im Miocän Europas, in der Jetztzeit nur in der malaiischen Subregion vor; auch C e rv u lu s
verhält sich ähnlich. Dass dieses gleichzeitige Verschwinden und Wiederauftreten in derselben
Region der Jetztwelt bei Gruppen mit so verschiedener Lebensweise wie Gymnurini, T ragu-
linae und T om istom a auf gemeinsamen geographischen und klimatischen Ursachen beruhen
muss, ist einleuchtend.
Schliesslich sei hier noch betont, dass das Resultat, zu welchem die Untersuchung des
Zahnsystems hinsichtlich der genealogischen Beziehungen der verschiedenen Erinaceiden geführt
hat (siehe pag. 47), durch die Durchmusterung der Gesamtorganisation und der zoogeographischen
Thatsachen befestigt und erweitert worden ist.
Zusammenstellung einiger Resultate der vorliegenden
Untersuchung.
1) Die stammesgeschichtliche Forschung hat nicht von den höheren Kategorien des
Systems, sondern von den Individuen, den einzigen Realitäten der lebenden Natur, auszugehen.
Für Fragen der Descendenz sind wir, da das Experiment wenigstens zur Zeit noch versagt,
auf die systematische Untersuchung von Formwandlungen angewiesen, wie sie bei Individuen
auftreten, über deren genetischen Zusammenhang kein Zweifel bestehen kann — also bei Individuen
e in e r „Art“. In den individuellen Formwandlungen (= individuellen Variationen) offenbart
sich die Geschichte der „Art“. Durch methodische Untersuchung möglichst vieler, einander
nahestehender „Arten“ gewinnen wir Anhaltspunkte für die Beurteilung der Modifikationen
von Art zu Art, um allmählig immer höhere Kategorien in das Bereich der genealogischen Forschung
zu ziehen. Die hierbei anzuwendende historische Methode fordert unweigerlich, dass
das fragliche Objekt, soweit möglich, nach a llen Richtungen der biologischen Forschung geprüft
werde (siehe oben pag. 1—4 Ä |
2) Das Zahnsystem ist der am besten motivierte Ausgangspunkt für die Untersuchung
der Stammesgeschichte einer Säugetiergruppe, da sich auf dasselbe in ausgiebigerer Weise als
auf irgend ein anderes Organsystem die drei Instanzen der historischen Methode, vergleichende
Anatomie, Embryologie und Paläontologie, anwenden lassen. Denn bei ihm sind wir imstande,
die individuell frühere Entwicklungsstufe (d. h. das Milchgebiss) mit der historisch früheren
(fossile Formen) direkt zu vergleichen, ganz abgesehen davon, dass selbst bei fossilen Tieren
nicht selten das Milchgebiss der Untersuchung zugänglich ist. Wir haben somit im Zahnsystem
einen vorzüglichen Prüfstein für die Tragweite des biogenetischen Satzes. Ausserdem ist das
Gebiss ganz besonders zum Studium der individuellen Variationen geeignet, da es äusserst
plastisch ist, gefügiger und vollständiger als die meisten anderen Organe auch den leisesten
Impulsen von aussen nachgiebt (siehe oben pag. 4—5).
3) Die Aufgabe der vorstehenden Arbeit ist, an dem gewählten Exempel, der in vieler Hinsicht
für stammesgeschichtliche Untersuchungen besonders geeigneten Familie der E rin a c e id a e ,
zu prüfen, wie weit man zur Erkenntnis des stammesgeschichtlichen Zusammenhanges Vordringen
kann mit dem Zahnsystem als Ausgangspunkt und durch alleinige Benutzung des gegenwärtig
vorliegenden Materials von vergleichend - anatomischen, embryologischen, paläontolo-
-gischen, zoographischen und zoogeographischen Thatsachen, sowie durch Abwägung und
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