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Beiträge zur Entwickelungsgeschichte und Anatomie der Wirbeltiere II.
S tu d ie n zur E n tw ic k e lu n g s g e s c h ic h t e d e r S a u ro p sid en .
Es war ursprünglich meine Absicht, die folgenden Mitteilungen in Form einer grösseren
Abhandlung zu veröffentlichen. Da mir aber die Zeit dazu mangelt, und ich die Gewissheit
habe, dass sie mir auch in Zukunft für diesen Zweck so bald nicht zur Verfügung stehen
wird, bin ich davon abgekommen, zumal ich es auch kaum für einen Nachteil ansehe, wenn
die Fülle der- t h e o r e t i s c h e n Erwägungen und der Kontroversen, welche in den letztverflossenen
Jahren auf diesem Gebiet der Entwickelungsgeschichte publiziert worden sind,
und die sich häufig nur um Worte und Bezeichnungen, nicht aber um T h a t s a c h e n drehen,
nicht noch um weitere vermehrt werden.
Aus diesem Grunde teile ich nur Abbildungen nebst mehr oder weniger eingehenden
Beschreibungen der diesen zu Grunde liegenden Präparate mit, in der Hoffnung, dass dieselben
als Dokumente Verwendung finden können. Sie dienen gleichzeitig als Belege für meine
bereits in früheren Arbeiten ausgesprochenen Ansichten, die mittlerweile, was die Entstehung
des Mesoderms anbelangt, durch die Entwickelung des C h am ä l e o n (siehe Beiträge etc. I)
eine weitere Bestätigung erhalten haben.
Vor der Beschreibung der einzelnen Präparate gebe ich einen Teil meiner Anschauungen
auf diesem Gebiet der Entwickelungsgeschichte der Sauropsiden nochmals in kurzen
Sätzen wieder:1)
Der P r im i t i v s t r e i f e n d e r V ö g e l besteht von vorne herein nur aus einer V e r d i c k u n g
d e s E k t o d e rm s ; von ihm aus sprossen die M e s o d e rm z e l l e n ; dieselben sind also e k t o -
d e r r iia le n Ursprungs. Früher oder später, für längere oder kürzere Zeit k a n n das Mesoderm
mit dem Entoderm unterhalb des Streifens verschmelzen; meistens ist das Entoderm als
solches aber immer noch zu erkennen, selbst wenn es zu einer Verlötung der beiden Keimblätter
kommt.
Am h in t e r e n Ende des Primitivstreifens findet stets eine stärkere Mesodermwucherung
statt; die Ektodermverdickung verbreitert sich hier beträchtlich und diese, z u s am m e n mit
dem daraus hervorsprossenden Mesoderm nimmt oft die Form einer S i c h e l an.
Die Lage der letzteren kann verschieden sein. Meistens befindet sie sich an der Grenze
zwischen area opaca und area pellucidagg- auf dem „Keimwall“ — oder noch weiter distaB
wärts inneihalb der area opaca. Dadurch entstehen Bilder, als ob von einer sichelförmigen
f Man vergleiche auch meine Arbeit über die Entwickelung der Hatteria etc. im Anatom. Anzeiger Bd. XV. 1899.