fast rudimentäreJ[2 einen wohl ausgebildeten Id 2 zum Vorgänger hat, nicht anders erklärt
werden kann, als dass hier kein von den Erinaceini e rw o r b e n e r Zustand, sondern ein e re
r b t e s Verhalten vorliegt— ererbt von einer Form, bei der 13 So schwach gewesen ist, dass
Id 3 schon gar keine Existenzberechtigung gehabt, sondern unterdrückt worden ist. Dies ist
nun in d e r T h a t — wie wir gesehen — b e i den Gym n u rin i de r F a ll und wird somit das
Fehlen des Id 3 bei E r in a c e u s durch die Annahme einer Ableitung desselben von dem abgeschwächten
13 bei Hy lom y s verständlich. Von diesem Zahne entstand somit bei den Erinaceini
JJ3 durch progressive Entwicklung1). Ein 13, welcher den Übergang zwischen den Zu
ständen bei den Gym n u rin i und Erinaceus vermittelt, ist aber bisher nicht bekannt geworden.
Vielleicht wird es sich einmal zeigen, dass eine solche Form wie Tetracus diese Lücke ausfüllt.
Jedenfalls erscheint es bis auf weiteres annehmbar, dass 13 bei den E r in a c e i n i in
seiner heutigen Gestaltung kein Erbe, sondern ein Neuerwerb ist7 D a ss 13 bei allen u rsp
rü n g lic h e re n E rin a c e u s -A rte n in Form e in e s p räm o la re n ä h n lic h e n , zw eiw u rz e ligen
Z ah n e s (Fig. 58, 65a) a u f tr itt, is t im Z u sam m en h än g e mit dem Um sta n d e zu
b e u rte ile n , d a s s au ch der n e b e n s te h e n d e C bei d ie sen T ie re n eine e n tsp re ch
en d e G e s ta lt h a t, wie denn ü b e rh au p t ein p räm o la r e n a r tig e r , zw e iw u rz e lig e r
13 nie ohne einen e n tsp re c h e n d g e b a u te n C v o r kommt; Belege hierfür bieten Petro-
dromus, T u p a ia m elan u ra , G a leo p ith ecu s. Ebenso wie C kann 13 innerhalb der Grenzen
der Art E. e u r o p a e u s die Prämolarencharaktere verlieren: die Basalspitze verschwindet und
die beiden Wurzeln verwachsen (Fig. 42, 40, 46). 13 t e i l t a u c h b e i E. e u r o p a e u s d a s
. S c h i c k s a l d e s C; b e id e s t e h e n o f f e n b a r u n t e r d e r H e r r s c h ä f t d e s s e l b e n
A g e n s .
E n tg e g e n dem V e r h a l t e n b e i 13 i s t d ie P r ä m o l a r e n n a t u r d e s C m it
s e in e n zw e i W u r z e ln b e i d e n E r in a c e i n i j e d e n f a l l s e in E r b s t ü c k von
d e n G ym n u r in i. Der Nachweis aber, dass für C ein prämolarenartiges, zwei wurzeliges
Stadium bei den letzteren das Primäre ist, ist leicht zu erbringen.
Wir konstatieren zunächst, dass a lle G y m n u r in i zweiwurzelige C haben; ferner
dass sich aus der typisch ausgebildeten Eckzahnkronenform, wie sie z. B. bei den R a u b t
i e r e n auftritt, keine Ursache der Zwei-Wurzeligkeit ableiten lässt. Denn wenn das Bedürfnis
der stärkeren Befestigung einer solchen Kronenform das Auftreten von zwei Wurzeln hervorzurufen
vermöchte, so würden jedenfalls solche gewaltige Eckzahnkronen wie bei den M a c h a i r o-
d in a e , D i n o c e r a t i d a e , T r a g u l i d a e , M o s c h u s etc. eine doppelte Wurzel erworben
haben. W ir m ü s s e n v i e lm e h r a n n e hm e n , d a s s d ie Z w e iw u r z e l ig k e i t e in e s
h o h e n , s c h l a n k e n , s om it t y p i s c h e n E c k z a h n s e in C h a r a k t e r i s t , w e lc h e n
e r v o n e in em f r ü h e r e n P r ä m o l a r e n s t a d i u m a ls E r b e ü b e rn om m e n h a t.
Andere mir bekannte lebende Tiere, welche eine solche Eckzahnkrone mit einer doppelten
Wurzel im Oberkiefer verbinden, sind C h o e r o p u s , T a lp a , einzelne L emu r-Arten 2) ; bei
einem H y l o b a t e s s y n d a c t y l u s 8) finde ich den Cd mit stark gefurchter Wurzel versehen.
Dass obige Anschauung auch für diese Fälle gilt, halte ‘ich für wahrscheinlich, wenn auch
noch nicht für gesichert.
