Da die Tasche sich nicht mit ausstülpt, so ist bei Euploea auch kein so langer Endmuskel
(m^ zum Zurückziehen nötig. Weil aber in der Ruhelage des Duftorgans, wie schon gesagt,
die Tasche (ta) etwas nach abwärts geneigt ist, so weist auch hier der erschlaffte Muskel
mehrere Biegungen auf [Taf. V] (Fig. 15 mx und ta).
Der Hauptabschnitt des Duftorgans bietet oben (g) dem Blutdruck eine ziemlich breite
Angriffsfläche dar. In ihm finden wir auch die eigentlichen Dufthaare. Sie sitzen in fest sie
umschliessenden Alveolen [Taf. V] (Fig. 17, bal). Die darunterliegenden Drüsenzellen (hdr)
werden auf dieselbe Weise ernährt wie die in der Nebentasche. Die Haarschuppen besitzen
an ihrem basalen Teile eine solide Chitinwand mit regelmässig angeordneten. Längsleisten
(Fig. 20). Weiter nach der Spitze zu wird die Wandung zarter, und an die Stelle der Leisten
treten unregelmässig angeordnete Vorsprünge (Fig. 21 und 22, vo). Jeder von ihnen scheint an
der der Schuppenspitze zugekehrten Seite eine feine Öffnung (o) zu tragen, durch welche das
Sekret zum Austritt gelangt. In seinem basalen Teile besitzt das Haar einen Mittelcanal; nur
an der Wandung anliegend findet sich Maschenwerk (Fig. 20). Der Spitzen teil des Haares ist
aber ganz mit solchem erfüllt (Fig 21).
Auffällig sind kleine schmutziggelbe Krystalle (ks) des regulären Systems, meistens
Oktaeder, die sidh im Innern jedes Haares vorfinden, und zwar im basalen Abschnitte grössere
(Fig. 20), in der Spitze kleinere (Fig. 21). Jedenfalls haben wir es hier mit dem Sekret zu thun,
das durch den Konservierungsalkohol oder eine der bei der Präparation angewandten anderen
Flüssigkeitei) ausgefällt wurde.
Dass die Krystalle sich noch in den Spitzen der Haare finden und dass sie dort kleiner
sind als in der Basis ist ein Beweis dafür, dass das Sekret in den Haaren emporsteigen und sich
dabei durch Austreten aus Öffnungen derselben allmählich vermindern muss.
Zusammenfassung.
A u riv illiu s (19) teilt die Duftschuppen folgendermassen ein:
1. Federbuschschuppen,
2. Spitzschuppen,
3. Haarschuppen,
4. Gliederschuppen,
5. Fächerschuppen,
6. Blasenschuppen,
7. Punktschuppen.
An der Hand der ausgeführten Untersuchungen ergibt sich nun, dass für die Duftschuppen
der Lycaeniden der Name „Blasenschuppen“ als auf falscher Anschauung beruhend
in Wegfall kommt und an seine Stelle etwa die Bezeichnung „Löffelschuppen“ treten könnte.
Ferner wäre als eine neue Gruppe die der „Porenscbuppen“, wie wir sie bei Euploea und
Eurema finden, anzufübren.
Die dargelegten Untersuchungen lassen uns weiterhin Schlüsse ziehen auf die phylogenetische
Entwickelung der Duftorgane.
Letztere sind merkwürdig regellos verteilt. Während sie bei einer Art oder Gattung
Vorkommen, fehlen sie einer nahe verwandten. Dies zeigt sich z. B. bei den Lycaeniden. Pieris
napi hat ein ganz anders ausgebildetes Duftorgan als der nahestehende Colias edusa. Euploea
hat ähnlich gebaute Duftschuppen wie die zu den Pieriden gehörige Eurema. Beinpinsel finden
sich bei Hesperiden und den weit im System von ihnen entfernten Noctuen und Microlepidopteren.
Danais und Euploea besitzen ähnliche Bauchpinsel wie die Sphingiden. Ja, fassen wir weitere
Kreise ins Auge, so finden wir, dass sogar bei gewissen Trichopteren (33,40) und Coleopteren (41)
Duftorgane zur Ausbildung gelangt sind, während sie vielen Schmetterlingsarten ganz fehlen.
Aus alledem ergibt sich, dass sich die Duftorgane bei den verschiedenen Gattungen
oder Arten unabhängig nebeneinander entwickelt haben, dass man also von dem ähnlichen
Bau derselben nicht auf nahe Verwandtschaft der betreffenden Arten schliessen kann.
Es lässt sich wohl annehmen, dass sich Männchen und Weibchen einer Art durch den
Geruch erkannten, der ursprünglich vielleicht durch alle Hypodermiszellen erzeugt wurde. Auf
diesem Standpunkte sind die Schmetterlinge stehen geblieben, die keine besonderen Duftorgane
aufweisen. Bildeten sich nun bei gewissen Männchen diese Hypodermiszellen an irgend einer
Körperstelle besonders gross aus, so waren diese Tiere im Vorteile vor ihren Mitbewerbern.
Durch .fortgesetzte Zuchtwahl gelangten dann die Duftorgane zu immer vollkommenerer Entwickelung.
Zoologica. Heft 38. §'