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Zigeunersprache die gröfste Ähnlichkeit hat, pflegen sich alle
Abende vor dem Götzendienste in der Wolga zu waschen. Beym
Untergange der Sonne versammeln sie sich, weil jetzt kein besonderes
Betzimmer eingerichtet ist, in dem Wohnzimmer ihres
Götzenpriesters, der auch jetzt kein ordentlicher Braman, sondern
ein De rwi s c h ist. Hier ist die schwebende Pagode, wel-
0- che die beyden K u p f e r t a f e ln 8- und g. vorstellen, seinem
Lager gegen über, in der Ecke, rechts vom Eingänge aufgehängt.
Alles sähe jetzt so wohl liier, als in den Zimmern der noch bey-
sammen wohnenden vierzig Indianer, viel armseliger als vormals
aus, nachdem ein Theil dieser Indianer sich von der Genossenschaft
abgesondert und zu Bürgern der Stadt As t r a ch an hat einschrei-
ben lassen, um ihre Committenten in Indien zu bevortheilen.
Es war auffallend, dafs der D e rw i s c h nicht, wie ich es
vormals sähe, in ganz weifsem Gewände und weifsem Bunde
(welche Kleidung ein Vorrecht der Bramanen zu seyn scheint),
sondern in einem tuchenen, zugeknöpften Brustlätze, langen wei-
fsen Beinkleidern, und in einem über die Beinkleider herabhängenden,
röthlichen Hemde, den Dienst verrichtete. Er hatte auch nicht,
wie alle übrige Indianer, den Kopf geschoren, sondern trug
kurze Haare und über der Nasenwurzel einen runden, zinnober-
rothen Fleck; dagegen die übrigen Indianer bis auf einen Scheitelschopf
beschoren, und meistens auf der Stirn mit irgend einem
Indianischen Character, den sie sich nach dem Bade mit Kurkuma
malen, bezeichnet sind.
Den Anfang schien der dienstverrichtende Derwisch mit
stillen Betrachtungen und Gebeten zu machen. Man bat uns
unsere Schuhe entweder, wie alle andere, auszuziehen oder wenigstens
zu reinigen, um mit auf den erhöhten Absatz der
Stube, wo die Betenden sich hinstellen, treten zu können.
Einige der Indianer legten Melonen oder andere Früchte, neben
der Pagode, auf die Erde hin. Der D e rw i s c h stellte sich nun
vor den Götzenschrank, auf welchem vorn eine Reihe Kerzen
brannte. Neben ihm stand zur Linken, auf einem Tischchen
(Plat te 9.) eine grofse Lampe voll Talg mit zwey Doch-Platte 9.
ten welche Tag und Nacht brennend unterhalten wird. Der
gleich darüber, an der Wand hängende Spiegel wurde umgekehrt.
Auf dem Boden lag zur Rechten ein metallenes Becken,
mit einem halb darüber liegenden Präsentirteller, und auf der
Linken ein Paar so genannte Janitscharenteller und zwey kleinere
Klangschalen, wie sie von den Kalmückischen Pfaffen gebraucht
werden. Vor ihm, gleich unter dem schwebenden Götzenschranke,
stand ein Tischchen mit einem kleinen Räncher-
fäfschen, und einer besondern Lampe zu fünf Dochten.
Nunmehr gieng der laute Götzendienst an. Ein Indianer
ergriff die Schnur der neben dem Götzenschranke hängenden
Glocken, und zwey andere nahmen kleine Klangschalen in die
Hände. Alle sangen unter dem tactmäfsigen Klange der Glocken
und Schalen eine ziemlich harmonische Litaney mit, welche der
D e rwi s ch , mit einer der Lamaischen ganz ähnlichen Priesterglocke
in der linken Hand klingelnd, anstimmte. Während der
ersten Abtheilung dieses Lobgesanges an die Götzen, nahm dieser
das Rauchfafs zur Hand, warf Kopal darauf und räucherte
damit vor den Götzen, bald aufwärts, bald niederwärts und im
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