
mächtigen Stammen sich erhebende, und mit ihren dicken stacheligen Blättern
sich nach allen Seiten hin ansbreitende Cactus Opuntia gleichsam hermetisch
verschlossen, und am äussersten Winkel der Rhede breitete sich
amphitheatralisch die je tzt schon an 50—60,000, damals aber 35—40,000
Einwohner zählende-Stadt aus, welche vor 20 Jahren noch ein unansehnlicher
Flecken gewesen war. Vor derselben lagen- zahlreiche grössere und
kleinere Schiffe vor Anker. Der Grund dieses in der Türkei, wie in Persien
unerhörten Wachsthums dieser Stadt, da sonst fast alle ändern Ortschaften
in diesen Ländern von J a h r zu Jah r mehr entvölkert werden, Hegt in dem
stets zunehmenden Verkehr des Qccidents mit dem Orient, und namentlich
mit Syrien, so wie darin, dass hier, nächst Alexandrette, welches aber wegen
des ungesunden Klimas fast unbewohnbar ist, der beste Hafen der ganzen
syrischen Küste ist. Aus der Feme gesehen macht Beirut , wie alle orienta-
Hschen Städte und Dörfer, wegenjhrer aus Lehm oder Quadersteinen erbauten
Häuser und der platten Dächer derselben den Eindruck weit ausgedehnter
oder fortlaufender Burgruinen.
Unser erster Ausgang war nach dem k. Pr. Generalconsulat, welches
nahe dem nördHehen Stadtthore Hegt, von dessen Agenten, Herrn Weber,
jetzigem Consul, wir auf die freundHchste Weise aufgenommen wurden. Bei
ihm fanden wir den Lieutenant, jetzigen Rittmeister, Herrn Baron v. Falkenhayn,
welcher schon längere Zeit in Syrien war, um gute arabische Pferde
anzukaufen. Briefe aus der Heimath, welche wir erwarteten, waren leider
nicht angekommen; ¡ | Am Abend badete ieh mich mit Rose in einem von
der See gebildeten Bassin nahe unserm Hotel. Das Baden in der offenen
See soH hier wegen der Haifische sehr gefähriich sein, und öfter soll es schon
vorgekommen sein, dass den Matrosen, die diesthaten, plötzHch ein Arm oder
Bein von jenen Thieren abgebissen wurde. Den folgenden T ag überredeten
mich die Herren Weber und B. v. Falkenhayn zu einem Spazierritt nach
dem Pinienwäldehen. Dieses, aus der pinus Halebensis bestehend, umgränzt
die Südseite der Stadt, und ist ziemlich ausgedehnt. Nach l 1^ Stunde kehrten
wir zurück. Bald, mit Sonnenuntergang, verkündeten Kanonenschüsse
das von den Moslemen lang ersehnte Ende des Fastenmonats Ramadhän,
und das dreitägige Freudenfest des Beiram begann. Alsbald wurden russische
und gewölinHche Schaukeln auf dem Marktplatz vor dem westlichen
Stadtthore errichtet, Gaukler zeigten ihre Künste, und Ju n g und Alt vergnügte
sich dort. Am Abend waren wir bei Herrn Weber zu Tische geladen,
und assen hier die ersten Wassermelonen, welche durch den ganzen Orient,
so weit ich gekommen bin, von Reichen und Armen, Vornehmen und Geringen
im Sommer für die angenehmste Frucht gehalten werden. Sie sind
sehr wasserreich , süss und kühlend. Die schönsten und wohlschmeckendsten
kommen von Nablus, die grössten von Diarbekir. Sie smd.meist von
der Grösse unserer Kürbisse, haben äusserlich eine dicke graue Schale, und
sind in der Mitte hochroth. Das mittelste Stück, ^ ^ c - , -j,die Braut genannt,
ist das beste.
Den folgenden Tag machte ich mit Rose den durch den tiefen Sand
namentHch bei der Mittagshitze beschwerHchen Gang nach dem Pinienwäldchen
noch einmal zu Fusse. Hier begegnete uns ein Druse, welcher seine
auf einem Esel reitende Frau begleitete. An ihrer Tracht erkannten wir,
dass sie zu dieser Glaubenspartei gehörte. Die Drusinnen des Gebirges tragen
nämHch einen, früher auch bei den maronitischen 1 rauen üblichen eigen-
thümlichen Kopfputz, Tartür oder Täsa genannt. Dieser besteht in einei
Ar von geradem Horn, aus Blech, Silber u. s. w., welches mitten über dei
Stirn schräg aufgesetzt, und im Innern ausgestopft wird. Von da geht quer
über den Hinterkopf eine gepolsterte Wulst, s^LaJI ,,die Maus“ genannt, an
welcher zu beiden Seiten dünne rothe Bänder festgenäht sin d , die man unter
dem Kinn zubindet, um das Ganze festzuhalten. Darüber wird ein weis-
ser-Schleier gelegt, der über den ganzen Körper reicht, und vorn mit den
Händen zusammen gehalten wird, so dass das Gesicht fast ganz verhüllt ist.
Einige sollen einen über -zwei Ellen langen .Tartür haben. Am Tage der
Hochzeit erhalten sie diesen Kopfputz, und dürfen ihn bis an ihren Todestag
nicht ablegen; jedoch kommt diese beschwerliche Mode, gleich der ähnlichen
der maronitischen Frauen in Kesruän, wovon später die Rede sein
wird, immer mehr ausser Gebrauch.
In dem Consulat machten wir die Bekanntschaft eines Mannes, der
mich in seiner äussern Erscheinung an den Bologneser Doctor erinnerte,
wie derselbe zur Camevalszeit in Venedig dargesteUt wird. Es war ein
Arzt aus der Schweiz gebürtig, Namens Fuchs, welcher, um sein Leben zu
fristen, und seine schwache Gesundheit herzustellen, seit zwölf Jahren sich
auf dem Libanon in der Nähe von Baalbek und den Cedern niedergelassen
hatte. Seine phantastische Kleidung soHte er sich selbst verfertigen. — Bei
dem ösferreichischen Generalconsul, Herrn v. Gödel, welcher uns sehr
freundlich aufnahm, sahen wir eine schöne und reiche Sammlung von alter