oberen Abschnitt der Duftbüschel. (In Fig.-15 sind die- kleinen Duftschuppen durch blaue Farbe
ausgezeichnet.)
Interessant ist hier wiederum die Schutzvorrichtung, welche diesen beiden Duftbüscheln
beigegeben ist. Über der Anwachsungsstelle der letzteren zweigt sich von der Tibia ein Anhang
(sch) ab, der sich halbrinnenförmig um deren Innenseite legt und die beiden Duftbüschel
verdeckt. In Fig. 14 sehen wir auf den mit sch bezeichneten Anhang; in Fig. 16, sch ist ihr
oberer, in Fig. 15, sch ist ihr unterer Teil quer durchschnitten. Diese Hülse ist mit der Tibia
gelenkig verbunden; sie und die erwähnten beiden Duftbüschel können durch Muskeln, welche
man bei Fig. 14 m durchscheinen, bei Fig. 17 m im Querschnitt sieht, aufgerichtet und angezogen
werden.
Mittels einer Nadel kann man die Hülse emporheben und die der Tibia ansitzenden
Büschel freilegen.
Aber noch ein zweiter ¡Anhang der Schiene weckt die Aufmerksamkeit des Beobachters.
Es ist ein kurzes, spindelförmiges Gebilde (Fig. 14 schbl), das noch über
jener Hülse der Tibia angeheftet ist. Der Querschnitt (Fig. 17) durch den oberen Teil der
letzteren zeigt uns auch jenes Gebilde etwas schräg durchschnitten. Wir sehen sein Inneres
mit einer grossen Anzahl einzelliger Drüsen ausgefüllt (drs), welche alle an der dem Leibe des
Schmetterlings zugekehrten Seite, die mit einer Menge chitiniger Zapfen (z) besetzt ist, nach
aussen zu münden scheinen. Wenigstens konnte ich keinen Ausgang der Drüsen nach der mit
unregelmässigen Chitinzähnen (zx) versehenen Rückseite entdecken.
Über die Bedeutung dieses Organs, das Haase mit dem Namen „Schienenblatt“ belegt
hat, gehen die Ansichten der Forscher auseinander. Landois sieht es bei Acherontia atropos
als Gehörorgan an; Haase vermutet, es diene zur Reinigung der Haarpinsel; B e rtk a u hält es
für eine Bürste zum Reinigen der Augen.
Das es zum Zwecke des Reinigens dient, ist nicht unmöglich, zumal da es sich auch
bei Weibchen vorfindet, wie B e rtk a u beobachtet hat. Damit ist aber nicht ausgeschlossen,
dass es gegebenen Falles auch noch zu einer anderen Verrichtung herangezogen werden kann.
Hierauf weisen gerade bei Pechipogon barbalis erstens der Drüsenreichtum und zweitens die
Lage des Schienenblattes hin. Gleich über dem Tibia-Femurgelenk, zum Teil am äussersten
Ende der Tibia selbst noch (Fig. 17, fb), hauptsächlich aber am Femur entspringt der dritte und
grösste Duftpinsel (Fig. 14, fb). An seiner Basis finden sich ebensolche Drüsen (Fig. 18, fbd)
wie am Grunde der vorher beschriebenen Duftpinsel; auch Muskeln (fbm) sind vorhanden.
In der Ruhelage nun drückt sich die Tibia gegen den Femur, etwa wie die Schneide
eines Taschenmessers gegen den Griff. Der Dufcpinsel des Schenkels legt sich dabei in die
zwischen beiden gebildete Rinne. Hierbei kommt sein Endabschnitt gerade auf das Mündungsfeld
der Drüsen vom Schienenblatt zu liegen. Da nun der Femurbüschel nur Basalzellen besitzt,
Nebenzellen aber fehlen, so wäre es nicht unmöglich, dass hier die Drüsenzellen des
Schienenblattes die Funktion der Nebenzellen verrichteten.
Duftorgane an der Basis des Abdomens.
Duftorgane dieser Art haben sich besonders bei Sphingiden ausgebildet. Von Acherontia
atropos, Sphinx convolvuli und Sphinx ligustri sind sie schon längere Zeit bekannt.
