A. Morphologie der Wirbel der rezenten Land-Raubtiere.
Die Wirbelsäule der Raubtiere, wie überhaupt der Säugetiere, zerfällt bekanntlich in
mehrere Regionen und die meisten Autoren beschreiben sie dementsprechend. Eine einfache
Betrachtung zeigt aber, dass eine scharfe Einteilung in Regionen eine etwas künstliche sein
muss, da die Wirbelsäule in ihrer Funktion und Form von den umgebenden Geweben abhängig
ist, von diesen aber das Rückenmark kaum eine Beziehung mit den für die Wirbelsäule aufgestellten
Grenzen zeigt und auch die Bänder und Muskeln sich nur zum geringeren Teile deren
Einteilung anpassen lassen. Dementprechend existieren an den Grenzen zweier Regionen
stets mehr oder minder deutliche Übergänge, wie ja auch Flower 1888 p. 24 betont. Deshalb
wird in der folgenden allgemeinen Beschreibung vorgezogen, die einzelnen Teile der Wirbel im
Zusammenhang in nur nebensächlicher Beachtung der Regionen zu besprechen, wodurch die
vergleichend anatomischen Resultate, speziell die auf die seriale Homologie bezüglichen besser
hervortreten. Obwohl am Caudalende die einfachsten Verhältnisse herrschen, während an dem
Halse die am meisten differenzierten Wirbel sind, es also angezeigt wäre, wie Hasse 1873 in
seinen Anatomischen Studien an dem ersteren zu beginnen, zog ich doch vor, dem allgemeinen
Gebrauche zu folgen, aber nur aus praktischen Gründen; es darf dies nicht übersehen werden,
wenn im Folgenden von einer Veränderung eines Teiles in rostro-caudaler Richtung gesprochen
wird, es soll damit keineswegs der Beurteilung der thatsächlich stattgehabten Richtung der
Veränderung vorgegriffen werden.
I. Wirbelkörper.
bSpi A tlas.
Der Wirbelkörper ist hier bekanntlich in eigentümlicher Weise differenziert, die ventrale
Spange des atlas (arcus ventralis) ist stets kürzer als der Neuralbogen (arcus dorsalis), bei
Enhydra 1 allerdings kaum, meist recht kurz (oder schmal), nur 1*/«—2 mal so lang als dick,
öfters z. B. bei der Mustela-Gruppe ganz schmal (siehe Bassaris astuta Bl. V. PI. IX!), nur bei
Hyaena und den Ursidae ist sie breiter (resp. länger).
Ihr Rostralrand ist meist gerundet, öfters aber etwas dorsal mit einem schmalen die
rostralen Gelenke des atlas verbindenden glatten Facettenstreifen versehen, z. B. Ursidae (Ursus
arctos ferox Bl. U- PI. IX), ganz selten (bei Hyaena crocuta) ist median eine etwas concave Kerbe
vorhanden. Ventral ist die Spange meist flach gewölbt, manchmal z. B. bei Herpestes stärker,
wenn sie breiter als gewöhnlich ist, aber schwächer z. B. Paradoxurus (Bl. V. PI. IX). Caudal
ist der Rand wieder gerundet, hier ist etwas ventral häufig ein mehr oder weniger spitzer
Höcker oder eine Spitze (tuberculum ventrale = hypapophyse), nach hinten wenig unten gerichtet,
meist recht klein (Bl. C. PI. IX), selten relativ lang, z. B. Cercoleptes 1 (nicht Bl. S. PI. VIII),
Canis lupus Bl. C. PI. IX. Niemals ist dieser Fortsatz zweiteilig oder kantig, er variiert etwas
in der Stärke. Die dorsale Seite der Spange wird bei dem can. vert. besprochen.
2. E p i s t r o p h e u s .
Der rostrale Teil des Körpers ist stets durch das Vorhandensein eines zapfenförmigen
dens und der daneben gelegenen Facetten ausgezeichnet, welch letztere zusammen mit den
praezygapophysen besprochen werden sollen, obwohl sie diesen ja nicht entsprechen. Der entwicklungsgeschichtlich
zu dem atlas gehörige Teil des Körpers verschmilzt übrigens sehr früh
mit dem des epistropheus, denn ich fand nie eine deutliche Grenze, deshalb zog ich die
Grenze für die Messung an dem stets deutlichen Caudalrand der ventralen Facette des dens.
