ist, nicht vor den Eltern sehen lassen. Der Mann besucht seine
junge Frau auch so lange noch immer heimlich, durch das Stubenfenster;
und zeitlebens ist er nie gegenwärtig, wenn seine
Frau von Fremden besucht wird, hört so gar nicht einmal gern
von seiner Frau und Kindern reden und hält es für eine Beleidigung,
wenn man sich nach dem Befinden seiner Frau erkundiget.
Nach der ersten Niederkunft giebt erst der Vater seiner
Tochter die volle Mitgabe, nimmt ihr bey einem desfalls
abgelegten Besuche die Mütze ab, die sie als Mädchen trug
und legt ihr das Schleyertuch an, welches sie nachher tragen
mufs.
Die Erziehung der fürstlichen Kinder ist bey diesem Volke
von der Art, dafs sie alle Empfindung der Blutsverwandtschaft,
von dem zartesten Alter an, ersticken mufs. Sehne und Töchter
der Fürsten werden so bald, als sie geboren sind, einem der
Edelleute, oft nicht einem der reichsten, zur Erziehung übergeben,
und die. Eltern, sonderlich der Vater, sieht den Knaben
nicht eher wieder, bis er erwachsen und die Waffen zu führen
fällig ist; die Mädchen aber nicht eher, als nach der Heirath.
Der Erzieher mufs für alles sorgen, führt den Knaben, wenn
er heran wächst, zu allen Räubertugenden, welche diese Ritterschaft
schätzt, an, bewaffnet ihn, wenn er Waffen zu führen
stark genug ist, und stellt ihn dann dem Vater vor. Der Zögling
belohnt seinen Pflegevater dadurch, dafs er ihm von aller
Beute, die er machen kann, den gröfsten Antlieil giebt. — Die
Mädchen werden, um recht schmächtig zu seyn, auf das kümmerlichste
ernährt, weil eine zärtliche, schlanke Figur mit dem
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Range einer Fürstinn unzertrennlich ist. Sie werden zur Sticke-
re y , zum Bortenweben, Kleidernähen, Strohmatten- und Körbchenflechten
und andern weiblichen zierlichen Hausarbeiten angeführt.
Der Erzieher sorgt auch für ihre standesmäfsige Ver-
heirathung und mufs. einen Bräutigam gleiches Ranges für sehie
fürstliche Pflegetochter wählen, wenn er nicht den Kopf verlieren
will.
Die sonderbare Weise der Tscherkessischen Vornehmen,
mit ihren Weibern fremd zu tlrun, abgesondert von ihnen zu
leben und die Kinder bey Fremden erziehen zu lassen, scheint
allerdings einige Ähnlichkeit mit der Erzählung zu haben, welche
S t r a b o im z w e y t e n B u c h e von der Gemeinschaft der Garga-
renser mit den Amazonen giebt. Wenigstens passen sich die
Erzählungen von den Amazonen auf keines von den Caucasi-
schen Völkern besser, als auf die Tscherkessen, wenn es nur
bewiesen werden könnte, dafs sie so uralte Bewohner dieses
Gebirges sind, oder angenommen wird, dafs sie mit jenen Völkern
des S t ra b o in spätem Zeiten zusammen geschmolzen sind.
Da der T e r e k vormals unstreitig nordwärts, ungefähr in der
Gegend B e s c h tam a k , wo sich die fünf Flüsse U r u c h , T s c h e -
r e k , T s c h e g em , B a k s a n und M a lk jetzt nach und nach zu
ihm gesellen, seinen Ausflufs in die sonst mit dem Asowschen
Meere zusammenhängende Fortsetzung des Caspischen Meeres
gehabt hat, und auch ein Bach M e rm e d i li weiter oben in
denselben fällt, so könnte man hier ganz ungezwungen den
Merino das oder Mer modalis des S tra b o zu finden glauben,
der die vormaligen Amazonen von den Gelen (vielleicht G a lg a i)