
,,o mein Herr.“ Das Letztere ist so gewöhnlich, dass ich selbst Kinder von
6 — 8 Jahren aus vornehmen Familien sich gegenseitig so anreden hörte.
Auf den Dörfern redet man jeden Mann, er sei Muhammedaner oder Andersgläubiger,
mit Lj (ja Scheich) „o Scheich“ an, obgleich diess eigentlich
nur den Alten, Greisen, und vornehmlich den Dorfschulzen zukommt.
Auch stellt der Araber im Gespräch nie das Pronomen Li! (ana) „ ich “
voran, sondern lässt es gewöhnlich weg, da es schon in dem Yerhum enthalten
ist, oder setzt dafür, wenn er mit Vornehmen spricht: ( el
faqir) „der Arme.“
Die Muhammedaner begrüssen einen Andersgläubigen, Christen oder
Ju den, in ähnlicher Weise, wie wir: „Dein Morgen u. s. w. sei glücklich,
oder sei gesegnet,“ und die Antwort ist dieselbe; unter sich aber haben sie
eine andere Begrüssungsformel und Antwort darauf, welche sie an keinen
Ungläubigen richten, und von keinem Solchen annehmen wollen. Ein
Beweis dafür findet sich weiter unten S. 274. Sie wollen auch nicht, dass
ihre Segenswünsche, die sie für die Ihrigen aussprechen, Ändern, cL h.
Andersgläubigen zu Gute kommen, wovon S. 210 sich ein Beispiel findet.
Fünftes Kapitel.
Reise von Damascus nach Jerusalem.
Nachdem der Winter, d. h. die Regenzeit, vorüber zu sein schien, da
der Himmel schon seit mehrem Wochen ein heiteres Antlitz zeigte, entschloss
ich mich zu Anfang März 1853 meine Pilgerreise nach Jerusalem anzutreten.
Ein junger, französischer Arzt, Dr. Faure, von seiner Regierung
nach Damascus geschickt, um die Krankeiten Syriens kennen zu lernen
und zu beobachten, schloss sich mir als Reisegesellschafter an; und bald
fanden wir eine Karavane, welche uns bereitwillig in ihre Mitte aufnahm.
Es waren armenische P ilg e r, grossentheils aus Orfa (dem alten Edessa) und
Marasch, welche gleich uns der Feier des Osterfestes in Jerusalem beiwohnen
wollten. Zu ihnen hatten sich einige Damaseener Kaufleute gesellt,
die damit zugleich mercantilische Speculationen verbanden, und sich für ihre
mitgeführten Ladungen, in Tombak (persischem Tabak für die Wasserpfeifen),
in allerhand Stoffen und Confituren bestehend, bei dem grossen
Zusammenfluss von Menschen aus allen Regionen einen gewinnreichen
Absatz versprachen. So bestand unsere kleine Karavane aus etwa 100 Pferden,
Eseln und Maulthieren, mit circa 60 Personen, worunter Männer,
Frauen und Kinder waren, 30 davon mit Flinten, Pistolen und Säbeln
bewaffnet.
Da diess die erste grössere Reise war, welche ich in diesen Gegenden
unternahm, — bei den bisherigen kleinen Touren von Beirut nach Damascus,
und von da nach Malula, hatte Dr. Wetzstein alles Erforderliche gütigst
besorgt — so hatte ich manche Vorbereitungen zu treffen, welche die
letzten Tage meines Aufenthaltes in Damascus ganz in Anspruch nahmen. E s
wurden blecherne Büchsen mit gebranntem und fein zerstossenem Kaffee,
mit Salz und Pfeffer, mit geschnittenem Tab ak , eine messingene Schale
zum T rin k en , ein Schlauch oder lederne Flasche aus Ziegenfell zur Auf