Dieser konische Zapfen endet meist ziemlich stumpf, seltener spitz, z. B. Putorius, Ictis, ist
meist etwas bis deutlich länger als die Spange des atlas, doch variiert seine Länge und Form
etwas, indem er bald relativ lang und schlank, z. B. Proteles 1, Viverra tangalunga 1 Taf. II
Fig. 2a, bald kurz und speziell an der Basis breit ist, z. B. Cercoleptes 1, Bl. S. PI. VIII.
Dorsal ist er mehr oder weniger gewölbt, manchmal etwas verdickt, z. B. Enhydra 1, Taf. III
Fig. 13, Ursus arctos ferox Bl. U. PI. IX, ventral stets gewölbt und mit einer Facette versehen,
die stets etwas rostralwärts sieht. Der dens selbst ist meist ein wenig nach oben gerichtet,
seltener etwas, z. B. Arctictis Bl. S. PI. VIII.
Die caudale Endfläche ist stets mehr oder weniger oval, z. B. Cynaelurus 1 Taf. I Fig. 9
im Gegensatz zu Mydaus 1 Taf. III Fig. 4, ein wenig bis etwas concav und meist etwas nach
oben gerichtet, z. B. Felis, seltener sehr wenig, z. B. Viverra-Gruppe (Viverra Taf. II Fig 2a),
bei Mydaus 1 sogar nicht, öfters aber deutlich, z. B. Hyaena crocuta (Bl. H. PI. IV).
Die Dorsalseite ist wie bei allen weiteren Hals- und Rumpfwirbeln im Ganzen flach,
meist aber in der Mitte der Länge concav und hier mit einer medianen schmalen Längsbrücke
versehen, welche wohl eine Verknöcherung an dem lig. longitudinale dorsale ist.
Ventral ist der Körper hinter den rostralen Facetten meist plötzlich eingesenkt z. B. Canis,
seltener allmählig und schwach Ursidae, Arctictis 1, Bl. S. PI. VIII oder in der Mediane nicht
z. B. Lutra brasiliensis 3. Im rostralen Teile ist er stets sehr wenig oder kaum gewölbt, im
caudalen meist mehr, seltener auch hier nur sehr wenig gewölbt z. B. Zorilla 1, Mydaus 1.
Indem nun der Körper neben der Mediane meist tiefer eingesenkt ist, bildet diese
einen „Längsrücken“, der bald breit gerundet, bald schmal und scharf und dann als
„-Längskamm“ erscheinen kann z. B. Arctictis 1 im Gegensatz zur Viverra-Gruppe. Öfters
fehlt er ganz z. B. Galictis 1, Mydaus 1, oder ist auf eine „Längsleiste“ reduziert, z. B.
Melursus 5. Meist beginnt er sehr schwach hinter dem Caudalrande der Facetten, manchmal
ist er hier aber ein wenig verdickt z. B. Cynaelurus, und tritt erst auf dem Caudalteile als
dicke Erhöhung, also nicht durch Einsenkung der lateralen Teile des Körpers entstanden, auf,
ganz am Ende fast stets mehr oder weniger sich verdickend und verbreiternd, selten dabei ganz
verflachend z. B. Felis domestica 1, Ailurus 1 oder nur schmal erhöht z. B. Bdeogale 1. Häufig
ist hier eine beginnende oder deutliche Gabelung vorhanden z. B. Felis caracal 7, Bl. F. PI. XI,
selten aber läuft zugleich die Leiste median bis an das Wirbelende, sodass eine dreiendige
Gabel entsteht, z. B. Cercoleptes 1- Öfters sind nur die Gabelenden als Höckerchen deutlich,
z. B. Enhydra 1 oder es ist nur der caudale Teil des Kammes entwickelt, z. B. Gulo 1, häufig