bemerkt, und nach des Herrn Hofraths und Doctors Me y e r Beobachtungen
war im Jahre'1792 die mittlere Warme des ganzen
Sommers nicht völlig 15° und die mittlere Temperatur des ganzen
Winters 54 ° Wärme. Bey dieser Temperatur kommen auch
alle Früchte liier sehr gut fort. Dieses hat ebengedachten Herrn
Hofrath veranlafst, auf einem 25 Werste von Saratöf angelegten
Meyerhofe (Ch u t o r ) einige Tausend Fruchtstämme aus dem
Kerne zu ziehen. Diese mit guten Sorten zu pfropfen, hatte er
aus dem Churfürstlichen Hannövrischen Lustgarten zu Herrenhausen,
mit der Post, Pfropfreiser von zehn Sorten der besten
Äpfel, fünfzehn Sorten Birnen, acht Sorten Kirschen, sechs Sorten
Pflaumen, ingleichen Pfirschen und Apricosen kommen lassen,
die sämtlich frisch ankamen, und im folgenden Sommer,
wie ich aus dessen Zuschrift nachmals mit Vergnügen ersehen
habe, vollkommen gut angeschlagen sind. Auch der Maulbeerbaum
würde auf dén unterhalb Saratof gelegenen Colonien überall
fortkommen, wenn die Colonisten dazu auf gemuntert und
ihnen Samen zu Anziehung von Baumschulen, nebst einer kleinen
Deutschen Anweisung zum Seidenbaue ausgetheilt würde,
und die Prediger zur Empfehlung der Seidenzucht das ihrige bey-
trügen.
Ich glaubte in Sa r a t o f schon den Frühling bewillkommen zu
können; statt dessen fand ich hier alles mit tiefen Schnee bedeckt,
und den Frost, der sich, nach der im Februar herrschenden gelinden
Witterung, wieder eingestellt hatte, so anhaltend, dafs
ich noch die Schlittenbahn nützen zu müssen glaubte, um den
Winterweg auf dem Eise des Wolgastroms bis Zarizyn gebrauchen
zu können. Ich verweilte also nur zwey Tage in Sa ra tof , und
trat den. 14ten März die weitere Reise, abwärts gegen Z a r i z y n
auf dem Fast einer Elle dicken Eise der Wolga an.
Bis S in en k i (40 Werste) geht der Winterweg längs dem
gröfsten Theils bergigen rechten Ufer (Na g o r n o i Be reg) , theils
auf dem Strome selbst, theils auf Nebenarmen. An der Mündung
des Baches T r e s t s c h i c h a waren frische Pferde für uns in
Bereitschaft. In S in en k i , welches jetzt durch neue Ansiedler
aus dem Lomofschen, Naroftschatischen und andern Kreisen der
Pensischen und Tambofschen Statthalterschaft, bis auf 900 Seelen
vermehrt worden ist, blieb ich die Nacht. Durch eine solche neue
Bevölkerung hat die Saratofsche Statthalterschaft *) seit ungefähr
zehn Jahren viele Dorfschaften erhalten, die in verschiedenen
Gegenden angesetzt worden sind, seitdem durch Vermessung der
Ländereyen den alten weitläufig wohnenden Ortschaften die überflüssigen
Ländereyen abgeschnitten worden sind.
Den 15ten mit Anbruch des Tages fuhren w ir , noch auf der
Wolga, bis zu der Deutschen Colonie So sno fk a (7 Werste). D e u t s c h e
Von liier war der Postweg, seitdem das letzte Thauwetter das Colonlen-
Eis auf dem Strome unsicher gemacht hatte, landwärts über die
Colonien verlegt worden. S o sn o f k a ist lutherischer Religion
und hat sich selbst eine kleine Kirche gebauet, will sich auch,
in Gemeinschaft mit T a l o f k a einen eigenen Prediger halten,
*) Nach der neuen Eintheilung des Russischen Reichs in Statthalterschaften
, war diese aus einem Theile des Kasanischen und Astrachanischen
alten Gouvernements, und zwar der Simbirskischen, Pensischen und
Tambofschen Provinz zusammen gesetzt worden.
Pallas R. ir B. G