Verdickung des Keimwalls aus der Primitivstreifen nach v o r n;.evin die area pellucida hineinwachse.
(Duval, Koller). Das ist aber niemals der Faj||;;es findet vielmehr das G e g e n t e i l
davon statt. Am klarsten lässt sich das beobachten bei jenen Formen (Sperling, Staar), bei
welchen der gesamte Vorgang der Primitivstreifen- und der Sichelbildung sich innerhalb
der area p e l l u c i d a abspielt.
Auch bei den R e p t i l i e n stammt das Mesoderm aus einem Primitivstreifen (odereiner
Primitivplatte) ab. Derselbe ist bei ihnen ebenfalls: ektodermaler Natur. Am leichtesten ist dies
bei Chamäleo nachzuweisen, bei dem das Entoderm unterhalb der ektoblastischen Primitivstreifenverdickung
a n f a n g s von dieser noch durch einen breiten Zwischenraum g e t r e n n t ist
und erst s p ä t e f , nachdem die Mesodermbildung bereits lange begönnen hat, mit ihr oberflächlich
verlötet.
Bei Sphenödon, Lacerta und Chelonia liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Bei den |:|id en
zuletzt genannten Formen findet jedoch frühzeitig eine intensive Verlötung, vielleicht sogar Vermischung
des Mesoderms mit dem darunter liegenden, teilweise noch in Bildung jgjiffeneft ■
Entoderm statt. Dadurch erhält hier die Primitivplatte bisweilen den Charakter eines indifferenten,
neutralen Zellmaterials.1)
Am Primitivstreifen (nebst Sichel) der Sauropsiden kommt häufig auch eine P r im i t iy -
r in n e (und Sichelrinne) zur Ausbildung als ZeichenJ einer besonders lebhaften Wucherung
seiner Zellen zur Bildung des Mesöderms. Letztere kann so stark sein, dass sich die Ränder
der Primitivrinne einfalten und geradezu einstülpen, wobei dann oft '¡H auch bisweilen bei
den Vögeln — eine Zellmasse (Dotterpropf) mesodermaler oder mesodermaler-entodermaler
Natur aus der Rinne hervorquillt. Eine „Epibolie“ des Entoderms durch das Ektoderm findet
an dieser Stelle keinesfalls statt.
Bei den V ö g e ln verdickt sich das v o r d e r s t e Ende des Primitivstreifens meistens;
dasselbe ist homolog dem H e n s e n ’s c h e n K n o t e n der Säugetiere. Von hier aus sprosst
das Mesoderm i n t e n s i v e r wie an anderen Stellen r o s t r a lw ä r t - s - . Dadurch markiert-sich
der m e d ia l e Teil des v o r dem Streifen befindlichen Mesoblast als „ K o p f f o r t s a t z “ stärker
wie die lateralen Partien desselben. Anfangs sprosst der Kopffortsatz ebenso wie das übrige..
Mesoderm v ö l l i g f r e i zwischen Ekto- und Entoderm nach vorne hin weiter, dann aber wächst
sein v o r d e r s t e s Ende in die Entodermzellen, welche sich an diesem Teil des Embryönalschildes
meistens noch nicht zu einem einschichtigen Epithel angeordnet haben — wenn Sie dort auch
nicht immer so intensiv angehäuft zu sein brauchen, wie es in dem „Entodermhof“ beim
Sperling und Staar der Fall ist — hinein und verschmilzt mit ihnen. Bei diesem Vorgang
spielen individuelle und Art-Unterschiede eine Rolle. Während bisweilen nur d i e S p i t z e des
Kopffortsatzes verschmilzt, und der übrige Teil frei bleibt, findet in anderen Fällen dieses Verwachsen
und V e rm is c h e n der mesodermalen und entodermalen Bestandteile an dem grösseren
Teil des Fortsatzes statt und nicht nur in seinen medialen, sondern auch in seinen lateralen
Partien. Es folgt daraus, dass später Mesoderm und Entoderm an dieser Stelle sich wieder von
einander l ö s e n müssen; dann erst trennt sich die C h o r d a , (die ja weiter nichts ist wie der
Kopffortsatz im besonderen oder der mediane Teil des v o r dem Primitivstreifen befindi)
Neuerdings tritt auch T. K r a u t s t r u n k (Beiträge zur Entwickelung der Keimblätter von Lacerta agilis. Anatom.
Heft. I. Abt. 18. Bd. 1902) bei Lacerta agilis (p. 589) dafür ein, dass der Primitivstreifen ektodermal sei, und aus ihm Mesoderm
entstehe.
liehen mittleren Keimblattes) von dem Mesoderm und wird in das Entoderm sekundär eingeschaltet.
