Ich sehe an dieser Stélle von einer eingehenden Besprechung der Schädelentwickelung
bei Sphenoden ab und verweise auf meine im vorigen Jahr darüber erschienene Arbeit1)
sowie namentlich auf die beigefügten Abbildungen (Taf. I—III). Nur einige wenige Punkte
möchte ich hier noch kurz berühren.
Unmittelbar rostral von der Ohrkapsel bemerken Sie an den Modellen zwei kräftige
Knorpelstücke, welche anfangs von der Labyrinthregion durch einen breiten Spalt getrennt
sind und erst später in geringem Umfange an ihrem dorsal kaudalen Rande mit der Ohrkapsel
verschmelzen. Ventral hängen sie zwar auch beim jüngsten Embryo bereits mit den Parachordalien,
genauer gesprochen mit derjenigen Portion derselben, welche später zum Basi-
sphenoid wird, zusammen, es sind jedoch Anzeichen vorhanden, dass sie in jüngeren Stadien
von diesen getrennt gewesen sind und zwar an einer Stelle, welche durch die Austrittsöffnungen
der Nerv. V, VI und VII bezeichnet wird. Ich habe diese Knorpelpartien A lis-
p h e n o id e a genannt.
Von ihnen unterschied ich zwei kleinere, weiter rostral gelegenen Knorpellamellen,
welche das Gehirn ebenfalls lateral und gleichzeitig die Orbita kaudal begrenzen. Ich be-
zeichnete sie als O rb ito s p h e n o id e a , ohne aber mit Bestimmtheit sagen zu wollen, dass sie
auch völlig den sonst mit diesem Namen belegten Knorpel- oder Knochenstücken homolog sind.
Von den Alisphenoidea sind sie durch ein grösseres Fenster getrennt, welches in späteren Stadien
noch umfangreicher wird, Sodass dann Nerv. IV und III durch dasselbe hindurchtreten, während
letzterer anfangs noch durch den verbindenden Knorpel seinen Weg nahm. Dorsal steht
das Orbitosphenoid mit dem Alisphenoid durch eine dünne Knorpelspange in Verbindung,
während es ventral von dem Septum interorbitale und an seiner am meisten ventral-kaudal
gelegenen Partie von der unteren Trabekel deutlich getrennt ist und erst später auch hier
verschmilzt.
Ich will hinzufügen, dass die von mir als Ali- und Orbitosphenoidea bezeichneten
Knorpelpartien zu sam m en in ihrer Lage fast genau mit den von Sewertzoff bei Pristiurus
und Acanthias beschriebenen Alisphenoidplatten übereinstimmen2).
Sehr merkwürdig ist das Verhalten des Q u a d ra tum s . Sie sehen, wie dasselbe nicht
nur im u n m it t e lb a r e n Z u s am m e n h a n g m it d e r Co lum e Ila s te h t, sondern wie es
sich auch noch weiter rostralwärts von dieser a u f d a s P t e r y g o id u n d d a n n aü f da s
T r a n s v e r s um e r s t r e c k t .3) Von der Nasenkapsel her kommt ihm der lange, in
älteren Stadien oftmals mehrfach geteilte Processus maxillaris posterior entgegen, und Spheno-
don nähert sich daher hierin einem Zustande, wie er sich in dem geschlossenen Knorpelbogen
bei Ranodon z. B. vorfindet. Durch das Auftreten je eines besonderen Knochenkerns im
kaudalen Teil des Quadratums und der Columella entstehen dann später aus dem ursprünglich
einheitlichen Knorpelstück zwei g e s o n d e r te Knorpelknochen, an die sich rostral die
*) H. S c h a u in s l a n d . Weitere Beiträge zur Entwickelung von Hatteria (Skelettsystem, schallleitender Apparat,
Hirnnerven etc.). Arch. Mikr. Anat. Juli 1900, Bd. 57.
2) Vergleiche: A. N. S e w e r t z o f f . Die Entwickelung des Salachierschädels. Festschrift zum 70. Geburtstag von C.
V. K u p f e r 1 899.
8) In meiner Arbeit im Arch. Mikr. Anat. Bd. 57 1900 hatte ich statt Transversum Palatinum gesagt; ich korrigiere
dieses hiemit. Vergleiche auch das Referat von E. G au pp im Zool. Zentralblatt 1901 No. 5/6, in welchem diese Korrektur bereits
aufgenommen wurde.
dauernd knorplig bleibenden P ro c . p te ry g o id e u s und tr a n s v e r s a lis anschliessen, wie Sie
es an den beiden älteren Modellen sehen können.
