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Alle Rechte, insbesondere das der Uebersetzung, Vorbehalten.
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Universitäts-Buchdruckerei von Carl Georgi in Bonn.
Einleitung. Aufgabe der vorliegenden Untersuchung.
Die Phylogenie im grossen Stil, d.h. die Versuche, die Herkunft der h ö h e ren systema-über die
tischen Kategorien in der Organismenwelt festzustellen, haben, falls sie unter gehöriger Berück- thodik d
sichtigung aller in Betracht kommenden Instanzen ausgeführt sind, jedenfalls eine nicht zu unter- geschieh
schätzende Bedeutung. Diese Versuche geben nicht nur eine Art Bilanz unserer jeweiligen Kenntnisse
von dem allgemeinen genealogischen Zusammenhänge der Organismen ab, sondern durch
sie erscheinen auch wichtige morphologische Fragen in neuer Beleuchtung, neue Probleme und
neue Arbeitswege werden durch sie angebahnt. Bin ich somit weit davon entfernt, den Wert
solcher die Abstammung der grossen Hauptgruppen der Tierwelt behandelnden Arbeiten zu
verkennen, so müssen wir andererseits wohl zugestehen, dass bisher in ke in em Falle der genealogische
Zusammenhang zwischen den grösseren Kategorien, den Typen und Klassen,
wissenschaftlich unanfechtbar nachgewiesen ist. So wissen wir z. B. von dem Ursprünge der
Wirbeltiere — eine bekanntlich seit mehreren Jahrzehnten fieissig ventilierte Frage — oder
von demjenigen der Säugetiere — einem grade auf der Tagesordnung stehenden Thema — ungefähr
so viel, dass ein anti-descendenztheoretischer Mephistopheles ein gewisses Recht hätte,
uns vorzuhalten
„Und wollt ihr recht ins Innre gehen,
Habt ihr davon, ihr müsst es grad gestehen,
So viel als von Herrn Schwertleins Tod gewusst!“
Ja, eigentlich nur in den Fällen, wo die paläontologischen Quellen besonders ergiebig geflossen
sind, können wir uns rühmen, dem genetischen Zusammenhänge einzelner Familien oder —
ausnahmsweise — Ordnungen unter den Wirbeltieren, wenn wir unsere Betrachtungen auf
diese beschränken wollen, auf die Spur gekommen zu sein. Und in derThat: die einst so imponierenden,
reich verzweigten Stammbäume sind im Laufe der Jahre immer mehr zu Stamm-
,,Büschen“ verkümmert, deren jeder von einer Wurzel X ausgeht; oder mit anderen Worten: je
mehr sich unsere Kenntnis der anatomischen, embryologischen und paläontologischen Thatsachen
erweitert und vertieft, desto deutlicher werden wir in immer zahlreicheren Fällen gewahr, dass die
uns bekannten lebenden und ausgestorbenen Wirbeltiere nicht als Stammformen, sondern als
Seitenzweige einer .Ahnenreihe zu betrachten sind, dass sie sich nicht von einander ableiten
lassen, sondern ihrer Mehrzahl nach in einer gänzlich hypothetischen Urform ihren Ahnherrn
zu verehren haben. An eine gradlinige Ableitung einer Klasse, Ordnung etc^. von einem bekannten
Repräsentanten einer anderen Klasse, Ordnung etc. kann im allgemeinen nicht gedacht
werden; streng kritisch angelegte Forscher erhalten als Resultat ihrer Bemühungen oft nur
Zoologica. Heft 37. 1