Dann aber ist es ebenso sicher, dass sich der vordere und mediane Teil des Kopf-
fortsatzes mit dem u n te r e n K e im b la tt m isch t (wenn auch nicht in so grossem Umfange
wie ich es bei Sphenodon fand) und damit in dieser Gegend ein in d if f e r e n te s Gewebe darstellt,
von dem aus sich die beiden Blätter später allmählich wieder differenzieren müssen.
Dass dabei Elemente, die ursprünglich zum inneren Keimblatt gehörten, mit zur Vergrösserung
des mittleren Keimblattes Verwendung finden — und vielleicht auch umgekehrt — ist nicht
ausgeschlossen.
K e in e s fa lls findet die Bildung des Mesoderms durch „U n te rw a c h su n g “ statt,
ebensowenig wie dabei „ Z w is c h e n p la tte n “ (Will.) Vorkommen.
Den Mangel derselben ebenso wie die Sonderung des Entoderms und Mesoderms aus
einem gemeinsamen indifferenten Material hat übrigens V ö ltz k ow 1) bei Podocnemis mada-
gascariensis fast in genau derselben Weise gefunden, wie ich es bei Sphenodon beobachtet hatte.
Ich betone alle diese Befunde um so nachdrücklicher, als einige neuere zusammenfassende
Arbeiten2) auf dieselben noch nicht Bezug genommen haben. Ich glaube es aber
kaum, dass es fernerhin möglich sein wird, T h a ts a c h e n zu Liebe von th e o r e tis c h e n
Erwägungen zu übersehen. —
Sehr merkwürdige Verhältnisse zeigt der Dottersack des Chamäleon, und es wäre
wert, dass derselbe eine eingehendere Bearbeitung fände. Das, was ich bis jetzt an dem mir
vorliegenden Material beobachtet habe, ist folgendes:
In dem jüngsten meiner Embryonen war das Ei mit Ausnahme eines ganz kleinen
Dotternabels von dem äusseren Keimblatt bereits völlig umwachsen. Das ausserembryonale
E k to b l a s t bestand aus zwei Zelllagen, einer ä u s s e r e n , die sich aus grossen Zellen zusammensetzte,
(aki auf den Abbildungen) und welche die äussere Begrenzung der serösen
Hülle darstellt, und einer in n e r e n kleinzeiligen Schicht. (Vergleiche oben die Beschreibung
des Amnions!) D is ta lw ä r ts vom perilecitalen Spalt wird die Unterscheidung dieser beiden
ektoblastischen Zelllagen häufig aber schwierig.
Das in n e r e Keimblatt setzte sich als meist einschichtiges Epithel auch jenseits desEmbryofe
nalschildes fort, wobei seine Zellen allmählich grösser und reicher an Dotterkörnchen werden.
Während proximalwärts äusseres und inneres Keimblatt n ic h t fest aneinander gelagert
erscheinen, tritt darin weiter distal eine Änderung ein. Es findet sich dort nämlich eine
Stelle, an welcher einerseits äusseres und inneres Keimblatt d ic h t aneinander liegen, andererseits
letzteres auch mit dem darunter liegenden Dotter, bezüglich den Dotterzellen, in innigem
Zusammenhang stehen. Bis zu dieser Verlötung lässt sich die s u b g e rm in a le H ö h le verfolgen,
jenseits derselben aber nicht mehr; dagegen erscheint hier der p e r il e c i ta l e S p a lt
(psp. in Fig. 215—219).
D o r s a l wird letzterer von ziemlich grossen, stark vakuolisierten Zellen des in n e r e n
Keimblattes begrenzt (iki der Figuren 215—219). Der Kern derselben ist gleichsam in den
Strängen des protoplasmatischen Netzwerkes aufgehängt, während ausserdem in ihren Maschen
*) A. V ö l t z k ow . ■ Die Bildung der Keimblätter von Podocnemis madagascariensis Grand. Abh. Senkenberg.
Naturf. Gesellsch., Bd. XXVI, 1901 und A. V ö l t z k o w , Keimblätter, Dottersack und erste Anlage des Blutes und der
Gefässe bei Crocodilus madagascariensis, ebenda 1901.
2) K e i b e 1. Die Gastrulation und die Keimblattbildung der Wirbeltiere. Ergebnisse. Anat. u. Entwickelungs-
gesch. X. Bd. 1900. H. E. Z i e g l e r , Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschichte der niederen Wirbeltiere.
Jena 1902.
