Mit Recht legt F ü r b r in g e r bei den Reptilien1) Gewicht darauf, ob das Quadratum
gelenkig oder ungelenkig mit dem Squamosum verbunden sei, und hält den ersten Zustand, die
„S tre p to s ty lie “ für den u rsp rü n g lich e ren im Gegensatz zum letzteren, der „Monimostylie“.
Der Nachweis, dass junge Stadien von Sphenodon ein s tre p to s ty le s Verhalten zeigen, ist demnach
nicht unwichtig. Jedenfalls muss aber bei dieser Form die gelenkige Verbindung
phylogenetisch sehr frühzeitig aufgetreten und auch wieder verschwunden sein, da ja bei
Sphenodon das Quadratum auch sonst noch durch das weite Herüberwachsen des Pterygoids
und das spätere Verschmelzen mit diesem Knochen gänzlich unbeweglich gemacht wird. Die
Abbildungen werden die eben geschilderten Verhältnisse, welche Sie an den Modellen verfolgen
können, noch mehr erläutern.
Auch auf das P a rie ta le bitte ich Sie zu achten. In der Gestalt einer kleinen, winkeligen
Spange angelegt, wird es später zu einer b re ite n , flachen Sch u p p e , wodurch der
embryonale Schädel ein von dem erwachsenen völlig abweichendes, ich möchte fast sagen
s te g o c e p h a le s Aussehen erhält, da er noch keine Andeutung von der späteren so charakteristischen
Form besitzt. Ein Vergleich der Modelle mit dem beiliegenden Schädel eines alten
Sphenodon zeigt das sofort. Zu welcher Zeit die Umwandlung der embryonalen Form in die
adulte\erfolgt, kann ich nicht angeben; jedenfalls besitzt das a u s g e s c h lü p f te junge Tier noch
die b r e it e , fla c h e Gestalt des Parietale.
Endlich mögen noch die im Intermaxillare sitzenden Zähne erwähnt werden, (nur
diese, nicht auch die auf den anderen Knochen befindlichen sind modelliert worden). Sie
finden dort statt des bekannten grossen Hauers des erwachsenen Tieres , drei kleine Zähne,
welche erst später zu dem einen grossen verwachsen. Ausserdem bemerken Sie noch darüber
einige der ganz kleinen, plakoidähnlichen Zähnchen, welche zu einem embryonalen, nie in
Funktion tretenden Gebiss gehören. (Vergl. Seite 822 u. f. meiner Arbeit im Arch. mikr.
Anat. 1900).
Ich verlasse damit Sphenodon, füge aber noch eine Anzahl Tafeln bei, welche sich
auf die Entwickelung des S k e le tts (W irb e ls ä u le , R ip p e n , S te rn um , S c h u lte r g ü r te l,
B e c k e n g ü r te l, B a u c h r ip p e n , E x tr em itä te n ) beziehen, sowie Abbildungen von Nerven-
p r ä p a r a te n , dem P a r ie ta la u g e und g a n z e n E m b ry n en enthalten. Dieselben sind die
Belege für die in meinen vorangegangenen Arbeiten enthaltenen Angaben; im übrigen vergleiche
man aber auch die Beschreibung der Präparate in der Figurenerklärung2).
J) Vergleiche M. F ü r b r in g e r : Zur vergleichenden Anatomie des Brustschulterapparates und der Schultermuskeln.
Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. 34, 1900, Seite 599 u. folgende.
2) Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit schliesslich noch mit einigen Worten auf eine persönliche Kontroverse
zurückzukommen. H ow e s S. B. und S w in n e r to n machen mir zum Schluss ihrer Arbeit „On th e D e v e lo pm e n t
o f th e S k e le t o n o f th e T u a t a r a , S p h e n o d o n p u n c t a tu s ; w ith R em a rk s on the e g g , on th e H a t c h in g ,
an d on the H a t c h e d jo u n g . Transactions of the Zoological Society of London, Vol. XV1 1901 “ bei Erwähnung m e in e r
„W e it e r e n B e i t r ä g e zu r E n tw i c k e lu n g s g e s c h i c h t e d e r H a t t e r ia , S k e le t t s y s t em , s c h a l l le i t e n d e r
A p p a r a t , H irn n e r v e n etc., Archiv f. mikroskopische Anatomie, Bd. 56, 1900“ (eingegangen den 10. Juli 1900) in unfreundlicher
Weise den Vorwurf, Dendy’s Publikationen über Hatteria nicht citiert zu haben. Demgegenüber muss ich
bemerken, dass mir dieses einfach u nmö g l i c h gewesen ist, denn nicht nur me ine beiden Mitteilungen in den S i t z u n g s b
e r i c h t e n der Pr. Akad. Wissensch. Berlin, nämlich 1. Z u r E n t w i c k e l u n g von H a t t e r i a (vorgelegt in der
Sitzung vom 20. Oktober 1898, ausgegeben am 27. Oktober 1898) und 2. B e i t r ä g e z u r B i o l o g i e d e r H a t t e r i a
(vorgelegt in der Sitzung vom 3. November und ausgegeben am 10. November 1898), sondern auch meine „ B e i t r ä g e
z u r B i o l o g i e und E n tw i c k e l u n g d e r H a t t e r i a n e b s t B em e r k u n g e n ü b e r d i e E n t w i c k e l u n g de r
S a u r o p s i d e n “ , Anatom. Ahz. Bd. XV. No. 17/18, Februar 1899 (eingereicht zum Druck November 1898), waren bereits
längst zum Drucke eingereicht und auch thatsächlich f rüher erschienen wie D en d y ’ s Arbeit im Quart. Journ. Microsc.