1) Über die Möglichkeiten einer progressiven Entwicklung vergleiche unten.
2) L e c h e (97J. Z i t t e l s (91) Angabe, dass Myrme co bius zweiwurzelige C haben sollte, ist irrtümlich.
3) Im Zootom. Institut zu Stockholm.
Unter den mesozoischen Säugetieren dagegen kennt man nach Osb'orn (88) den oberen
Eckzahn bei drei Gattungen; bei zw e i derselben (T r ic o n o d o n f e ro x , K u r to d o n pu -
s illu s ) ist er hoch, typisch, eckzahnartig, mit doppelter Wurzel ausgerüstet. Bedenken wir
ierner, dass der u n t e r e C bei den mesozoischen Säugern alle Übergänge von prämolarenartiger
Krone bis zu hoher typischer Eckzahnform darbietet 4), wobei d ie e r s t e r e K ro n e n fo rm
im m e r , d ie l e t z t e r e s e h r o ft m it d o p p e l t e r W u r z e l v e r g e s e l l s c h a f t e t ist, so
dürfte die Annahme, dass auch im Oberkiefer die Zweiwurzeligkeit das Primäre ist, den vom
Prämolaren-Studium ererbten Zustand darstellt, auf der Hand liegen2).
Es muss aber betont werden, dass diese Auffassung bei den G ym n u r in i immerhin
nicht die Thatsache erklärt, dass Cd bei H y lom y s und G ym n u r a nur e in e (oderhöchstens
eine gefurchte) Wurzel hat. Liegt hier eine Rückbildung der Wurzel des Cd vor, veranlasst
-durch den grossen Keim des C, oder sollte der Cd als eine Umbildung eines Id zu erklären
sein? Ich muss diese Fragen unbeantwortet lassen, umsomehr als ähnliche Befunde mit scheinbarer
Launenhaftigkeit auch bei anderen Tieren auftreten8).
Wenden wir uns jetzt zu der Beurteilung des C bei den E r in a c e in i, so ist bereits hervorgehoben
worden, dass die Zweiwurzeligkeit ein Erbstück von den G ym n u r in i ist. Auch
hat C nicht nur bei der Mehrzahl der heutigen E rin a c e u s -A rte n , sondern auch bei allen
ausgestorbenen (Pa laeo er. edw a rd s i4) und in te rm e d iu s5), Er. a rv e rn e n s is6)und oenin-
..gensis7) zwei Wurzeln.
Betreffs der ursprünglichen Beschaffenheit der Krone, welche mit den zwei Wurzeln vergesellschaftet
war, ob diese mehr prämolar- oder mehr eckzahnartig gewusen, lassen uns
die paläontologischen Zeugnisse im Stich, da bisher keine C von den genannten historisch
ältesten E r in a c ei d a e — ausser G a l e r ix — gefunden sind. Dennoch lässt sich auch diese
Frage mit befriedigender Präcision beantworten. Wie ich schon früher des Näheren nachgewiesen,
muss, wenn eine Region des Gebisses in physiologischer Beziehung entwertet wird,
■dieser Umstand naturgemäss eine Reduktion der betreffenden Zähne zur Folge haben, und zwar
äussert sich diese Reduktion — wenigstens zunächst — in der persistierenden Dentition nur in einer
geringeren Ausbildung der betreffenden Zähne, während sie in der Milchdentition völlige Unterdrückung
derselben bewirken kann. An sich ist es auch vollkommen begreiflich, dass, wenn
ein Teil des Gebisses ü b e r h a u p t überflüssig oder physiologisch minderwertig wird, die
schwächere und weniger wertvolle Milchdentition früher als die stärkere, besser angepasste
Ersatzdentition schwindet8). Nun ist, wie wir gesehen, Cd. durchaus rudimentär, wenn auch
l) „In the Stonesfield Slate genera, the canine is usually small* and resembles a large premolar, but in the
•other it assumes large proportions in the upper jurassic genera“ (O sb orn 88).
' 2) Dieser Ansicht ist auch Osbo rn, während S c h lo s s e r (90) die Anwesenheit von zwei Wurzeln bei den
mesozoischen Säugern als eine, allerdings schon sehr früh eintretende Spezialisierung auffasst.
3) So habe ich be iSo len o d o n ebenfalls einen zweiwurzeligen C und einen einwurzeligen C d gefunden, während
bei L em u r bald dem zwei wurzeligen C d ein einwurzeliger C folgt, bald das Verhalten umgekehrt ist (Leche
■97 und 97').
4) F ilh o l (79) pag. 15.
5) G a illa rd (99) pag. 16.
6) B la in v ille (39) pag. 103.
7) L y d e k k e r (86) pag. 24.
8) Vergleiche meine früheren Ausführungen (95) pag. 39—40, 72, 143—144.