¿¡fèmlich grosse Dotterkügelchen sich vörfinden1). Dièse Entoblàstzellen gehen proximal ganz
allmählich in die Vorher erwähnten dotterreichen Zellen des ausserembryonalen inneren Keimblattes
über. 'Oberhalb derselben finden sich selbstverständlich noch die flachen Ektoblast-
¿hllen. V e n tr a l wird der Spalt' von aneinander gereihten D o tte r z e lte n eingefasst, die
einen gMsSëréh oder geringeren Reichtum an Dotterkügelchen aufweisen und die proximal,
wie gesagt, zwar mit den Zöllen des inneren Keimblattes verlötet sind, sich von diesen immerhin
aber doch unterscheiden lassen. -
• Bei Sorgfältiger Beobachtung' Sieht man, dass u n te r h a lb der blasenförmigen Ento-
Blastzel'len (iki) und o b e rh a lb der Dotterzellen Sich noch ganz flache, ihnen fest anliegende
Zellen (wz der F ig .H l5—219) vorfinden. Diese letzteren sind es also, welche die unmittelbare
Begrenzung deS^perilecitalen Spaltes- darstellen.
In n e rh a lb des''letzteren kommen noch in Reihen angeordnete und miteinander zusammenhängende
Zelten vör.2) Ich konnte mit Bestimmtheit nachweisén, dass aus diesen
späterhin am ö tlt-id e, einzelne Zellen werden (az in den Fig."’2ftl®219), welche den Spalt
erfüllen und sich in vorgeschrittenen Stadieni auch a u s s e rh a lb desselben beobachten lassen.
In der grôssëif Masse7 des Dotters selbst fand ich bereits in sehr frühzeitigen Ent-
wickelungsstadieh-'sehr grosse von derben Dotterkugeln ängefüllte D o tte r z e il en ¿Sowie mit
diesen vermischt viel kleinere) völlige dotterfreie Zellen. Ihre 1 weiteren Schicksale habe ich
nicht verfolgt.
Subgferminale Höhle und perilecitäler Spalt sind äfei-'durch die oben erwähnte Ver-
■famg von einander getrennt; die letztere entspricht derjenigen Stelle’ an welcher bei anderen
Reptilien der S in u s te rm in â te s entsteht. Ob das-auch bei Chamäleo der Fall ist, kann
ich'nicht entscheiden; denn sfettst bei meinem ältesten Embryp-konnte ich ein solches distinkteS
Ringgefäss nicht mit Bestimmtheit nachweisen.
In dém nâchstfolgendènÉJtâdiuin (Fig. 21|) -sind die Verhältnissei lm ganzen dieselben
gèblieben, nur findet Sich zwischen dem äusSeren und inneren Keimblatt bereits ein ein-
Rhichtiges M e s o b la s t, das sich bis in die Gegend der Verlötung erstreckt.
Bald darauf gewahrt man (Fig; 217), dass sich letzteres in zwei Lamellen zerlegt hat,
und in der unteren derselben sieht man- berèits wohlaüsgebildetê Blutgefässe, die sich zum
Teil t ie f zwischen die Zellen des sie umgebenden unteren Keimblattes èinlàgern. W ir haften
d em n a ch also" in e in e nW S tad ium , b e i dem sich d e r V o rd e rs te AbSiShnitt • d es
K o p f fo r ts a tz e s d e s m ittle r e n K e im b la tte s zwar ischon m it dem u n te r e n Ke im b
l a t t v e rm is c h t h a t, in w e lch em a b e r no ch k e in U rd a rm a u fg e tr e te n is t, (das
a lso n a ch d e r g ew ö h n lic h e n A u ffa s s u n g s ich no ch n ic h t in d e r G a s tru la tio n
b e fin d e t) b e r e i ts B lu tg e f ä s s e u n d d a r in weit e n tw ic k e lte 7," f a s t re ife B lu tk ö r-
p e r chen.
In dem auf Fig. 218 abgebildeten Embryo, bei welchem der Urdarm schon unten durchbrochen
war, sind die Blutgefässe viel reicher ausgebildet; dieselben haben dabei gleichzeitig
dasfintoblast, in welchem siei gleichsam eingebettet sind, v o r s ic h h e r g e d r ä n g t und
d is ta l von d e r v o r h e r e rw ä h n te n V e r lö tu n g s s te lle a u s g e s tü lp t. Hand in Hand
■) Ganz ähnliche Zellen bildet H. V i r c h o w in seiner Arbeit über das Dotterorgan der Wirbeltiere (Archiv für
Mikr. Anat., Bd. 40, 1892) von Lacerta in Fig. 36 ab.
a) Wie sie auch H. V i r c h o w in der eben erwähnten Arbeit auf Fig. 36 abbildet.