So bald die Weinstöcke entblöfst sind, so mufs das Aufbinden
der Reben vorgenommen werden. Man gebraucht dazu
die Schnur von aufgedrehten Tauen, welches keine geringe
Ausgabe macht. Lindenbast ist nicht stark genug, um die mäch-
lig rankenden Reben fest zu halten, besonders wenn im Sommer
starke Seestürme herrschen.
So bald diese zwey Geschäfte vollendet sind, so mufs,
nach der Beschaffenheit des dasigen dürren Klima und Bodens,
die Bewässerung der Gärten erfolgen. Meinem Bedünken nach
macht die flache Bewurzelung der Weinstöcke, die eine Folge
der beständigen, vom ersten Einsetzen der Reben an gebräuchlichen
Bewässerung i s t , eben diese Bewässerung auf immer
nothwendig. Wenn jemand den Versuch machte, auf den mehr
sandigen und feuchten Hügeln an der Westseite der Wolga, in
einer guten Lage, einen Weinberg mit tief eingelegten Reben
im Herbste zu pflanzen, die vom Anfänge an unbewässert wachsen
müfsten, so glaube ich, es würde sich zeigen, dafs der
Weinstock tiefer wurzeln und ohne Bewässerung auch hier gedeihen
könnte, so grofs auch immer die Sommerhitze ist. —
Der Wein würde alsdannn gewifs feuriger und besser, als aus
den jetzigen wässerigen Trauben ausfallen, besonders wenn
man die Weinstöcke im Schnitte niedriger hielte. Die Bewässerung
aber macht, wegen des mächtigen Triebes der allzu saft-
reichen Reben, das Langschneiden nothwendig und verursacht
dadurch den gröfsern Aufwand an Spalierholz:, Arbeitslohn,
Mühlen u. s. w. Die Ungarische Art, den Weinstock in einen
Knorren zu ziehen, der mit mehrern kurzen Reben aufschlägt,
und die Bedeckung im Winter erleichtern würde, möchte zu
einem Versuche, trockene Weinberge anzulegen, hier am rath-
samsten seyn. — Indessen ist jetzt kein Weingarten hier, ohne
eine oder mehrere Windmühlen, oder mit Ochsen und Pferden
getriebene Künste, die das Wasser heben, womit dieselben vom
Frühlinge an, bis in die Mitte des Julius, wenigstens sieben Mal
bewässert und beynalie zum Moraste gemacht werden. Diese
starke Bewässerung, und der durch das Eingraben beförderte
frühe Trieb des Weinstockes, veranlafst das frühe Reifen der
Trauben und macht deren Beeren grofs und ansehnlich, dafür
aber den Wein desto schwächer. — Bey den jetzt vorhandenen
Weingärten, die an das Bewässern gewöhnt und daher flach
bewurzelt, auch auf sehr dürren Hügeln angelegt sind, ist frey-
lich jetzt keine Abänderung dieses Verfahrens mehr möglich.
Wird selbigen die Bewässerung, an welche sie gewöhnt
sind, entzogen, so leiden die Trauben und der Stock selbst.
In der Bewässerungszeit wird auch fleifsig das Unkraut in
den Weingärten, vermittelst der Schaufel, ausgerottet. Gemeiniglich
geschieht dieses zwey Mal; zuerst wenn der Wein blühet,
und dann wenn er verblüht hat. Das gewöhnlichste Unkraut
ist wilder Salat ( Lactuca querna), Hanf, Sisymbrium Iris, Loeselii,
Sophia, und altissimum, Thlaspi bursa; welches die Armenianer zu
ihrem Frühlingskohle- gebrauchen; Lepidium perfoliatum und ru-
derale, ingleichen Sinapis rubella, die einen guten Frühlingssalat
geben, Cynanchum acutum, Convolvulus terrestris, Lainium multiji-
dum, Glechoma, Astragalus plysodes, einige Salsolae, Zygophyllum
Fabago, Harmala, Scorzonera runcinata, Ranunculus falcatus,