H a a s e gibt eine Beschreibung der äusseren Form dieses Organs bei Acherontia atropos (31),
ebenso Ar n h a r t (30),; der sie für Kitzelorgane -hält, mittels deren das Männchen den Rücken
des Weibchens streichelt. R e ichenau (29) untersuchte das Organ in anatomischer Hinsicht
bei Sphinx ligustri, B e rtk au (28) bei Acherontia atropos.
Teils wegen mangelhaften Untersuchungsmaterials, teils wegen Unzulänglichkeit der
früheren Präpariermethoden ist aber den genannten Forschern manches entgangen, was ich
hier nachholen möchte.
Sowohl bei A ch e ro n tia a tro p o s als auch bei Sphinx lig u s tri liegt das .Duftorgan
in einer Falte, die sich längs über den ersten und zweiten Hinterleibsring da erstreckt, wo
Sternit und Tergit Zusammentreffen [Tafel V] (Fig. 1).
Ein kräftiger, mit mancherlei Anhängen versehener Chitinrand (r) kennzeichnet auf den
Querschnitten (Fig. 2 und 3) die Grenze des kräftigen Tergits (t). Bei Acherontia atropos
ist das Duftorgan ein orangegelber, bei Sphinx ligustri (Fig. 1) ein weisser Haarbüschel' der
in der mit dünnem Chitin ausgekleideten-Falte sitzt, und zwar in ihrem zum ersten Leibesringe
gehörigen Abschnitte (Fig. 2 und 3, fa = Falte, b = Büschel). Es gelang mir, ein Männchen
von Acherontia atropos mit ziemlich zurückgezogenem, dagegen ein Männchen von Sphinx
ligustri mit ausgestülptem Haarbüschel zu konservieren. So stellt Fig. 2 das eingezogene
Duftorgan des ersten, Fig. 3 das vorgestreckte Organ des zweiten Schwärmers dar. Die
Querschnitte zeigen, dass B e rtk au s Ansicht, am Grunde der Dufthaare von Acherontia atropos
seien keine Drüsen vorhanden, irrig ist. Bei beiden Sphingiden sind Felder von ziemlich grossen
Basaldrüsen, die bei Acherontia atropos eine Länge von 0,118 mm erreichen, vorhanden. Diese
Drüsen sind, wie Fig. 4, dr zeigt, langgestreckt und haben grosse Kerne. Zwischen ihnen
finden sich noch ebenfalls cylindrische, aber kürzere Hypodermiszellen (hz) vor. Auffällig ist,
dass auch die Hypodermiszellen des angrenzenden Tergits zum Teil langgestreckt sind und
dass diese in haarförmige Schuppen, ähnlich denen des Duftbüschels, münden (Fig. 2 u. 3 th)
während die zwischen ihnen eingestreuten kurzen Hypodermiszellen (khz) gewöhnliche Schuppen
(sch) tragen. Es erweckt den Anschein, als hätten wir hier einen Übergang von gewöhnlichen
Hypodermiszellen zu Drüsenzellen vor uns.
Wie das Sekret nach aussen gelangt, lässt sieh nicht genau feststellen. Die Dufthaare
besitzen wieder das oft erwähnte schwammartige Gewebe; manchmalscheint es auch, als wäre
zwischen den chitinigen Längsleisten die Aussenwand durchbrochen. In der Mitte zeigt das
Haar einen Hohl-raum (Fig. 5). Dass die Büschelhaare, wie Reichenau meint, Kapillarröhrchen
seien, an deren Spitze das Sekret austritt, ist kaum anzunehmen; denn diese Ausmündungsstelle
wäre für die Ausbreitung des Sekrets auf der reichgegliederten Oberfläche des
Haarbüschels sehr ungünstig gelegen.
In dem zum zweiten Abdominalringe gehörigen Abschnitte der Falte liegt ein zweites
grosses Drüsenfeld. Es ist von Be rtk au an Acherontia atropos entdeckt worden. Die Drüsen