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N a ch -
richten
ü b e r P,e r
s i e n.
einen Thonklumpen drückt und so in ein tiefes Wasser wirft,
so keimen sie leicht, besonders wenn die Schale etwas angeschnitten
worden ist.
Da ich bey meinem zweymaligen Aufenthalte in Astrachan,
besonders wegen der seit einiger Zeit obwaltenden Unruhen in
Persien, und aus Veranlassung des im Frühlinge dieses Jahres
in Russischen Schutz und Besoldung genommenen Mu r t a s a -
K u l i - C h a n , eines Bruders des letzten Persischen Eroberers
A g a -M am e t - C h a n , , mich bey wohl unterrichteten . Männern
nach den seit K e r im - C h a n s Tode in Persiert vorgefallenen
Begebenheiten und Veränderungen erkundiget habe, so wird es
den Lesern dieser Reise nicht unangenehm seyn, liier eine umständliche
Erzählung davon zu finden, die sich an jene in des
jüngern Gme l in Re i s e n mitgetheilten, altern historischen
Nachrichten anschliefst.
K e r im - C h a n - S e i t , der das Glück gehabt hatte, Persien
eine geraume Zeit mit dem Titel Wä k i l (Statthalter oder Kron-
verweser) zu regieren, starb den uten Februar 177g im gasten
Jahre seines Alters, an einer völligen Auszehrung, nachdem er
über 16 Jahre unumschränkter Beherrscher de» Persischen Reichs
gewesen war. Er hinterliefs zwey leibliche Brüder S ä k i -Ch an
und S a d u k -C h a n und drey Söhne A b d u l - Fe t ta a - C h a n ,
F e t t - A l i - C h a n , und M am e t - Al i - Chan, nebst einer einzigen
Tochter. Diese Söhne nebst S ä k i -C h a n befanden sich
damals in Schi ra s , der gewöhnlichen Residenz des K e r im -
Chans ; S a d u k - C h a n aber hielt sich in der unlängst von
den Türken eroberten Stadt Bas sora auf.
Der Hintritt K e r im - C h a n s war für ganz Persien eine
so wichtige Begebenheit, dafs das blofse Gerücht seines Ablebens
zuvor schon oft den Abfall ganzer Provinzen veranlafst
hatte; und in den letzten Tagen seiner äufsersten Schwäche, da
er schon aus dem Harem hervor zu gehen nicht mehr im Stande
war, mufste er sich, um dem Volke zu zeigen, dafs er noch
lebe, und um Unruhen zu verhüten, in den Divan tragen lassen.
Da er endlich abschied, mufste sein Tod eine Zeitlang geheim
gehalten werden, bis die gehörigen Mafsregeln zur Erhaltung
der Ruhe genommen werden konnten. Die Stadttliore
wurden verschlossen und die Geifseln aus den Provinzen unter
scharfe Wache gesetzt, so dafs dessen Tod erst zehn Tage nach
dem Hintritte öffentlich bekannt wurde; da man indessen seinen
Leichnam schon in der Stille, an dem von ihm selbst zuvor
bestimmten Orte, in dem S c h a h - B a b i oder Schahischen Garten
beygesetzt hatte.
S ä k i - C h a n liefs zwar den jungen A b d u l - F e t t a a -
Chan zum obersten Befehlshaber ausrufen, weil aber dieser
ein junger und schwacher Fürst wa r , so behielt er selbst alle
Gewalt in Händen, liefs die andern Söhne K e r im - C h a n s
einsperren und verschiedene Vornehme und getreue Anhänger
K e r im - C h a n s hinrichten, die ihm gefährlich werden
konnten. Jedermann kannte seine Hitze und sein grausames
Wesen, welches er schon bey Lebzeiten seines Bruders gezeigt
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