
sie ist in der Mitte lioch, und zum Wegschieben eingerichtet, wie in dem
neuen Kanal von Berlin, um den Schiffen den Eingang möglich zu machen.
Endlich erlangten wir unsere Koffer. Der Wirth des Hôtel de Pera, Stephan
Götze, welcher selbst mit seinen Leuten und zwei Kähnen (Kaiks)
auf das Schiff gekommen war, bewog uns, in seinem Gasthaus einzukehren,
und brachte uns mit unserm Gepäck an das Land. Bei der Mauth wurden
wir angehalten, und mussten unsere Koffer öffnen, wie auch unsere Pässe
abgeben. Durch ein Thor traten wir in Galata ein, und quälten uns durch
die engen, schlecht gepflasterten Gassen und durch das Menschengewühl
den ziemlich steilen Berg hinan, bis ein neues Thor uns in den Stadttheil
Pera brachte, welcher gleiches Ansehen mit Galata hat. Endlich Og elanOgten
wir in das in einem engen Gässchen gelegene Hôtel, wo W. Rose und ich
ein zwar geräumiges, aber nicht sehr wohnliches Zimmer im dritten Stock
erhielten. Wir zahlten dafür mit Kost täglich 40 Piaster oder etwa 2 Tha-
lei 13 Sgr. a Person, und hatten dabei die Annehmlichkeit, dass wir ganz
nahe der k. Pr. Gesandtschaft wohnten. Aber schon am dritten Tage veran-
lasste uns Herr Grösser, nach dem zwar etwas entfernten, aber freier und an-
muthiger, neben dem piccolo Campo gelegenen, und eine schöne Aussicht
über die Westseite von Konstantinopel gewährenden Hôtel de Byzance um-
zuziehen, wo wir Jeder eine Stube mit Kost für täglich 36 Piaster, also
ungefähr für 2 Thlr. 5 Sgr. bekamen.
Wir blieben zwölf Tage in Könstantinopel, bis zu dem Abgang des
nächsten Lloyd-Dampfschiffes nach Syrien, und benutzten diese Zeit, um die
Sehenswm digkeiten der Stadt und Umgegend in Augenschein zu nehmen,
und Besuche zu machen. Wir sahen zuvörderst Dr. Rosen, welcher, schon
designirter Consul von Jerusalem, demnächst dahin abgehen wollte, und in
demselben Hôtel mit uns wohnte. Nachdem wir zusammen nach orientalischer
Weise ein warmes Frühstück eingenommen ha tten, geleitete er uns in
die Gesandtschaft, wo wir die Bekanntschaft der Herren Testa, des Kanzlers,
und des Dr. Wilhelm Peters, des Astronomen und Bruders unsers Berliner
Freundes, machten, welcher schon seit langer Zeit auf den Auftrag
der osmanischen Regierung, Klein-Asien zu vermessen, vergeblich wartete,
und später nach America gegangen ist. Alle Drei begleiteten uns freundlichst
zu einem Spaziergang nach Konstantinopel. Das Menschengewiibl
wurde immer grösser, je weiter wir kamen. Wir gingen durch die Vorhöfe
zweier Moscheen, deren eine die Bajezid- oder Tauben -Moschee 7) genannt
L ird , weil sie von Bajezid erbaut ist, und viele Tauben darin gehegt
werden, wo allerhand Waaren feil geboten wurden, auf den Bezestan,
Linen grossen, überwölbten Bazar, worin Kaufleute aus Indien, Bochara;
Persien, Syrien und Egypten ihre Waaren ausgelegt hatten, ferner bei
dem Seräskierat vorbei, trafen unterwegs Mehemed (Muhammed) Efendi,
einen der drei türkischen Offiziere, welche früher ihre -Studien in Berlin
gemacht hatten, jetzt Bimbaschi d. i. Major, von welchem ich die Wohnung
von Rämis Bey, seinem frühem Kameraden in Berlin, erfuhr, und endlich
über die vorhin erwähnte neue Brücke nach Galata zurück. Hier besuchten
wir einen Königsberger Maler, Namens Franke, welcher nach Konstantinopel
gekommen war, um Alles, was irgend Sehenswerthes dort zu finden
ist, aufzunehmen. Die Ansichten, die er uns zeigte, waren schön, gut gewählt,
und bis auf einen Punct treu , indem er, wo ein Nebenstück zu der
Gruppe ihm nicht passend erschien, ein anderes an dessen Stelle gesetzt
hatte. Er wohnte sehr hoch, daher die grosse Hitze uns bald wieder forttrieb.
Vorher schon waren wir bei einer katholischen Kirche vorbeigekommen,
welche -rt es war gerade Peter - Paulstag — sehr gefüllt gewesen wai.
Dort predigten zwei Jesuiten, und zwar zugleich, indem sie einen förmlichen
Dialog führten, worin der Eine sich als unbekehrten Sünder, der Andere
als seinen Seelsorger darstellte, der ihn auch endlich auf die rechte
Bahn zurückführte, nachdem er alle Zweifel und Ein würfe des Ändern gelüst
und gehoben hatte. Eine solche dialogische Predigt hatte wenigstens
Dr. Peters kurz vorher mit angehört.
Als wir zu dem Gesandtschafts-Hotel zurückgekehrt waren, erhielt
ich durch Dr. Rosen einen Kawass, Polizeisoldaten von der Gesandtschaft,
zur Begleitung, um mit dessen Hülfe Rämis Bey aufzusuchen. Diess
hatte seine grosse Schwierigkeit, da die Gassen — denn von Strassen kann
dort nicht die Rede sein — keinen Namen hatten, und zwei Offiziere dieses
¡■Namens in Perä wohnten. Endlich nach einem fast stundenlangen Urnher-
irren und Fragen gelang es uns, ihn ausfindige zu machen. E r besass ein
■kleines Haus, welches zwei Gärtchen an der Seite und nach hinten zu hat.
■ In Folge des Fastens, welches von Sonnenaufgang bis zum Untergang der
■ Sonne von den meisten Muhammedanern strenso: o¡rehalten wird, war er un-
| wohl , und hatte seinen Urlaub desslialb noch nicht antreten können, den er
I benutzen wollte, um seine Mutter in Nikopoli zu besuchen, wo sein inzwi-
I sehen verstorbener Vater Commandant gewesen war. Mtten in seiinen Stu-
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