
Von Giurgevo nach Galatz.
i estung Rustschuk passirt. Da wir einige Stunden hieranhielten, so benutzten
wir diese Zeit, um die Stadt mit den in Verfall gerathenen Festungswerken
m Augenschein zu nehmen. Sie ist gut angelegt, und erinnert an
Karlsrahe, da alle Hauptstrassen, welche breit, aber schlecht gepflastert
sind, auf dem Markt auslaufen. Es mögen deren auch — mit einigen Querstrassen
— etwa 7 sein. Die Häuser sind aus Fachwerk, theilweise ein
Stock hoch, und mit höchst geschmacklosen Malereien an der Aussenseite
verziert. Die der Donau entgegengesetzten Strassen bilden Bazare, wo
allerhand, aber nicht sehr einladende Waaren zum Verkauf liegen. Schneider
und andere Handwerker arbeiten da nach orientalischer Sitte in ihren
Buden, aber Alles ist sehr unsauber. An einer Strassenecke war ein Café,
in welchem wir Eis essen wollten , mussten jedoch darauf verzichten, da wildes
Walachisehen unkundig waren, und die Leute eine andere Sprache nicht
verstanden. Endlich machten wir dem Kellner verständlich, dass er uns
Limonade gebe, wozu er die Citronen vor unsern Augen mit den Zähnen
ausquetschte, und zugleich Hessen wir uns zweiNargile d. i. „Wasserpfeifen“
zurecht machen, die wir mit Behaglichkeit rauchten. Alles zusammen kostete
30 Kreuzer Münze. Auf dem Rückwege sahen wir Verbrecher mit
1 usseisen, welche unter der Obhut eines Soldaten eine Kiste trugen.
Erst um 7 Uhr Abends fuhren wir von Giurgevo ab, und machten um
12 Uhr Nachts mitten in der Donau bis gegen 2 Uhr Morgens Halt. Nur kurz
war mein Schlaf wegen der Hitze in der Kajüte und der Geizen, einer kleinen
A r t Mücken, welche mir die linke Hand ganz zerstachen. Freitag, den
25ten J u n i, früh 5 Uhr, sahen wir die starke Festung SiHstria, am Fusse
einer Hügelkette gelegen; auf dem der Stadt zunächst liegenden Hügel war
eine Stemschanze, welche die Russen eingenommen hatten. Auf der Mitte des
Hügels, so wie unten neben der Stadt waren viele Zelte zum Bivouac der
Soldaten aufgeschlagen; unten lag Kavallerie, die Pferde weideten im Grase,
in den Zelten schlief noch Alles, und nicht einmal eine Schildwache war
zu erbHcken. Wir fuhren dann bei dem unbedeutenden Flecken Hirsova vorbei
, hielten kurze Zeit bei Braila (Brailow, Ibrahil)., wo viele Schiffe vor
Anker lagen, und gelangten U /2 Stunde nach eingenommenem-Mittagsmahl
nach Galatz, wo wir in dem Albergo di Vapore einkehrten. Die Fahrt war
höchst einförmig gewesen, da von Hirsova an beide Ufer der Donau Os-anz
flach werden. Bei dem Einfluss des Szereth in die Donau waren wir an
das moldauische Gebiet gekommen, welches nur eine kurze Strecke Landes
Abreise von Galatz. 13
an dem Strome behalten hat. Galatz ist ein Freihafen. Das Dampfschiff,
mit welchem wir weiter fahren sollten — denn das bisherige kehrte wieder
zurtick _ lag schon vor Anker; doch beeilten wir uns nicht, dasselbe
zu betreten, da es in Quarantäne war, und erst Sonntag, den 27ten Juni,
früh abgehen sollte. Wir besorgten nur unsere P ä sse , und die Billets zu
der Weiterfahrt bis Konstantinopel, wofür wir 42 fl. 20 Kreuzer, der Dukaten
wurde nur zu 4 fl. 40 Kreuzer angenommen — zu zahlen hatten.
Dann gingen wir in dem Orte spazieren, die sogenannte Hauptstrasse entla
n g , welche sehr holperig und staubig war. Eine Menge Häuser sahen
»wir da im Bau begriffen. Die moldauische Regierung hatte den Besitzern
»hölzerner Häuser befohlen, dieselben niederzureissen, und steinerne an
»deren Stelle aufzuführen. Sie hatte dazu eine Frist bestimmt, und diese
[noch um ein J ah r verlängert. Da aber trotzdem die Meisten sieh säumig
[und widerspenstig gezeigt hatten, so hatte sie an 200 solcher hölzerner Ba-
I racken niederreissen lassen, welche nun auf Kosten der Besitzer in Stein
|wieder aufgebaut wurden. Sonnabend, den 26ten früh schickten wir uns
’’im ,- dem k. Pr. Consul, Herrn König, jetzigen Generalconsul in Alexandrien,
welcher am entgegengesetzten Ende der Stadt wohnte, einen Besuch
9 zu machen. Wir fanden ihn unterwegs bei einem deutschen Schneidermei-
I ster, Namens Rhode, bei welchem ich ein Fläschchen des in dem Orient so
I nöthigen Insectenpulvers kaufte. Derselbe war auch, wie ich von Herrn
I König erfuhr, im Besitz einer etwa 900 Nummern starken Sammlung meist
[ griechischer und römischer Münzen, welche wir besichtigten, und die später
I auf meinem Antrag von dem königBehen Museum zuBerBn angekauft wurde.
I Der Herr Consul lud uns freundHchst zum Mittag zu sich ein, und zeigte
I uns die freilich nur sehr geringen HerrHchkeiten der- Stadt. Wir kehrten
[ dann zu unserm Gasthofe zurück, 'bezahlten die Rechnung, wobei wir von
f dem Wirth sehr übervortheilt wurden, und eilten auf das Dampfschiff, um
[ gute Plätze zu bekommen. So wie wir das Gitter^ welches dahin führte,
überschritten hatten, waren wir von aller Verbindung mit dem Lande abgeschnitten,
und durften erst nach 4tägiger Quarantaine die Stadt wieder be-
; treten. Darnach gelüstete uns übrigens trotz der so freundUchen Aufnahme
des Herrn Consuls wenig, da Galatz ein überaus schmuziger und staubiger
Ort ist. Mehrere der früheren Passagiere begleiteten uns auch hier, namentlich
Kaufmann Grösser aus B e rlin, Kaufmann Neef aus SoUngen, je tz t in
Konstantinopel ansässig, mit einem jungen Menschen aus Barmen, welcher