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in etwas wechselndem Grade1). Ferner kann aber ein Zahn wie C auf dem Stadium 3 oder 4-
bei E .e u r o p a e u s (siehe oben pag. 19), mit anderen Worten: wo er als Eckzahn ausgebildet ist,,
unmöglich als physiologisch entwertetes Organ betrachtet werden. Der rudimentäre Zustand des
Cd kann also nur dadurch erklärt werden, dass bei den Vorfahren unserer E r in a c e u s - . Arten
C eine schwächere Ausbildung als auf besagtem Stad. 3 oder 4 gehabt h a t ' Schwächer ausgebildet
und physiologisch minderwertig ist jedenfalls der p r ä m o l a r e n a r t i g e C auf dem
Stad. 1 bei E. e ü r o p a e u s , auf welchem Stadium, wie wir gesehen, auch die Mehrzahl der
übrigen Erinaceus^ Arten steht. Also: nur unter Umständen, welche einen nicht aus seiner Umgebung
herausdifferenzierten d. h. prämolarenartigen C hervorrufen, kann Cd rudimentär geworden
sein. Das Rudimentärwerden des Cd setzt also ein abgeschwächtes Prämolaren-, aber kein
Eckzahn-Stadium voraus; dass das Eckzahnstadium nicht mit Rudimentärwerden des Cd vergesellschaftet
ist, wird übrigens durch die andere Gruppe dieser Familie, die G ym n u r in i bewiesen
(siehe oben pag. 12). Da auch Hylomys einen Cd hat, ist anzunehmen, dass das Prä-
molaren-artige Ausgangsstadium der Erinaceini noch schwächer war, als C bei H y 1 o m y s.
Durch V e rb in d u n g d e r beiden T h a ts a c h e n 1) Zw e iw u rz e lig k e it des C bei
den h is to ris ch ä lte s te n E rin a e e id en ; 2) den ru d im e n tä re n Z u stan d des Cd, sind
wir som it in den Stan d g e s e tz t nachzuweisen, dass für C bei E rin a c e u s das Prä-
molaren- und n ich t das E ck z ahm S tad iu in d as P rim ä re ist.
Nach dem v o rlieg en d en M a te ria l
zu u rte ile n , is t E. eu ro p a e u s die einz
ig e A rt, bei d e r d ie s e r Zahn d u rc h
einen D iffe re n z ie ru n g sp ro z e s s, de ssen
E ta p p en wir in der in d iv id u e llen Var
ia tio n w ie d e rfin d en 8), von einem Zah n
mit P räm o la re n k ro n e und zwei g e tre n n ten
W u rze ln sich zu r w irk lic h en E ck z
ah n k ro n e mit ein e r ö d e r zwei W u rzeln
(wie bei Gymnura) h e rau sg e b ild e t ha t
W & f
IV V V I V II ;
Textfig. IV —V I I . E r i n a c e u s e u r o p a e u s . C d e s Obe rkie fers
von vier verschiedenen Individuen, um die Variationsbreite
dieses Zahnes zu z e igen; in Fig. IV —V I is t ausserdem P_2,
ebenfalls stark variierend, da rge ste llt. E tw a 2/ j nat. Grösse.
(Textfig. IV—VII), wo d u rch die frag lich e Geb issreg io n jed e n fa lls e in e d ifferen te
F u n k tio n e rw o rb en hat; einzelne R e p rä s e n ta n te n a n d e re r E rin a c e u s -A rte n können
sich diesem D iffe re n z ie ru n g sg ra d e nähern, ohne ihn zu e rre ic h e n 3). Die a u s s e ro
rd e n tlich g ro ss e V a ria tio n s b re ite des C bei E. e u ro p a e u s ^ ¡"v e rg le ic h e Fig. 40^
43,45 — we ist jeden falls d a ra u f hin, d a ss in n e rh a lb d ie se r Art die E n tw ic k lu n g s v
o rg ä n g e in b e so n d e rs lebhaftem F lu s s e sind, und d ass die ,„Eckzahna-Form des
C bei E. eu ro p a e u s ein r e la tiv m o d ern e r Z u stan d ist..
Eine Vergleichung der hier gegebenen Abbildungen der verschiedenen Entwieklungszu-
stände des C bei E. europaeus beweist zur vollen Evidenz, dass' bei diesem Zahne die e in e
Wurzel durch Verschmelzung von zweien, nicht durch Unterdrückung der einen entstanden ist.
1) Vergleiche oben pag. 20.
2) Bezüglich der Einzelheiten vergleiche oben pag. 19.
3) Nach dem, was wir heute von der Lebensweise der verschiedenen Erinaceus-Arten wissen, ist besagter
Unterschied schwerlich auf eine Verschiedenheit in der Diät des E. europaeus und derjenigen der anderen Arten zurückzuführen
(vergleiche auch unten).
