandensein einer Sprache bei den Ameisen, Bienen und Termiten , fügt er hinzu,
daß eine Sprache nur auf einer ziemlich hohen Stufe psychischer Entwicklung möglich sei,
als deren Produkt sie anzusehen ist.
Wir haben gesehen, was die Sprache der Hummeln darstellt und was sie ihrem
Wesen nach’bei den übrigen gesellig lebenden Tieren darstellen kann, welche noch eines genaueren
Studiums bedürfen. Was wir nun gesehen haben, unterscheidet diese Sprache in
psychologischer Hinsicht durch nichts von den zahlreichen Vorrichtungen bei den einsam
lebenden Insekten, — während einige solcher Vorrichtungen bei diesen letzteren, wie zum
Beispiel die f Organe zur Hervorbringung von Tönen und zu deren Aufnahme bei den
Orthopteren, sogar einen höheren Grad der Vollkommenheit erreicht haben.
Man wird mir vielleicht darauf erwidern, daß die Reaktion der Hummeln auf eirlen
durch die Flügel erhaltenen Reiz eine Tätigkeit zur Folge hat, die nicht nur für das eine Hummelindividuum,
sondern für die ganze Gemeinde und deren Wohlergehen zweckmäßig ist, wobei die
Hummel, nach diesem Wohlergehen strebend, wenigstens instinktiv an e i n e m Werke von sozialer
1 W u n d t , Vorlesungen über die Menschen- und Tierseele.