Der die vier Vagusstämme verbindende Nervenstrang, welcher median unmittelbar
unter dem Nervus lateralis verläuft, sowie auch der in dieser Zeit noch mit ihm zusammenhängende
Glossopharyngeus geht in eine lange Nervenwurzel über, welche d o rs a l von der
Somitenreihe verläuft und sich sehr deutlich bis oberhalb des s e c h s te n Myotoms verfolgen
lässt, als zartes Fädchen aber noch ein bis zwei Myotome weiter kaudal nachweisbar ist.
Sie entspricht der bei älteren Embryonen bis auf das Rückenmark reichenden langen Vagus-
Wurzel. — Der Glossopharyngeus löst sich später von dieser Wurzel ab.
Um noch die geriaue Lage der zuletzt besprochenen Nerven anzugeben, so geht der
e r s te Vagusstamm direkt v o r dem e r s t e n deutlich abgegrenzten Myotom auf den v ie r te n
Kiemenbogen herüber; er scheint übrigens auch derjenige Nerv der Vagusgruppe zu sein
welcher am frühesten auftritt; erst etwas später wird dann auch der Glossopharyngeus sichtbar
(Figg. 103, 104, 106., 112),
Bemerkenswert ist es, dass der Nervus lateralis auch in so früher Zeit bereits eine
grosse Selbstständigkeit den übrigen Nerven dieser Gruppe gegenüber zeigt, während andrerseits
die vier weiteren Vagusstämme zusammen mit dem Glossopharyngeus und der langen
kaudalen Wurzel anfangs ein gemeinsames Ganze bilden.
Was schliesslich nun noch die ersten m e to tis c h e n Myotome anbelangt, so liegt
das e r s te derselben unmittelbar h in te r dem ersten Vagusstamm (im engeren Sinne), wenigstens
ist dieses bei dem grösseren Abschnitt desselben, dem d o r s a le n , der Fall; der v en t
r a l e , der sich in die Gegend zwischen der dritten und vierten Kiemenspalte hinein erstreckt,
— auch hiedurch wird seine Lage ganz bestimmt gekennzeichnet — wird von diesem Nerv
wahrscheinlich gekreuzt. Dieses und die beiden folgenden Myotome liegen auch noch im
Bereiche des Kiemenkorbes, also oberhalb der vier letzten Kiemenbögen (Fig. 112). Es folgen
dann noch drei weitere Myotome, welche sich in der Regel ebenso wie die vorhergehenden
durch den Mangel eines dorsalen Spinalganglion auszeichnen, während sich dieses am nächstfolgenden,
also am s ie b e n te n , deutlich, wenn auch in kleinerer Gestalt vorfindet. Diese
drei zuletzt genannten Myotome sind auch deswegen merkwürdig, weil sie s ic h a n f a n g s
e b e n s o wie d ie fo lg e n d e n , w e lch e die M u s k u la tu r d e r v o rd e r e n E x tr em itä te n
lie f e rn , v e n tr a l in zwei K n o sp e n g a b e ln , die später jedoch wieder verstreichen und
sich zu zarten Muskelsträngen umbilden, welche an der ventralen Körperseite weit nach vorne
bis in die Gegend des Zungenbeinbogens ziehen.
Obgleich ich die Entwickelung der occipitalen und der occipito-spinalen Nerven an
meinem Material nicht lückenlos verfolgen konnte, so glaube ich dennoch mit einem ziemlich
grossen Grade von Wahrscheinlichkeit annehmen zu können, dass von den erwähnten sechs
Myotomen die drei ersten den occipitalen Nerven x, y, z, die drei folgenden den drei occipito-
spinalen a, b und c angehören. Sollte diese Annahme richtig sein, so würden wir hier t a t sächlich
den Vorgang vor uns sehen, dass d r e i M y o tom e , w e lch e u r s p rü n g lic h
n o ch d e n E x tr em itä te n a n g e h ö r te n , dem O c c ip ita lte il d e s S c h ä d e ls a n g e g lie d
e r t w e rd e n u n d d a s s a n d e r e r s e it s d ie A n la g e d e r E x tr e m it ä t um d r e i Myotom
e w e ite r k a u d a l w a n d e rt.