Am vordersten Ende des Primitivstreifens, in der Mitte des „Hensen’schen Knotens“
findet sich bei vielen V ö g e ln (Diomedea, Puffinus, Sula, Haliplana, Phaeton, Fregatta etc.),
von vornherein eine tiefe G r u b e vor, die später zu einer richtigen E in s t ü lp u n g werden
kann, welche sich in den hinteren Teil des Kopffortsatzes —, oder der Chorda — hineinerstreckt.
In jenen Fällen handelt es sich also um einen richtigen, wenn auch rudimentären „U rd a rm “ .
Später bricht derselbe nach unten hin durch und bildet den C a n a lis n e u r e n t e r i c u s .
Häufig fehlt aber die Einstülpung und der Neurenterische Canal völlig (z. B. beim Huhn),
während wieder in anderen Fällen sich in frühen Stadien zwar oft eine Einstülpung bemerkbar
macht, aber nicht nach unten hin zum Durchbruch gelangt (Staar, Sperling).
Bei den R e p t i l i e n sprosst der K o p f f o r t s a t z anfangs ebenfalls völlig frei zwischen
Ektoderm und Entoderm hinein und zwar zunächst s o l id . (Z. B. beim Chamäleon.)1) Bei
ihnen vermischt sich das rostrale Ende desselben, entsprechend der geringeren epithelialen
Ausbildung des Entoderms in den vorderen Partien des Embryonalschildes, noch intensiver
wie bei den Vögeln mit diesem (so namentlich bei Sphenodon) und erst ziemlich spät differenzieren
sich wieder aus diesem Gemisch mesodermaler und entodermaler Bestandteile die beiden
Keimblätter.2)
Die l a t e r a l e n Teile des vor dem Primitivstreifen gelegenen Mesoderms findet man
jedoch schon frühzeitig vom Entoderm gelöst, weil sie sich von diesem entweder viel eher
wieder getrennt haben wie die medianen Partien, öder weil sie bei dem Hineinwachsen des
Kopffortsatzes überhaupt nicht mit dem unteren Keimblatt verschmolzen waren. —
Der anfangs solide Kopffortsatz der Reptilien wird bald in seinem kaudalen Abschnitt
hohl, weil eine Einstülpung, welche sich an Seinem h in t e r s t e n Ende (das gleichbedeutend
ist mit dem v o r d e r s t e n Abschnitt der Primitivplatte) ausbildet, in ihn hineindringt. Dieselbe
ist als „U r d a rm “ der Reptilien aufzufassen und besitzt in vielen Fällen noch eine bedeutende
Grösse. Später bricht auch sie nach unten durch.
Es ist zw eifellos, dass der voluminöse „Urdarm“ der Reptilien und die rudimentäre
Einstülpung bei den Vögeln an derselben Stelle, h om o lo g e Bildungen sind.
Sämtliche Wucherungen und Einstülpungen vom Primitivstreifen aus einschliesslich der
Sichel und des Hensen’schen Knotens kann man als G a s t r u la t i o n auffassen; durch sie wird
bei den Sauropsiden aber nur M e s o d e rm geliefert. Es ist daher auch gerechtfertigt, wenn
man die Einstülpungen in dem kaudalen Teil des Kopffortsatzes nicht als U r d a rm , sondern
als „M e s o d e rm s ä c k c h e n “ (O. Hertwig) bezeichnet. —
') In Bezug darauf citiere ich auch eine Stelle aus E. B a l lo w i t z : Die Gastrulation bei der Ringelnatter. (Zeitschrift
für wissensch. Zoolog., Bd. 70, 1901, p. 704.) „Dieser Kopffortsatz ragt bisweilen mit einer dreieckigen Spitze (im
Sagittalschnitte) frei in den Raum zwischen Ektoderm und Entoderm hinein. Weit häufiger hängt er aber auch ganz eng
zusammen mit dem Entoderm; ja es lässt sich oftmals nachweisen, dass die an dieser Stelle nicht selten zur Beobachtung
kommenden Entodermzellstränge ihm Zellenmaterial' zuführen.“
2) Ich erwähnte bereits bei Chamäleo (siehe den Beitrag I), dass V o e lt z k o w (1901) bei Podocnemis madagas-
cariensis und Crocodilus madagascariensis .eine solche Sonderung des Entoderms und Mesoderms aus indifferentem Material
ebenfalls gefunden hat.