Die im Hals meist so deutliche Krümmung der Endflächen, welche bei Hyaena besonders
auffällig ist, kann man wohl auf die besondere Beweglichkeit, speziell auf die Rotationsbewegung
dieser Region zurückführen. Dass endlich im Schwanz nicht nur die rostralen Endflächen
gewölbt sind, sondern auch die caudalen flach oder gewölbt, wobei die Intervertebralscheiben
besonders dick sind und die ineinandergreifenden zygapophysen, welche sonst die Bewegung
hemmen, reduziert sind oder fehlen, muss natürlich die Bewegung nach jeder Richtung
sehr erleichtern.
Die bei einer Art oft so verschieden starke Krümmung des sacrum kann ich leider nicht
erklären, mit Geschlechtsunterschieden kann sie kaum Zusammenhängen, soweit meine Beobachtungen
reichen.
IV. Zur Homologie der Teile der Wirbelsäule.
Bevor ich im Folgenden Beiträge zum Vergleich der einzelnen Teile der Wirbel gebe,
möchte ich gegenüber einer Bemerkung von Holl 1882 p. 198, der die „Muskelhöcker“ der
Quer- und Gelenkfortsätze als secundär und für den Vergleich „bedeutungslos“ bezeichnet,
doch darauf hinweisen, dass die Muskeln in ihrem Verlauf und ihren Ansätzen sich auch gesetz-
mässig entwickeln und verhalten und dass die embryologischen Befunde, auf welche sich Holl
fast ausschliesslich stützt, doch oft recht vieldeutig sind, wie schon der Gegensatz seiner Anschauung
mit derjenigen von Rosenberg 1899 [beweist. Wenn mich auch die Ontogenie der
Formen bei dieser Arbeit nicht beschäftigte, möchte ich hier vorerst doch einige Beobachtungen
betreffs der Epiphysen anführen, welche, wie Flower 1888 p. 21 richtig erwähnt, sehr lange
mit den Diaphysen unverwachsen bleiben. Am ersten verschmelzen sie naturgemäss im sacrum,
am Schwänze scheinen sie auch eher zu verwachsen als in den übrigen Regionen, ich habe jedoch
diese Verhältnisse nicht weiter beachtet. Erwähnenswert ist nur noch, dass die Epiphysen
stets vollständige Scheiben darstellen und dass die so häufig vorhandenen Enderhöhungen
des Kammes am epistropheus, den v. c. und den mittleren v. 1., ferner die tubercula
psoatica, sowie die rostralen und caudalen (Chevron) Höcker des Schwanzes auf ihrem Rande
entstehen, ebenso wie sich die caudalen Rippenfacetten des 7. v. c. und der v. th. v, an der
Epiphyse befinden, während die rostralen nur an den ersten v. th. v. ganz wenig auf sie übergreifen
und im übrigen der Diaphyse (oder Neuralbogenbasis?) angehören.
Betreffs der nie starken medianen Fortsätze der W irbelkörper welche als hypapophysen
zusammengefasst w'erden, ist nur wenig zu bemerken, sie sind ja eigentlich nur an den v. c.
und den mittleren v. 1. manchmal deutlich, wobei zu erwähnen ist, dass bei den ersteren ihr
caudales, bei den letzteren ihr rostrales Ende am stärksten entwickelt zu sein pflegt. Während
der entsprechende Fortsatz am atlas stets ganz einfach ist, findet sich in der Regel an den
folgenden Wirbeln eine bis zum 5. v. c. weiter werdende Gabelung des Caudalendes, an den
v. 1. aber ist ein entsprechendes Verhalten nur sehr selten zu beobachten.
Die meist nur winzigen sonstigen Fortsätze der Ventralseite der Hals- und Rumpfwirbel
lassen sich kaum mit einiger Sicherheit mit den oben genannten in Beziehung bringen; die seitlich
oder unten am Caudalende der v. th. und ersten v. k. meist vorhandenen Höckerchen,
welche zum Ansatz von Sehnen des psoas minor dienen und deshalb tubercula psoatica heissen
sollen, haben nichts mit den hypapophysen zu thun, sie kommen ja gleichzeitig mit diesen vor,
ohne irgend welche Verbindung zu zeigen.