Ich schalte dabei hier noch ein, dass ich auch bei einem Embryo von C h e lo n ia
m id a s, der soweit in der Entwickelung vorgeschritten war, dass die Muskulatur der Kopf-
und Halsregion ihre Zusammensetzung aus einzelnen Myötomen grade noch deutlich erkennen
liess, ebenfalls s e c h s metotische Myotome beobachtete (von denen das erste allerdings in
Rückbildung begriffen war), welche offenbar der Occipitalregion des Schädels angehörten.
Das darauffolgende s ie b e n te zeigte ein wohl entwickeltes dorsales Spinalganglion, während
ich bei den erwähnten sechs vorderen Myotomen ein solches nicht auffand, dagegen noch
fü n f feine, zu ihnen gehörende ventrale Nerven nachweisen konnte, die als spino-occipitale
aufzufassen waren (y, z, a, b, c).
Bei Erörterung der Frage, wieviel metotische Segmente sich v or dem ersten deutlich
abgegliederten Myotom noch befinden, glaube ich, dass man deren mindestens noch zwei
zu zählen hat. Über das eine derselben, welches, wie gesagt, aber nicht mehr gesondert ist
und unmittelbar in das rostrale, unsegmentierte Kopfmesoderm übergeht, nimmt der e r s te
Vagusstamm seinen Verlauf. Wahrscheinlich ist in d en Fällen, in welchen man auch später
noch einen v ie r te n occipito-spinalen Nerven (w) ausnahmsweise findet, dieser jenem Segment
zuzuzählen.
Das rostral von letzterem gelegene, erst recht nicht abgegliederte Segment, wird vom
Glossopharyngeus überschritten; vielleicht gehört zu ihm der Abducens oder wenigstens der
kaudale Abschnitt desselben. Wie wir sahen (Fig. 160) liegt derselbe zur G lo s so p h a ry n g e u s -
Wurzel ebenso, wie die Wurzeln der occipito-spinalen Nerven zu denen des Vagus. Das
würde auch mit den Beobachtungen Neals übereinstimmen, der die letzten Wurzeln des Abducens
in der Gegend s e in e s siebenten Neuromers (welches dem fü n fte n Neuromer des
Nachhirns entspricht) und damit also auch im Gebiet des Glossopharyngeus, der an diesem
Neuromer liegt, sich entwickeln sah. Der Abducens würde somit die Reihe der spino-occipitalen
Nerven r o s t r a lw ä r t s fortsetzen. Die Lücke zwischen seinen Wurzelfasern und denen der
ersten oceipito-spinalen Nerven (Fig. 160, 162) wäre einerseits dadurch zu erklären, dass die
Abducensfasern direkt nach v o rn e , die der occipito-spinalen Nerven nach h in te n ziehen, andererseits
aber auch durch den V e r lu s t einiger Occipitalnerven zu verstehen, welche früher noch
v o r den jetzt zur Ausbildung gelangenden sich befanden.
Extremitäten. Ohne auf die Diskussion der Extremitätentheorien einzugehen, will
ich schliesslich noch einige darauf bezügliche Beobachtungen mitteilen, die als Material zur
Beurteilung jener Fragen dienen können und zwar hauptsächlich wohl in dem Sinne, dass die
Extremitäten von vornherein als m e tam e re Bildungen zu betrachten sind.
Die 'E p id e rm is le is tö , welche sich sehr früh bei der Anlage der vorderen Extremität
bemerkbar macht, konnte ich n ic h t ununterbrochen bis zur hinteren Extremität verfolgen.
Die Zahl der in die Bildung der vorderen Gliedmassen eingehenden M yotome (vergleiche
auch Fig. 112) vermochte ich an dem mir vorliegenden Material nicht mit völliger Gewissheit
zu bestimmen, da sich die h in te r e Grenze der Extremitätenanlage noch nicht sicher angeben
liess; ich zählte bei den verschiedenen Embryonen 9—13.
Ihre ventralen Enden bildeten zwei schön entwickelte M u sk e lk n o sp e n , eine ro s tra le
und eine k a u d a le ; die nochmalige Teilung derselben in je eine dorsale und eine ventrale,
so dass Schliesslich also aus jed em Myotom v ie r derartige Muskelknospen entstehen, habe
ich selbst nur in den allerersten Anfangsstadien beobachtet. S p ä t e r jedoch finde ich, dass
immer ein K n o rp e ls tr a h l der Flosse zw isch en einem dorsalen und einem ventralen
Muskelbündel gelegen ist. Die etwa dazwischen liegenden Stadien habe ich leider nicht
verfolgen können.