Dufthaar weist an seinem Grunde eine eigentümliche, flammenlinienartige Krümmung auf
(Fig. 5 und 6, kr). Jedenfalls geschieht nun das Zusammenlegen und Aufrichten auf folgende
Weise: Zieht sich der Muskel zusammen (Fig. 5., m), so dreht sich das Haar als zweiarmigungleicharmiger
Hebel um eine vorspringende Kante (ka) der Alveole, und das Haar wird umgelegt.
Dabei drückt es aber an der anderen Seite auf den Chitinzapfen (z) und presst diesen
nach unten. Infolgedessen entsteht eine gewisse Spannung,, die nach dem Erschlaffen des
Muskels das Haar emporrichtet (Fig. 6). Die freie Beweglichkeit wird dem letzteren gesichert
durch die Dünnhäutigkeit der Alveole (Fig. 5 und 6, ;f)> Ein übermässiges Zurückschnellen des
Haares wird verhütet durch den kräftigen, schräg nach abwärts gerichteten Chitintrichter der
äusseren Alveole (Fig. 6, tri).
Ebenfalls an der Tibia der Hinterbeine trägt Hepialus h e cta die Duftorgane. Sie sind
von B e rtk a u (27) ziemlich eingehend, auch in anatomischer Hinsicht, behandelt worden, sodass
ich hier nur noch wenig hinzuzufügen vermag. Hepialus hecta ist interessant zunächst' durch
die keulig verdickte Tibia seines Hinterbeines, dem die Tarsen vollständig fehlen. Aus einer
nach dem Körper zu gelegenen Rinne der Tibia ragt ein Büschel dicht zusammengedrängter,
langgestreckter Duftschuppen hervor (Fig. 9, d) [Taf. IV].
Dieser eigentümliche Bau der Hinterbeine ist schon De Geer (1> aufgefallen. Er hielt
sie für Apparate zur Erhaltung des Gleichgewichtes beim Fluge. Ferner beobachtete er, dass
der Schmetterling, sobald er gefangen wird, die Hinterbeine fest an den Leib legt. Hierbei ist
ihm allerdings das Merkwürdigste an dem ganzen Tiere entgangen. Es zieht nicht nur die
Hinterbeine an, sondern es steckt die Tibia zum Teil in eine Tasche an der Basis des Hinterleibes
(Fig. 8, ta). Hierin tritt uns eine der eigentümlichsten Schutzvorrichtungen für das Dufb
organ entgegen.
Fertigt man von der verdickten Tibia Querschnitte an, so sieht man-, dass sie mit
grossen, einzelligen Drüsen erfüllt ist. Sie konvergieren alle nach .der rinnenartigen Vertiefung
an der Tibia und münden jede in eine Duftschuppe (Fig. 10).
Diese Drüsen kann man übrigens bei Beobachtung der ganzen Tibia im durchfallenden
Lichte durchschimmern sehen (Fig. 9, dr).
Im Gegensätze zu B e rtk a u fand ich in den Drüsen nur sehr kleine Kerne (Fig. 10 k).
Ferner waren sie nur in der an der Mündung liegenden Hälfte mit flockigem Protoplasma (pr)
erfüllt, während die andere Hälfte einen grossen Saftraum (h) aufwies,®-'
Auch die„ Duftschuppen fand ich etwas anders als sie B e rtk au beschreibt. Wohl sind
sie an der Spitze keulig verdickt; aber sie sind nicht nur an ihrem Ende eingedrückt, sondern
nehmen infolge ihres zarten Baues,, namentlich ihrer oberen Hälfte, durch gegenseitigen Druck
die mannigfaltigsten Formen an. Die Querschnitte Fig. 11, a und b sind einige Beispiele für
diese Ungestaltungen.
Die Duftschuppen sitzen in ziemlich flachen, dünnhäutigen Alveolen (Fig. 13, a); ihr Basalteil
(b) ist von etwas kräftigerem Chitin umgeben. Die ganze Schuppe ist von lockerem
Maschenwerk erfüllt, zwischen dem sich in der unteren Hälfte (b) gelbbraune Körnchen, vielleicht
Sekret, eingelagert finden.