Um nochmals auf den P ro c e s s u s m a x illa ris p o s te r io r zurückzukommen, so kann
derselbe, wie eben erwähnt, statt distal als einfacher, runder Knorpelstab zu enden, in späteren
Stadien an dieser Stelle in verschiedene Fortsätze geteilt sein. So können Sie ihn auch bei
dem ältesten Modell in Gestalt von d re i Lappen sehen (Fig. 16), von denen der eine rostral,
die beiden ändern kaudal verlaufen. Von diesen letzteren liegt der eine etwas mehr dorsal,
der andere, welcher von den dreien der bei weitem lä n g s te ist, dagegen ventral und reicht
mit, seinem distalen Ende noch ein Stück ü ber, den äussersten rostralen Ausläufer des Iu g a le
hinweg. — Sind alle Schädelknochen ausgebildet, so liegt der knorpelige Processus maxillaris
posterior förmlich eingekeilt zwischen dem Maxillare superius, Praefrontale, Palatinum und
Iu g a le (n ich t Postorbitale, wie es auf pag. 818 meiner Arbeit im Arch. mikr. Anat. in
Folge eines Druckfehlers heisst.)
Durch das Modell des jüngsten Embryos wird auch der direkte Zusammenhang des
Zungenbeins und zwar des ä u s s e r e n Horns desselben mit den s c h a llle ite n d e n S k e le ttte ile n
deutlich demonstriert; Sie können daran verfolgen, wie der Z u n g e n b e i n b o g e n d u rc h die
s o g e n a n n t e E x t r a c o lu m e l la u nm itte lb a r ü b e rg e h t in die C o lum e lla a u ris o d e r
d e n S ta p e s . Höchst bemerkenswert ist dabei das Verhältnis desjenigen Teiles des Extracolu-
mella, welches sieh an das Quadratum lehnt, also des I n s e r t io n s te i le s d e r E x tr a c o lu -
m e lla m it dem Q u a d ra tum . In jüngeren Stadien ist derselbe vom Stapes noch a b g e g lie d e rt
und entspricht wohl — zum grössten Teil wenigstens — dem P ro c e s s u s in te rn u s bei Lacerta.
Es gelang mir nachzuweisen, dass d ie s e r I n s e r tio n s te il in d e n jü n g s te n S ta d ie n au s
zwei g e s o n d e r te n S tü c k e n a n g e le g t w ird , von d e n e n das d o r s a l-k a u d a le sich
no ch in u nm itte lb a rem k n o rp e lig e n Z u sam m en h an g mit dem Q u a d ra tum be f
in d e t, während sich später an dieser Stelle eine gelenkige Verbindung ausbildet. Es sind
das äusserst merkwürdige, bei keinem anderen Reptil bis jetzt beobachtete Erscheinungen,
welche es ermöglichen, in dieser Hinsicht eine. Brücke, von den Amphibien zu den Reptilien
zu schlagen, (cf. Figg. 1—4 und 10 a, b und 14.)
Ich möchte dann Ihre Aufmerksamkeit noch auf das S q u am o sum lenken (Figg. 1, 4, 7).
Sie sehen, wie sich von der ursprünglich rhombischen Platte desselben schliesslich v ie i lan g e
F o r t s ä t z e entwickeln, von denen namentlich der am meisten kaudal gelegene sowohl wegen
seiner Länge als auch aus dem Grunde bemerkenswert ist, dass er, wie Sie sich durch den
Vergleich mit dem danebenliegenden Schädel eines alten Sphenodon leicht überzeugen können,
später wieder reduziert wird und bei dem erwachsenen Tier fast vollständig fehlt.
S e h r b e a c h te n sw e rt ist a u ch da s V e rh alten des S q u am o sum s zum Quadratum
(Figg. 1,4,7,10—15). In den jüngsten Stadien legt sich ersteres dem letzteren nur ob e rflä c h lic h
an; dann aber entwickelt sich im Squamosum eine G e le n k p fa n n e , welche den Kopf des
dorsal-kaudalen Teils des Quadratums umfasst. Eine ähnliche nur schwächer ausgebildete
Gelenkpfanne findet sich auch am Quadrato-Iugale, in welche der ventral-kaudale Abschnitt des
Quadratums hineinragt. Diese g e le n k ig e V e rb in d u n g zwischen dem Quadratum und Squamosum
s c hw in d e t später aber vollständig; das letztere umwächst nämlich den dorsal-kaudalen Qua-
dratum-Kopf, und ausserdem bildet sich an diesem ein kleiner Knorpelfortsatz aus, welcher in eine
Vertiefung des Squamosum hineinragt und die Beweglichkeit dieser Skelettteile unmöglich macht.