
Jaffa-Thore hinaus, hinter mir Hasan, der Eigenthümer der gemietheten
Thiere, auf einem Esel, dann Francis, mein maronitischer Diener, denen
die beiden Lastthiere und ein Esel folgten, welcher letztere abwechselnd von
Hasan s beiden Dienern, einem Armenier aus Diarbekir und einem Moslem
aus Jerusalem bestiegen wurde. Nahe dem Thore begegnete mir die hohe
armenische Geistlichkeit, unter welcher ich manchen Bekannten hatte. Es
war gerade der Himmelfahrtstag nach dem alten Kalender, an welchem
Griechen und Armenier schon vor Sonnenaufgang auf die Spitze des Oel
berges wallfahrten, und neben der von Christen und Muhammedanern
bezeichneten Stelle, wo die Himmelfahrt stattgefunden, und Jesu Fusstapfen
noch gezeigt w ird, in Zelten Gottesdienst halten. Von dem Oelberg kommend,
wo die 1? eierlichkeit, welcher ich leider nicht beiwohnen konnte, beendigt
war, ritten sie in ihr Kloster zurück, und riefen mir noch freundliche
Abschiedsgrüsse zu. Oft noch schaute ich zurück nach Jerusalem, welches
mir durch den langen Aufenthalt und durch die viele Freundlichkeit, die
ich dort erfahren h a tte , zu meiner zweiten Heimath geworden w a r, und
an welches so bedeutungsvolle Einnerungen sich knüpfen. Alles diess,
und der Gedanke, dass ich diese Stadt wahrscheinlich nie wieder betreten
würde, mit dem Wunsche, wenigstens nicht sobald dahin zurückkehren zu
müssen, durchkreuzten meine Seele, als ich langsam fortritt, und immer
und immer wieder zurückschaute, um mir das Bild der heiligen Stadt so tief
als möglich einzuprägen. Es muss befremdend erscheinen, dass ich wünschte,
diese Stadt, von der ich mich mit so schwerem Herzen trennte, nicht bald
wieder zu sehen. Der Grund davon lag in den damaligen politischen Verhältnissen.
Es drohte der Krieg Kusslands mit der Türkei, und man wusste
noch nicht, auf welche Seite sich Frankreich und England schlagen würden.
Wäre er damals schon ausgebrochen, und hätten die westeuropäischen,
Mächte sich an Russland angeschlossen: so war meine Sicherheit in Nablus .
sehr gefährdet, da ein allgemeiner Aufstand der Moslems gegen die Christen,
und vorzugsweise gegen die Franken, wenn sie deren dort gefunden hätten,
mit grösser Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war. F ü r diesen Fall hatte
ich mit Dr. Kosen verabredet, dass er micb, ehe die Kunde davon allgemeiner
würde, durch einen Eilboten benachrichtigen und zurückholen lassen
möchte.
Noch weithin nördlich von dem Damascener Thore sah ich nahe an der
Strasse ehemalige Cisternen und Grundmauern von Gebäuden, welche auf
die dereinstige bedeutendere Ausdehnung der Stadt hinwiesen. Zwar scheint
dieser Annahme die jetzige Stadtmauer und der Stadtgraben unmittelbar
an derselben zu widersprechen, aber offenbar rührt dieser wie jene erst von
Suleiman I. her. — Bald verschwand die Stadt aus meinen Augen, und
nur den höher gelegenen Oelberg mit seinem Minaret auf der Spitze konnte
ich noch lange erblicken. Als ich auch diesem den letzten Scheidegruss
zugerufen hatte, näherte ich mich meinem Mucker, und liess mich mit ihm,
wie mit einem griechischen Fellah, welcher des Weges kam, und eine ziemliche
Strecke mit uns ging, in ein Gespräch ein. Auch er kam von Je ru salem,
und war dahin gewallfahrtet, um der Procession auf dem Oelberge,
die am frühen Morgen stattgefunden hatte , beizuwohnen. ' Wir waren ungefähr
2 Stunden ge ritten , als wir den Fellah einholten. Es war in der Nähe
des kleinen Fleckens Räm, welcher von alten Ruinen umgeben etwa Hf Stunde
rechts von der Strasse auf einer Anhöhe liegt, und nur 20— 25 männliche,
steuerpflichtigeEinwohner, und zwar nur Muhammedaner, haben soll. Ueber-
haupt versicherten mir meine Begleiter, dass alle Dorfbewohner rechts von
der Strasse Muhammedaner seien, links von derselben dagegen mebr ..griechische
Christen wohnen. Das ehemalige Räm (Räma) lag dicht an der
Strasse, wo man noch Ruinen von alten Gebäuden bemerkt. Der genannte
Fellah war aus dem Dorfe Räm allah, etwa J/2 Stunde links von Bire., welches
man aber wegen des dazwischen liegenden Berges von da aus nicht
sehen konnte. Dieses Räm allah hat 400 männliche, steuerpflichtige Bewohner,
oder etwa 2000 Seelen, sämmtlich griechische Christen. Räm gegenüber,
links oder westlich von der Strasse, aber weiter davon entfernt, liegt das
Dorf Kalandi von Oelbäumen umgeben an einem Berge. Etwa t/2 Stunde weiter
bemerkten wir rechts und links von der Strasse alte, wahrscheinlich jüdische
Gräber in den Felsen gehauen, aber keine Spur von einer ehemaligen Ortschaft.
Der Mucker versichertemir jedoch, dass in früherer Zeit hier2Dörfer
gestanden haben, deren Namen er nicht anzugeben wusste.'— Bei dem Kaffeehause
an der Quelle von Bire, dem Beeroth der Bibel 2. B. Sam.
4,2. 23,37. trennte ich mich mit Hasan von den Uebrigen, ritt rechts von der
Strasse ab durch das Dorf, wo noch Ruinen einer schönen Kirche zu sehen
sind, und von da nach Beith dm, dem alten Beth el. Hier stiegen wir bei
der alten Kirchenruine ab, von welcher nur etwas Gemäuer, ein Theil einer
Kuppel, wo wahrscheinlich der Hochaltar gestanden, und daneben zu jeder
von beiden Seiten ein niedriges, etwa 2 Ellen hohes, breites und tiefes