Callorhynchus.
Ich wende mich nunmehr zu Callorhynchus an ta rc ticu s , dem neben Chimära
mönstrosa und Harriotta Raleighana (Goode und Bean) bekanntlich jetzt allein noch lebenden
Vertreter der Holocephalen. Das Untersuchungsmaterial brachte ich von den Chatham-Inseln,
sowie von Neuseeland mit.
Die f rü h e s te n mir v o rlieg en d en EntwickellMQSStadien von Callorhynchus zeigen
eine grosse Übereinstimmung mit denen der übrigen Selachier (Figg. 89—97). Mein Material ist
leider nicht vollständig genug, um eine zusammenhängende Darstellung der e r s te n E n tw
ic k e lu n g s s ta d ie n geben zu können; nur zwei Punkte möchte ich, abgesehen von der
Beschreibung der beigegebenen Figuren, hervorheben.
In Übereinstimmung mit Rückert und auch His finde ich, dass die u n te re Keimsch
ich t (Dotterentoblast) einen grossen Zuwachs von den unter ihr im Dotter liegenden
„Merocyten“ oder dem „Periblast“ erhält. Die in der oberen feinkörnigen Dotterschicht befindlichen
Kerne erhalten, je näher sie der unteren Keimschicht liegen, einen desto deutlicheren
Hof von Protoplasma und rücken endlich in den Verband der übrigen Zellen derselben
hinein.
Das m ittle r e 'Ke im b la tt entwickelt sich fast an der gesamten Peripherie des Blastoderms
(ob auch an den v o rd e rs te n Partieen desselben konnte ich an meinem Material nicht
entscheiden), und zwar derartig, dass das äussere Keimblatt sich an dieser Stelle einfaltet.
Von jener Einstülpung wandern ebenso wie vom Primitivstreifen der Sauropsiden E cto b last-
zeilen aus und mischen sich dabei gleichzeitig mit den Zellen der noch in Bildung begriffenen
unteren Keim'schicht. Letztere ist daher anfangs weder als Entoblast noch als Mesoblast zu
bezeichnen, sondern stellt ein in d iffe ren te s Gewebe dar; von diesem sondert sich dann
Sc. Vol. 42, 1899 „O u t l i n e s o f t h e d e v e l o pme n t o f t he T u a t a r a ( S p h e no d on pun c ta t u s ). “ De n d y s
g a n z k u r z e Notiz: „Summary of the Principal results obtained in the Study of the development of the Tuatara“ Proc.
Roy.-Soc.,. Vol. IX IV, 1898, mag dagegen wohl ungefähr um dieselbe Zeit erschienen sein, wie meine Arbeiten, jedenfalls
habe ich sie aber erst n a c h dem Druck derselben zu Gesicht bekommen. Bei meiner Arbeit im Arch. Mikr. Anat.,
Bd. 56, hatte ich jedoch keine Veranlassung, Dendy’s Publikationen zu citieren, da in diesen nichts enthalten war, was sich
auf . die vom mir dort behandelten Frägen bezog. .
Gegenüber dieser unberechtigten Empfindlichkeit von Howes und Swinnerton führe ich andererseits an, dass
. D en d y in der Publikation „On the development of the Parietal Eye and adjacent Organs in Sphenodon (Hatteria)“ , Quart.
Journ. Micros. Sc. Vol. 42, part. 2, .1899, und W. S p e n c e r H a r r i s o n in „The development and succession of Teeth in
Hatteria punctata“ , Quart. Journ. Micros. Sc. Vol. 44, p. 2, 1901, es.nicht für nötig gehalten haben, meine vorangegangenen
Arbeiten zu erwähnen, obgleich ich viel früher wie sie einen grossen Teil der von ihnen berichteten Thatsachen bereits
mitgeteilt hatte. Wenn ich auch bei Dendy annehme, dass er bis zur Fertigstellung seiner eben erwähnten Abhandlung
von der meinen noch keine Kenntnis haben konnte, so ist es mir doch unmöglich, diese Entschuldigung bei derjenigen von
Spencer Harrison gelten zu lassen. . - , . , ■
Auf die Bemerkungen von HoweS und Swinnnerton auf Seite 8 ihrer Arbeit (4. Observations on the egg etc.) hin,
habe ich ausdrücklich zu betonen, dass ich nachweislich der e r s t e gewesen bin, der aus eigenem Antrieb zum Studium
der Hatteria Trio Island und Stephens Island besucht hat (Dezember 1896 und Anfang Januar 1897), unter l o y a l s t e r
Beachtung der mir von der neuseeländischen Regierung dazu erteilten Erlaubnis und zwar, da mir kerne andere Verbindung
zur Verfügung stand, ich aber unter keiner Bedingung meinen Plan aufgeben wollte, in einem kleinen offenen Ruderboote
und unter unmittelbarer Lebensgefahr. Ein Jahr später hat dann Tliilen ius Stephens Island besucht, während Dendy
meines Wissens n i e dort gewesen ist, wenigstens nicht bis zur Veröffentlichung seiner Arbeit, was aus semen einleitenden
Worten' zu derselben ersichtlich ist. _ uv.
Jedenfalls ist es erfreulich, dass in der Abhandlung von Howes und Swinnerton, so weit sie die von mir behandelten
Punkte ebenfalls berührt, trotz einiger Abweichungen sich so viele Übereinstimmungen mit meinen Resultaten
ergeben. Da dieselben unabhängig von einander gefunden sind - meine Arbeit erschien jedenfalls mehrere Monate früher
so ist das die beste Gewähr für ihre endgiltige Richtigkeit.