P I, im Oberkiefer ist ursprünglich (Necrogymnurus) noch so stark, dass er zwei oberer und
Wurzeln hat; aber schon bei Hylomys sehen wir diese allmählich (Fig. 1, 3, 5) zu ein e r ver- untererPl-
schmelzen. P 1 ist während der Stammesentwicklung der Erinaceidae zwei verschiedene Male
zugrunde gegangen: einmal bei L a n th a n o th e rium 1), einmal bei den Erinaceini. Wahrscheinlich
ist ein Zahn, welchen ich im Oberkiefer eines E. e u ro p a e u s b e id e r s e its zwischen
C und P 2 gefunden habe (Fig. 47), atavistisch als der den E rin a c e in i sonst gänzlich
fehlende P 1 der Gym n u rin i zu beurteilen.
P 2, verhält sich in den niederen Zuständen (Necrogymnurus, Galerix, Hylomys) oberer P2.
wesentlich gleich und ist zweiwurzelig, aber schon bei Hylomys fangen die beiden Wurzeln an zu
verschmelzen. Wie schon oben (pag. 21) bemerkt, beweisen die fossilen Funde, dass das Zwei-
W urzel-Stadium und eine diesem entsprechende prämolarenartige Krone den primitiveren Zustand
bei den recenten Erinaceus-Arten (Fig. 59, 65a) darstellt. Innerhalb mehrerer Arten ist
aber eine Variabilität zu konstatieren, welche auf ein Schlankerwerden der Krone und eine Verwachsung
der Wurzeln hinausläuft (Fig. 64, 60a, b), und innerhalb der Grenzen der Art E. euro
p a eu s geht eine dem Nachbarzahne C ähnliche, wenn auch weniger umfassende Wandlung
auch mit P 2 vor sich, indem das Basalband der Krone und die vordere Basalspitze schwindet,
die Hauptspitze höher, „Eckzahn“-ähnlich wird und die beiden Wurzeln verwachsen (Fig. 40,
42, 43 a; Textfig. IV—VI)gg|
P 3 ist der vorderste Zahn der Reihe, an dem bei N e c ro g ym n u ru s ein Innenhöcker oberer p 3. r|L
(deuterocone S c o tt)2) mit entsprechender Innenwurzel auftritt (Fig. 16,17); hierzu kommt im
Laufe der weiteren Entwicklung bei G a lerix (Fig. 21) und Gym n u ra ein zweiter Innenhöcker
(tetartocone Scott) hinzu, und gleichzeitig .vergrössert sich der hintere Basalhöcker (tritocone
Scott). Bei den E r in a c e in i vollzieht sich, von einem Zustande etwa wie bei Necrogymn
u ru s ausgehend, wie ich oben (pag. 22) nachgewiesen habe, ein rückschreitender Entwicklungsgang,
welcher schliesslich zu der gänzlichen Unterdrückung des Zahnes (E. d e s e rti,
micropus) führt. Bei allen ausgestorbenen E rin a c e in i.ist er relativ stark ausgebildet, die
Reduktion tritt erst'bei den recenten Formen und zwar in verschiedenem Masse auf; vergleiche
Fig. 40, 61, 65a.
Vom a u s s c h lie s s lic h vergleichend-anatomischen Standpunkte könnte man zu der Ansicht
gelangen — und diese würde wohl auch von diesem Standpunkte aus als berechtigt erschein
e n—, dass die verschiedenen Rückbildungszustände, welche P 3 bei den E rin a c e in i aufweist,
als eine historische Entwicklungsserie aufzufassen seien. Nichts desto weniger wäre
diese Auffassung falsch. Die vergleichende Anatomie giebt hier,, wie so oft, wenn sie sich
allein überlassen wird, ein Trugbild. Die Berücksichtigung der G e s am to rg a n is a tio n lehrt
nämlich, wie wir weiter unten sehen werden, dass besagte Rückbildungsreihe Arten verschiedener
Gruppen, welche nicht von einander abgeleitet werden können, umfasst.
Schliesslich haben wir die Frage zu beantworten, wie die einfachste Form des P 3
bei den G ym n u r in i nämlich PJ3 und P d 3 bei H y lom y s und P d 3 bei G ym n u r a (vergl.
oben pag. 13, Fig. 1, 3, 5, 12a), aufzufassen ist. Dass der Zahn des H y lom y s in seinem heutigen
Zustande in beiden Dentitionen das Produkt einer rückschreitenden Entwicklung ist,
scheint mir ausser Frage gestellt. Die Rückbildungsvorgänge an den vorhergehenden Prämo-
1) Von Lanthanotherium ist nur der Unterkiefer bekannt.
2) S c o t t 1(9.2); ,;(i