Auf Figur 97 (Stelle des Hensen’schen Knopfes) sieht man, wie die Primitivrinne
an dieser Stelle sehr tie f einschneidet und den Beginn einer Einstülpung (Cn auf Fig. 86)
darstellt. Die Zellen, welche von dieser Einstülpung betroffen werden, sind E k t o b l a s t zellen,
die gerade an dieser Stelle im Begriffe sind, sich zu Mesoblastzellen umzuwandeln.
Der am meisten ventral gelegene Teil jener tiefen Rinne setzt sich nun weiter nach
vorne (Fig. 96) in den Kopffortsatz (Chorda) in Gestalt eines kleinen Blindsackes fort,
der a lsU r d a rm (oder M e s o d e rm s ä c k c h e n ) aufzufassen ist und der vollständig homolog
ist den gleichen aber viel umfangreicheren Bildungen dieser Art bei den Reptilien.
Fig. 98. Schnitt durch die Mitte des P r im i t iv s t r e i f e n s.
Die Entstehung des M e s o b lä s t aus dem E k t o b l a s t , welches sich seitlich von
der Primitivrinne geradezu u m b i e g t und in das Mesoblast hineinwuchert, ist deutlich
erkennbar.
Aus der Mitte der Primitivrinne sieht man eine Zellenmasse (die nur als Mesoblast
angesehen, werden kann) emporquellen ( „ D o t t e r p r o p f ) . Dieser Vorgang, welcher sich
an diesem Präparat im Verlauf des ganzen Primitivstreifens beobachten lässt, ist sehr
wahrscheinlich gleichbedeutend mit dem Auftreten eines „ A x e n f a d e n s “ , wie ihn ältere
Autoren (Dursy, Kupffer) im Grunde der Primitivrinne beschreiben.
Übrigens ist diese Erscheinung nicht völlig konstant. Am häufigsten sah ich solch’
einen Dotterpropf in der Primitivrinne bei Sula-Embryonen, vermisste ihn aber auch bei
anderen Vogelarten nicht ganz. Von zwei gleichalterigen Embryonen kann ,der eine den
Propf sehr deutlich zeigen, während er bei dem anderen fehlt. Ebenso ist oft die Bildung
an einem Teil des Primitivstreifens deutlich sichtbar, während sie an einem anderen nicht
vorhanden ist.
Es will mir scheinen, dass das Emporquellen jener mesodermalen Zellmassen immer
die Begleiterscheinung einer ausnahmsweisen starken Wucherung des Primitivstreifen-
Ektoblast zur Bildung des mittleren Keimblattes ist; auch in dem vorliegenden Fall, bei
welchem die Zellen derart eingestülpt werden, dass die Ektodermränder des Streifens
nach innen umbiegen und auseinanderweichen, trifft das zu.
Figg. 99— 103. Fünf Abbildungen von Embryonen des F r e g a t t v o g e l s (Fregatta aquila L).
Vergrösserung etwa 13 mal.
Fig. 99. Ein noch sehr junger Embryo. Durchfallendes Licht.
Der P r im i t i v s t r e i f e n ist im Entstehen begriffen; er liegt zum grössten Teil in
der area pellucida, reicht mit . seinem hinteren Ende aber auch bis auf die area opaca
hinauf. Sehr eigentümlich ist die Form dieses jungen Primitivstreifens; er ist — namentlich
an seinem vorderen Ende — äusserst breit und eher als P r im i t i v p l a t t e als als
Streifen zu bezeichnen. Die innere, dunkler gefärbte Partie stellt die E k t o b l a s t -
verdickung der Primitivplatte dar, der äussere, etwas hellere Hof das in Bildung be1
griffene mittlere Keimblatt, welches ebenso wie bei allen übrigen Embryonen vom E k t o b
la s t aus seine Entstehung nimmt.
Fig. 100. Ein älterer Embryo. Durchfallendes Licht.
Der Primitivstreifen besitzt nun die auch bei den übrigen Vögeln übliche Gestalt;
am vordersten Ende zeigt er -eine beträchtliche Verdickung (Hensen’scher Knopf), an
welcher später die Einstülpung für den Canalis neurentericus stattfinden wird.
Eine Primitivrinne ist noch nicht aufgetreten.
Der Hof um den Primitivstreifen herum wird durch die Ausbreitung des Mesoblast
hervorgerufen. Die p e r ip h e r e n Grenzen des „Mesoblasthofes“ sind jedoch nicht sichtbar,
da die dünnen, d i s t a l e n Mesoblastpartien bei d u r c h fallendem Licht nicht zur
Geltung kommen.
Fig. 101. Embryo, an welchem das erste Ursegment sichtbar zu werden beginnt. Durchfallendes
Licht.
Die Primitivrinne ist vorhanden. Am vordersten Ende derselben befindet sich wieder
eine Einstülpung. Dieselbe ist auf diesem Präparat jedoch nicht deutlich sichtbar, weil
sie von der rechten Medullarfalte asymmetrisch bedeckt wird (siehe auch die Abbildung
von Diomedea auf Fig. 6).
Die C h o r d a (Kopffortsatz) ist vorne verbreitert. Rechts und links von ihr sind
zwei hellere Kreise bemerkbar; dieselben werden durch die vordere Partie der Medullar-
wülste verursacht, welche stark gewölbt und, von der Innenseite betrachtet, konkav erscheinen
(cf. Fig. 8 von Diomedea).