doch auch hauptsächlich auf Bäumen lebende Luchs einen so reduzierten Schwanz hat und
ebenso wenig, warum die steppenbewohnenden Hunde und Hyänen zwar ungefähr die gleiche
Zahl von v. cd. (circa 20), letztere aber infolge der Kürze der Glieder einen ziemlich kurzen
und auch schwachen Schwanz besitzen.
II. Über die Ursachen des Variierens der Wirbelzahl.
Nachdem schon eingangs p. 70 die Ansicht von Welcker über die Segmentation der
Wirbelsäule als unwahrscheinlich zurückgewiesen wurde, müssen wir uns nun der so schwer
zu lösenden Frage zuwenden, ob eine direkte Aus- und Einschaltung von Wirbeln, eine Spaltung
oder ein Schwund von Segmenten, eine unregelmässige Segmentation oder nur eine Verschiebung
der Grenzen der Regionen anzunehmen ist, eine Frage, zu welcher als wichtigste Litteratur
Baur G. 1891, Dwight 1901, Leboucq H. 1894 und 1896, Papillaut M. G. 1898 und Rosenberg C.
1876, 1896 und 1899 zu nennen sind.
Dieses Problem ist ja auch bei dem so genau untersuchten Menschen noch nicht end-
giltig gelöst, wenn auch feststehen dürfte, dass das Becken in der Entwickelung rostralwärts
wandert. Ausser embryologischen Studien sind ja, wie Papillaut 1. c. mit Recht betont, eingehende
Untersuchungen sowohl des Skelets wie der zugehörigen Weichteile, vor allem der
Nerven nötig, um völlige Klarheit zu schaffen, doch glaube ich immerhin auch auf Grund meiner
Untersuchungen nicht unwichtige Beiträge zur Beurteilung der Frage bringen zu können.
Vor allem darf das, man kann wohl sagen constante Schwanken der Zahl der v. cd.
als Beweis dafür angesehen werden, dass hier eine Vermehrung oder Verminderung der Segmente
sehr leicht stattfindet; wie oben p. 75 angedeutet, dürften Formen mit sehr vielen v. cd.
wie Paradoxurus und Arctictis doch wohl dafür sprechen, dass eine nicht unbeträchtliche Vermehrung
der Wirbelzahl im Laufe der Phylogenese stattfinden kann, denn es ist doch höchst
unwahrscheinlich, dass die Vorfahren der Raubtiere so viele Schwanzwirbel besassen und dass
dann nur Reduktionen stattgefunden hätten. Ebenso kann man das so häufige alternierende
Schwanken der Zahl der v. th. und v. 1. als Beweis dafür anführen, dass wenigstens an der
Grenze dieser beiden Regionen eine Verschiebung sehr leicht stattfindet, wie dies ja auch am
Caudalende des sacrum so oft zu beobachten ist.
Dagegen führten wir schon p. 70 aus, dass an der Grenze von Hals- und- Brustregion
nur höchst selten Anzeichen einer solchen Verschiebung vorhanden sind; etwas häufiger sind
aber wieder derartige Schwankungen am 2. und 3. v. th., wo ja in der Regel die erste Formänderung
der Gelenke stattfindet und gar nicht selten in der antiklinen Region, wie ja oben
eingehend ausgeführt wurde. Besonderes Interesse verdienen aber Fälle von Anzeichen
einer Verschiebung am Rostralende des sacrum. So greift bei Otocyon megalotis 1 die
rauhe Seitenfläche links auf den sonst normalen 7. v. 1. über, während das sacrum bemerkenswerter
Weise nur 2 Wirbel zählt, wie es auch bei Otocyon Bl. C. PI. IX der Fall ist. Otocyon la
jedoch hat ein wie bei den übrigen Canidae normal ausgebildetes sacrum (Taf. III Fig. 19) und
es ist zu beachten, dass gerade Otocyon 1 nur 19 v. cd. hat, während Otocyon la sicher mehr
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besass und auch Bl. C. p. 28 und Flower: Osteologie 1888 p. 74 dieser Gattung 20 bis 22 v. cd.
zusprechen. Rosenberg 1876 p. 153 nimmt ja an, dass. gleichzeitig mit dem Vorrücken des
sacrum am Schwanzende Wirbel verloren gingen, es würde also mit dieser Ansicht in Einklang
stehen, dass wir bei Otocyon 1 nichts von einer Compensation der Wirbelzahl in der benachbarten
Region bemerken.