Über die Homologie der paarigen Höcker, welche am Schwanz den chevrons zum Ansätze
dienen, der parapophysen (Baur H. 1894 p. 119), kann ich auf Grund meiner Untersuchungen
nichts Neues bringen. Es ist hier nur zu erwähnen, dass die rostralen Höckerchen an den
ersten v. cd. in der Regel fehlen, dass hier aber vielfach, allerdings sehr schwache Höckerchen
am Caudalende der Wirbel sich finden, manchmal beide zugleich, z. B. Felis leo 3, und dass
letztere auch am letzten v. s. schon angedeutet sein können, z. B. Felis pardus 5, Cryptoprocta 1.
Bei Meies anakuma 2 fand ich übrigens am 4. v. s. sogar rostrale Höckerchen, was im Hinblick
auf die Ausführungen von Rosenberg 1896 p. 319 ff., der annimmt, dass an den frei werdenden,
ursprünglich letzten v. s. sich chevrons oder doch homodyname Gebilde neu bilden könnten,
von Interesse ist. Zu der Publikation von Sabatier 1899 p. 932 ff. über diese Fortsätze möchte
ich nur bemerken, dass die chevrons bei den Raubtieren nur anfangs rein intervertebral liegen,
bald aber nur mit den rostralen Höckern sich verbinden, ja manchmal mit diesen verwachsen
(A.p. 12,13). Es ist eine ähnliche kleine Verschiebung, wie bei den Brustrippen, deren capitulum
ja zuerst auch intervertebral liegt, an den v. th. 1. aber nur mit einem Wirbel rostral sich verbindet.
(A. p. 8).
Die Neuralbogen dienen nicht nur vielen Muskeln als Ansatzstelle, sondern auch vor
allem zum Schutze des Rückenmarkes gegen den Muskeldruck; wenn aber die dorsalen zwischen
je zwei Bogen bei den v. c. und v. 1. meist vorhandenen Lücken bei den v. th. v. durch das
dachziegelartige Aufeinanderliegen der Bogen und beim sacrum durch deren Verschmelzen
geschlossen werden, so beruht das auf anderen mechanischen Ursachen, nicht auf dem Bedürfnis
grösserer Schutzbedürftigkeit in diesen Regionen, indem in der ersteren infolge der
besonderen Funktion des Thorax und in der letzteren wegen der Verbindung mit dem hinteren
Extremitätengürtel grössere Festigkeit erforderlich ist. Warum in seltenen Fällen, z. B. bei
Zorilla libyca 1, auch die Neuraldächer der v. c. sich fest übereinander legen, ist einstweilen
unerklärbar.
Die Ursachen der verschiedenen Art der Reduktion der Neuralbogen am Schwänze
lassen sich natürlich nur im Zusammenhang mit dem Verhalten der musculi levatores caudae und
deren Sehnen erklären, es soll hier nur hervorgehoben werden, dass bei den langschwänzigen
Formen die Rudimente des Bogens “ Sich in der Wirbelmitte, meist bis an das Caudalende
reichend, finden, z. B. Viverridae, während sie sich bei den kurzschwänzigen Formen, wie
Ursidae und Hyaena an die praezygapophysen anschliessen.
Die Gestaltung und Weite des canalis vertebralis entspricht natürlich der Ausbildung
des Rückenmarkes, ebenso wie die Grösse der foramina intervertebralia von derjenigen der
Nervenwurzeln abhängt, weshalb diese Lücken am Caudalende der Hals- und Lendenregion
am weitesten sind, da hier die Nerven für die Extremitäten heraustreten. Die foramina sacralia
sind übrigens, wie schon p. 74 erwähnt, öfters nur deshalb besonders weit, weil die Seitenteile
der Wirbel noch nicht ganz verwachsen sind. Speziell die dorsalen zeigen aber manchmal insofern
eine Beziehung zur Entwickelung des Schwanzes, als sie bei Reduktion des letzteren rudimentär
werden können. . Dass dies aber nicht Regel ist, beweisen die weiten foramina sacralia von
Hyaena Bl. H. Pi. IV.
Zoolofrica. Heft 86. 11