wegen der nach eingeführter Ordnung spät gestatteten Ehen,
nicht so beträchtlich, als sie seyn könnte, und die Gemeinde
wird, theils durch das Kränkeln und Sterben der unverehlich-
tèn Schwestern, theils durch schwere Geburten der ältlich ver-
heyratheten Frauen manches- nützlichen - Mitgliedes beraubt. Indessen
leben alle Einwohner liier, seitdem sie an das Clima gewöhnt
sind, gesund, und scheinen mit ihrem Wohnplatze und
Schicksale sehr zufrieden. - Alle Familien haben hinlängliche
Viehzucht und kleine Gärten an der Sarpa herauf, welche mit
vieler Arbeit, durch Abgrabung des Randes der hohen Steppe
angelegt wérden. Bey deren Anlegung wird die obere Sandmergellage,
mit den darunter liegenden Thonlagen und eingemischten
Kalkmergeladern, durch einander gestürzt und in die Sarpa
hinein gedämmet, wo das Üfer mit Flechtwerk befestiget wird.
Die Salzhaftigkeit des Bodens, welche der Cultur schaden könnte,
wird bald durch das Regen- und Schneewasser, durch künstliches
Bewässern und durch das Anspülen der Sarpa ausgezogen,
und das gemischte Erdreich dadurch zu allen Gartengewächsen,
zum Tabaksbaue, zu Fruchtbäumen und zum We in baue geschickt.
Mit le t z t e rm haben verschiedene Einwohner einen guten
Anfang gemacht. Besonders verdient der am Ufer des Mühlenteiches
der Sarpa angelegte Weingarten des verstorbenen
Doctors Wi e r , dessen Wittwe ihn noch' besitzt, dann der
Weingarten des gewesenen Apothekers Herr Me l c h i o r Ni t s ch-
mann, und als die stärkste Anlage der Garten des jetzigen,
verdienten und freundschaftlichen Arztes der Colonie, ‘ Herrn
D. S e y d e l , erwähnt zu werden. Letzterer hat das gröfste Gartenstück
am rechten Ufer der Sarpa mit grofsen Kosten angelegt,
ist in Besorgung desselben unermüdet, und besitzt gegenwärtig,
aufser einem starken, mit mehr als tausend tragbaren Reben bepflanzten
Weingarten, einen Obst-: und Küchengarten und, als
eine besondere Merkwürdigkeit dieser Gegend, ein beträchtliches
Lustwäldchen von Birken, die er hier aus dem Samen zog.
Seine Reben sind in Bogengängen, die auf einem mittäglichen
Abhänge liegen, gezogen und geben ihm einen guten, weifsen
und röthlichen Wein. Er hat auch zu einem angehenden Seidenbaue
eine ziemliche Maulbeerpflanzung gezogen. Elaeagrus
latifolia überwintert bey ihm im Lande ohne Bedeckung. Nur
Schade, dafs es den Gartenliebhabern liier noch an guten Sorten
von Kirschen, Pflaumen und andern südlichen Früchten mangelt,
die sie sich durch fremde Pfropfreiser verschaffen sollten.
Den besten, einem Champagner sehr ähnlichen Wein macht
hier der oberwähnte Herr N i t s c hma n n , ein unermüdeter Kräuterliebhaber
und Kenner. Er giebt sich aber auch bey dem Keltern
aufs er ordentliche Mühe. Er läfst nämlich die weifsen Ungarischen
Trauben seines wohlgelegenen Gartens von den Stielen
pflücken, nimmt den Ausbruch davon besonders, dessen er
jährlich ungefähr 12 Eimer erhält, und keltert das Übrige, mit
einem Zusatze von Wasser, zu Säuerling und Essig. Er hat beobachtet,
dafs wegen des mächtigen Triebes der tiefgewurzelten Weinstöcke,
in diesem heifsen Clima, die Reben nicht auf wenige Augen,
sondern auf zehn, zwölf, ja fünfzehn Augen geschnitten werden
müssen, weil die untern Augen gemeiniglich keine Trauben, die