
Untergang, und gingen dann in ein von den dasigen Europäern neu und
ganz in europäischer Weise eingerichtetes Casino, -wo Billard und Kartenspiele
gespielt wurden, ich mich aber auf mündliche Unterhaltung beschränkte.
Erst 3 Uhr Mor gens kamen wir in das Consulat zurück, wo mir der Consul
— er war damals nicht verheirathet —- in seinem eignen Schlafzimmer ein
Bett zurecht machen liess. Natürlich konnte ich den folgenden Morgen
nicht so früh, wie ich beabsichtigt hatte, fartkommen. Mein Diener hatte
Alles sehr früh aufladen lassen, und der Mucker wollte nicht warten. Ich
musste erst mit Mr. Clapperton, der spät aufstand , frühstücken, nahm dann
herzlichen Abschied von ihm, und eilte 2 Stunden nach dem Abgang des
Muckers mit dem Bruder meines-Dieners und einem Führer aus Tarsus nach.
Leider giebt es mehrere Wege von Tarsus nach Adana, daher wir Jene
verfehlten. Wir ritten ziemlich stark. Der Führer musste hinterher laufen
was aber diese Leute gewohnt sind. Der Weg war sehr einförmig, wir kamen
an mehrern Dörfern vorbei, deren Namen mein Führer nicht kannte, hatten
links in der Ferne das Taurusgebirge, rechts rund um uns eine grossd Ebene,
die sich bis zu dem Meere hinstreckt, und ritten stets in nordöstlicher Richtung
in der Ebene fort. Einzelne Ziehbrunnen, wie sie in diesem Lande
gewöhnlich sind, fanden wir am Wege. An dem ersten derselben, den wir
erst, nachdem wir über die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, fanden,
stieg ich ab, um meinen brennenden Durst zu löschen. Der Mucker benutzte
diess, um den Sattel von meinem Pferde abzunehmen, und auf das andere
zu legen, weil er sich mit meinem Diener auf das meinige-setzen wollte.
E r batte mich aber vorher nicht um Erlaubniss gebeten, und ich bedeutete
ihm daher, dass er es unterlassen sollte; da er nicht augenblicklich hörte, so
sprang ich mit meinem Stock auf ihn los, und drohte, ihm Arm und Beine-
zu zerschlagen, wenn er nicht auf der Stelle meinen Sattel auf meinem Pferde
zurecht schnallen würde. E r war ein Muhammedaner und Mehrere seiner
Glaubensgenossen sassen an dem Brunnen; ich aber war mit meinem kleinen
zwölfjährigen Burschen allein, und ohne Waffen. Trotzdem wagten sie nichts
gegen mich zu thun. Der Mucker fügte sich sogleich meinem Willen, dünn
die Orientalen sind Alle feiger Natur; sobald sie sehen, dass man sich vor
ihnen nicht fürchtet, haben sie Respect;1 bemerken sie aber Zaghaftigkeit,
so ist man bei ihnen verlören. Namentlich fürchten sie bei den Europäern
die Macht der Consuln. Das Einzige, was mir interessant war, weil ich es
bis dahin noch nicht-gesehen hatte, war die Jag d mit Falken,' welche in
Cilicien so gewöhnlich ist, dass ich selbst die Fellah’s auf ihren Pferden,
den Falken in der Hand, auf die Jag d reiten sah. Kurz nach Sonnenuntergang
gelangten wir nach Adana, und stiegen in dem sogenannten
neuen Chan ab , welcher aber weniger reinlich w a r, als der in Tarsus. Wir
fanden unsere Bagage noch nicht vor, und glaubten schon, dass sie anderswohin
gerathen sei, jedoch kam sie 1 Stunde später nach. Auf einer offenen
Estrade liess ich mein Bett aufschlagen, und schlief diese Nacht vor Ermüdung
ziemlich gut, aber die folgenden Nächte Hessen mich die Muskito’s,
die Hitze, die Katzen, welche sich fortwährend zu mir in das Bette legten,
die Schafe, welche die ganze Nacht auf der Gallerie hin und her trabten,
die unruhigen Pferde unter mir, und das Singen und Lärmen der Bewohner
des Chans nicht zur Ruhe kommen. Glücklicher Weise wurde ich bald
wider Erwarten von diesem ruhelosen Aufenthalte befreit. Kaum war es
ruchbar geworden, dass ein Franke, eine so seltne Erscheinung, in Adana
angekommen war, als Viele sich einfanden, dieses Wunderthier zu sehen.
Unter diesen Neugierigen war auch ein armenischer Protestant, welcher, als
er erfuhr, dass ich seines Glauben sei, mich zu seinem Geistlichen führte.
Dieser, ebenfalls Armenier, durch die amerikanischen Missionare von Aintab
bekehrt, und zum Diakonus geweiht, quälte mich so lange, bis ich ihm
zusagte, in sein Haua zu kommen, und bei ihm zu wohnen. Auf diese Weise
war ich allerdings weniger gestört, als in dem Chan, wo Jed er ohne Umstände
zu mir kam, sich neben mich setzte, und mit mir zu plaudern anfing,
auch, wenn er sah, dass ich lesen oder schreiben wollte. Namentlich war
mir ein junger griechischer Kaufmann sehr lästig geworden, welcher durchaus
mich auf meinen weitern Reisen begleiten wollte. -— Die kleine protestan
tische Gemeinde bestand erst seit kurzer Zeit in Adana, und zählte nur erst
25 Seelen, doch hofften sie, sämmtlich Armenier, bald mehr Zuwachs zu
erhalten. Der Diakonus war von den Amerikanern hierher gesandt, um
den Gottesdienst zu ha lten, und ReHgionsunterricht zu ertheilen. Den
Sonntag wohnte ich dem Gottesdienst bei, welcher in einem Zimmer des
Hauses abgehalten wurde. Der Diakonus hielt eine einfache, streng
gläubige Predigt, vor und nachher wurden Lieder gesungen in unsem
Melodien, was für mich um so überraschender war,-da ich diese Melodien
seit meiner Abreise von Jerusalem nicht gehört hatte. Der ganze Gottesdienst
wurde in türkischer Sprache gehalten, und kleine Liederbücher mit
armenischen Lettern waren dazu gedruckt worden, so viel ich mich entsinne,
P b t ?e r m a n n , R e is e im O rien t. 2 3