Bei Suricata tetradactyl» 1 ist ein überzähliger letzter v. 1. vorhanden, dessen diapo-
physen sich aber sehr eng an die Seitenteile des 1. v. s. anlegen, während nur 2 v. s. vorhanden
sind. Da diese Form normal 3 v H besitzt (Bl. V. p. 28: Flower 1888 p. 74, Gray: Catalogue
i§62 p. 78; Giebel in Bronn p. 245|j, dürfen wir diesen Wirbel wohl als einen noch nicht assimilierten
1. v. s. deuten, wenn auch von einem eigentlichen Übergang keine Rede sein kann.
Erwähnt sei übrigens bei dieser Form, dass Flower 1. c. ein Exemplar mit einem v. th. mehr
als gewöhnlich anführt, das aber im Übrigen normale Wirbelzahlen hat.
Bessere Anhaltspunkte als .diese Formen giebt Zorilla libyca 1, welche einen v. 1. weniger
als gewöhnlich,(Bl. M. p. 17:; Gray Catalogue 1862 p. 95; Giebel in Bronn p. 245) find noch dazu nur
2 v .'i. hat, für welch letzteren Fall Blainville M. p, 17 übrigens auch ein Beispiel anführt.
Die Zahl der v. cd. wird für diese Gattung als zwischen 21 und 24 schwankend angegeben.
Nun ist bei meinem Exemplar der 1. v. cd. dadurch anormal, dass er auffällig schwache
■seitliche Fortsätze hat, man könnte ihn deshalb wohl als einen frei gebliebenen oder gewordenen
-3 . y . ;,s, ansehen; vor allem aber zeigt der dorsale Teil des Seitenteiles am 1. v. s. durch ein
vorspringendes spitzes Eck eine aussergewöhnliche Ähnlichkeit mit der diapophyse des letzten
v. 1., wozu noch kommt, dass dieser noch eine Andeutung einer anapophyse besitzt und so lang
als der längste v. 1. ist, was;alles wohl so zu deuten ist, dass hier der normale letzte v. 1.
zum 1. v- s, und der letzte v.1 s. zum 1. v. cd. geworden ist. (Siehe Taf. III Fig. 10, 10 a!)
Das bisher Angeführte spricht demnach für die Richtigkeit der Ansicht, welche vor allem
Rosenberg vertritt, ein Beweis dafür aber, dass die von diesem angenommene Verschiebung
an der Grenze der Brust- und Halsregion in caudaler, an den anderen Grenzen aber in rostraler
Richtung erfolge, kann auf Grund meines Materiales nicht gebracht werden.
Es wurden aber auch zwei Fälle beobachtet, welche sich besser mit der Annahme einei
Einschaltung von Wirbeln erklären lassen. Canis niloticus 8 nämlich ist in Zahl und Ausbildung
aller Wirbel völlig normal, zwischen dem letzten v. th. und 1. v. 1. befindet sich aber ein überzähliger
Wirbel, der sich in seiner Grösse (13m:n lang) und Gesamtform zwar ganz seiner Umgebung
anschliesst, an dem aber die rechte diapophyse nicht wie sonst am 1. v. I, nach vorn,
sondern nur nach aussen gerichtet und die linke dick und stark, mit langer gebogener Rippe
verwachsen und nach aussen etwas hinten kaum unten gerichtet, also anormal ist. In ähnlicher
Weise ist Genetta dongalana 1 Taf. II Fig. 4, 4a. 5 im Ganzen normal, speziell auch am
letzten v. 1. und letzten v. s, Am Rostralende des sacrum befindet sich aber ein überzähliger,
etwas schief gewachsener Wirbel, dessen Körper, Neuralbogen und postzygapophysen nicht
mit den entsprechenden teilen des 1. v. s. verwachsen sind, während die Seitenteile ähnlich wie
sonst am 1. v. s. ausgebildet sind.
Es ist hier auch darauf zu verweisen, dass ja manchmal ein v. th. 1. zu wenig sich
findet, z. B. bei Cuon javanicus 2 a, Nyctereutes procyondlfes 1, ohne dass sonst sich Abweichungen
von den verwandten Formen oder Andeutungen finden, welche für eine . stattgehabte
Verschiebung der Grenzen ■ der Regionen sprächen, man könnte hier also eine einfache Aus