Die eingedrückte Spitze der Schuppe soll nach B e rtk au eine Öffnung aufweisen. Nun
fand ich zwar am oberen Ende einiger Duftschuppen, dort wo ihre chitinigen Längsleisten konvergieren,
eine Öffnung, wie sie etwa Fig. 12, oe darstellt. Aber erstens war ihr Vorkommen
so selten, zweitens können die vielen Faltungen der Duftschuppe so leicht zu Irrtümern verleiten,
dass das Vorhandensein jener Öffnung an jeder Schuppe zu bezweifeln ist. Wegen der
äusserst zarten Schuppenwandung könnte man eher vermuten, dass das Sekret durch feine
Poren auf der ganzen Oberfläche zu Tage tritt.
Mit dem an dritter Stelle in diesem Abschnitte zu besprechenden Schmetterling, Pechi-
pogon ba rb alis, einer niederen Eule, bietet sich uns ein Beispiel dar für das Vorhandensein
von Duftpinseln an den Vorderbeinen. Ein gleiches Vorkommen beobachteten Edwards (23)
K irb y (24), Bailey (25, 26) und Haase (31) an Catocala-Arten.
Schon durch seinen allgemeinen Bau fallt das Vorderbein von Pechipogon barbalis
auf. Coxa, Trochanter, Femur und Tibia Sind lang gestreckt [Taf. IV] (Fig. 14). Dieses Vorderbein
trägt nicht weniger als drei Duftbüschel. Der grösste von ihnen sitzt, was ziemlich selten
zu finden ist, innen am Femur, kurz über dem Tibiagelenk (Fig. 14, fb).
Die beiden anderen, ein kurzer (tbk) und ein längerer (tbl), entspringen an der Innenseite
der Tibia, gleich unter jenem Gelenk. Die Strahlhaare sind orangegelb gefärbt. Jeder
der beiden letztgenannten Büschel sitzt einem basalen Drüsenfelde auf (Fig. 16, dz, und dz2).
Die Drüsen sind einzellig, etwa 0,017 mm lang und besitzen grosse Kerne. Oben tragen sie
eine runde, trichterförmige Alveole, der das Strahlhaar eingefügt ist. Folgen wir nun einem
solchen Haar seiner Länge nach auf Querschnitten, so sehen wir, dass es an seinem basalen
Teile zarte Wandungen besitzt. Zwischen den schwachen Chitinlängsleisten (Fig. 19, chl) erscheint
die Grenzmembran oft ganz geschwunden (Fig. 19, p), sodass eine Öffnung in das mit
feinem Maschenwerk versehene Innere führt. Diesem Befunde nach ist anzunehmen, dass der
von den Basaldrüsen secernierte Duftstoff zunächst in das Haar eintritt und dann am unteren
Teile desselben ausgeschieden wird.
Weiter nach der Spitze zu wird die Wandung der Dufthaare stärker und zeigt keine
Unterbrechungen mehr; auch das Masehenwerk im Inneren erscheint chitinreicher. Für Weiterleitung
des Sekrets ist demnach hier das Haar nicht mehr geeignet. Damit es aber auch diesem
oberen Teile des Duftbüschels nicht an Sekret mangele, finden sich bei unserem Schmetterlinge
noch andere Drüsen. Sie liegen in der Tibia mehr nach den Tarsen zu und münden da,
wo die äussere Hälfte der Duftbüschel in der Ruhelage sich anlegt, bei Fig. 14 etwa in der
Höhe von nz, und nz2. Diese Nebendrüsen sind, wie der Querschnitt Fig. 15 nz zeigt, grösser
als die Basaldrüsen, etwa 0,042 mm lang. Fig. 21 stellt eine einzelne dar. Um den grossen
Kern (k) herum ist das Protoplasma dicht körnig, weiter nach der Mündung zu wird es
maschig (mp), bis es schliesslich radiär angeordnete Stränge (str) nach einem Hohlraume (h)
zu ausstreckt, der unmittelbar unter der Alveole (a) liegt. Dieser ist eine kleine, elliptische,
dünnwandige Schuppe eingefügt, deren Querschnitt uns Fig. 20 zeigt. Während die dem Beine
zugekehrte Unterseite (u) eben und mehr chitinisiert ist, ist die Oberseite (o) mannigfach gefaltet.
Dann und wann führen tiefe Einbuchtungen (e) in das mit wenig Maschenwerk versehene
Schuppeninnere. Durch diese Schuppen tritt das Sekret der Nebendrüsen aus und versorgt den
. Zoölogica. Heit 33. 3