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Kugeln von dem Hausherrn allein angefertigt, und den Gästen in den Mund
gesteckt oder geworfen werden.
Nach einem auf diese Weise eingenommenen Mahle war es natürlich,
dass, wie diess auch vorher geschehen war, warmes Wasser mit Seife zum
Waschen der Hände und des Mundes herumgereicht wurde. — Erst als wir
mit zwei Geistlichen aus dem Hauran gegessen hatten , wurden die Speisen
den zahlreich versammelten Drusen gegeben, zu denen sich der Hausherr
gesellte.
Wir rauchten dann noch einige Züge, genossen abermals das oben
erwähnte Getränk und Kaffee, und empfahlen u ns, mussten aber gleich in
dem Nebenhause bei einem ändern Scheich einkehren, wo man uns Pfeifen
gab, und Kaffee mit Moschus, Pilau mit Kokosmilch und allerhand süsse
Leckereien vorsetzte, von denen wir aus Höflichkeit ' * und Neuog ierde wenigo -
stens kosteten. Als ich im August des Jahres 1853 wieder nach Damascus
kam, erfuhr ich, dass kurz zuvor der Scheich Abbas Scheref, welcher grosse
Lust bezeigt ha tte, mit mir nach Preussen zu kommen, und sich hier anzukaufen
, auf eine traurige Weise plötzlich gestorben war. E r besass in dem
Ledscha grosse Magazine in Kellern oder Gruben voll Getreide, hatte Eins
derselben öffnen lassen, und einen-Diener hinuntergeschickt, um nach dem
Getreide zu sehen, oder es herauszuschaffen. Da dieser nicht wieder zum
Vorschein kam, so folgte er ihm selbst nach-—.und Beide wurden dann
entseelt wieder heraufgebracht. Die Stickluft hatte sie getödtet. Eine zweite
Einladung, der wir Folge leisteten, erging an uns von Seiten eines ’Aqil der
Drusen. Wir erhieiten zuerst Limonade von Apfelsinen und eine Nargile.
Sodann stellte man ebenfalls einen kleinen Sessel vor uns hin, und darüber
eine Senije, einen grossen zinnernen Präsentirteller, dessen Umschrift zeigte,
dass er zu den Zeiten des Melik ed Dhäher Bibars, des bekannten Sultans
der Mamluken, verfertigt war. Auf diesen wurden die Speisen gesetzt,
bestehend aus mehreren Schüsseln mit Pilau, mehreren Assietten mit „Leben“
saurer Milch, einigen Tellern mit Kubbe ( äxT") 5 einem aus Hammelfleisch
und Burghul ( J ^ » oder d. i. gedörrten und geriebenen
Mais- oder Weizenkörnern boulettenartig zubereiteten Gerichte; und einem
ebenfalls mit Reis gemengten Gemüse. In die Mitte wurde ein ganzes mit
Reis gefülltes Lamm gestellt, und dessen Kopf als derjenige Theil, welcher
nach der Sitte der Drusen dem Vornehmsten g eb ü h rt, vor uns hingelegt.
Jed e r erhielt einen Löffel von Holz, der Consul und ich dagegen aus Por-
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zellan (von Mekka kommend); u n d , während wir Beide auch Messer und
Gabel hatten, rissen sich die Uebrigen mit der Hand Stücke von dem Braten
lo s , ebenso der TVirth, der dann die besten aus besonderer Ehrerbietung
vor uns hinwarf. Ausserdem bekam Jeder noch ein rundes, fingerdickes und
etwa zwei Hände breites Brod, welches zugleich als Teller diente; viele andere
dieser Brode wurden rundum die Tafel auf den Teppich gelegt. Nach vollendeter
Mahlzeit und Waschung nahm der Wirth die Senije mit den Speisen
weg, und hob die übrig gebliebenen Brode auf, um sie auf dem Schemel,
absichtlich mit Andeutung des Ueberflusses, so aufzuthürmen, dass sie herunterfielen,
wobei die Anwesenden „daima!“ riefen d. i. „immer sc.
mögest du solchen Ueberfluss haben! Auf einem kleinen ebenfalls zinnernen
Präsentirteller. S ä tr( ft...?) genannt, wurden nun allerhand Süssigkeiten,
unter denen auch Habb el äs ¿ j& j d. U Myrthenfrüchte waren, aufgetragen
, worauf wir uns abermals wuschen, und bei echtem Mocca eine
Nargile rauchten. Als wir uns verabschiedeten, fanden wir gesattelte Pferde
vor der T h ü r, auf denen wir trotz aller Widerrede von meiner Seite nach
Hause reiten mussten. Es war stockfinster und hatte stark geregnet. Der
schlüpfrige Fussboden in den langen nicht gepflasterten Bazar s , durch die
wir reiten mussten, und das schlechte Pflaster der Strassen oder Gassen,
liessen mich, der ich des Reitens noch ganz ungewohnt und unkundig war,
nichts Gutes ahnen. Trotz dem langsamen Reiten und trotz aller Vorsicht
stürzte mein Pferd, und ich über den Kopf des Thieres auf das harte Stein-
■ pflaster, so dass ich kaum aufzustehen, und von den heftigsten Brustschmerzen
geplagt nach dem zum Glück nicht mehr fernen Consulat zu
wanken vermochte. Erst nach vier Wbchen hörten diese Schmerzen und
Stiche, welche mich anfangs in keiner Stellung und Lage des Körpers ver-
liessen, allmälig auf.
Bei einem dritten Mittagsessen, welches ein drusischer Arzt dem Consul
zu Ehren g a b , hatten wir nach aufgehobener Tafel ein interessantes Schauspiel,
eine Art Turnier, ausgeführt von einem erwachsenen Sohn und einem
nahen Verwandten des Wirths, wobei sie kleine Schilde zur Vertheidigung,
und lange Schwerdter zum Angriff hatten. Auf dem einen der beiden
Schwerdter waren die Worte: Vivat Carolus VI. etwas ungeschickt eingegraben.
Zuerst schwangen sie die Schwerdter nach allen Seiten und über
ihre Köpfe, und machten verschiedene geschickte Wendungen, wobei sie