
Die Seelenzahl der M a ro n ite n * ) in Damascus soll nicht über 250 Personen
betragen.**) Sie sind im Besitz einer Kirche, welche nach ihrer
Behauptung an 1400 Jahre alt sein soll. Ihr früherer Pfarrer, jetziger
Bischof, Joseph Desaya, liess sie, da sie sehr klein und baufällig war, im
Jahre 1836 fast ganz neu wieder aufbauen, vergrössern und ausschmücken.
Sie hat drei Altäre, der Hoehaltar ist dem St. Antonius von Padua, der
zur Rechten dem St. Maro, und der zur Linken dem St. Joseph geweiht.
Ausserdem hat sie noch zwei kleine Seitenaltäre, von denen der nördlich
gelegene der St. Anna, der südliche der St. Maria geweiht ist. Der einzige
P rie ste r, welcher hier fu n g irt, ist ein geborner Damascener, welcher
17 Jah re in Rom studirt hat. Seine einfache, aber bequeme Wohnung
stösst dicht an die Kirche. Die Einkünfte für sich und die Kirche bezieht
er aus freiwilligen Geschenken und Legaten, so wie aus den Einsammlungen
in der Kirche und aus den Stolgebühren.
Die Maroniten haben gleich den ändern occidentalischen Christen
das Abendmahl unter beiderlei Gestalt, indem das Brod in den Wein getaucht,
und so den Laien gereicht wird. Sie haben den gregorianischen
Kalender angenommen, und feiern auch mit uns das Weihnachtsfest, welches
von ändern Orientalen, wie den Armeniern, nach der ursprünglichen Weise
mit dem Epiphaniasfeste verbunden wird. Da ich der gottesdienstlichen
Feier des Weihnachtsfestes mit beiwohnen wollte, dieselbe aber schon kurz
nach Mitternacht beginnt, so ging ich am heiligen Abend gegen 8 E h r
—- weil die zahlreichen Thore im Innern der Stadt um 9 Uhr geschlossen
werden —mit den drei maronitischen Dienern des Consulats zu dem Schwager
des Einen derselben, welcher in der Nähe der Kirche wohnte. Von dem
Anputzen eines Baumes oder von Bescherung der Kinder wissen die
Orientalen nichts. Das Einzige, was an dem heiligen Abend geschieht,
ist die Zubereitung der K u b h e , x ,U. einer Lieblingsspeise der muhamme-
) Sie sind oder halten sich wenigstens noch für die einzigen Ueberreste der alten
ursprünglich katholischen Syrer. Nach der Versicherung des syrianischen Matran sollen
die katholischen Syrer mit Gewalt zu dem Glauben der griechischen Kirche gezwungen
worden sein. Wer sich dazu nicht verstehen wollte, wurde getödtet, oder musste sich
durch die Flucht zu retten suchen.
*) Bei der letzten Zählung soll man 100 männliche Individuen gefunden haben.
Da nun viele Maroniten nach Damascns kommen, um dort in Dienste zu treten, dabei
auch die noch im elterlichen Hause befindlichen Knaben und Jünglinge vom fünfzehnten
Lebensjahre an mitgerecbnet werden, so scheint obige Angabe ziemlich richtig zu sein.
dänischen, wie der christlichen Araber. Ich fand auch hier die I ran damit
beschäftigt, und musste die ziemlich grossen, inwendig hohlen Klösse kosten
, obgleich sie von ihnen erst am Morgen nach dem Gottesdienst genossen
wurden, da die orientalischen Christen bis dahin Fasten haben , und
zwar die katholischen — nämlich die syrisch-katholischen, griechisch-katholischen
und Maroniten — 15 Tage , alle übrigen orientalischen Christen
aber 4 Wochen. In dieser Zeit dürfen sie bis Mittag nichts gemessen,
selbst nicht einmal Wasser trinken, und von da an nichts als Brod,
Gemüse und Fische essen, mit Oel zubereitet, und nur Wasser und Kaffee
trinken. Milch, Eier u. s. w., kurz alles Thierisehe, ist ihnen verboten;
doch lassen sich Viele durch ärztliche Zeugnisse davon dispensiren. Erst
nach Beendigung der W eihnachtsroesse halten sie sich schadlos für die lange
Entbehrung. — Der Anfang des Gottesdienstes wurde, wahrscheinlich,
weil die Gemeinde so klein ist-, durch Klopfen an den Häusern angekündig
t Nur die Kirche der Melchiten, die grösste der christlichen Kirchen
in Damascus, hat eine kleine Glocke, die etwa einen Fuss lang und breit
ist. Alle ändern Kirchen im Orient, mit Ausnahme der maronitischen
des Libanon und der fränkischen Kirchen in Ierusalem, entbehren der
Glocken wie der Thürme, und es ist darum für den europäischen Reisenden
um so erbebender, wenn ihm einmal das Gloekegigeläute entgegentönt.
So werden auch die Tagesstunden nicht angezeigt, und man ist gewohnt,
die Zeitabschnitte nach den Rufen der Mu essin s von den Minaret s, welche
sehr regelmässig stattfinden, zu bestimmen. Die orientalischen Kirchen
(und auch die maronitischen) haben im Innern durchgängig einen viereckigen
Raum, Quadrat oder Parallelogramm, in welchem der Chor durch
eine Erhöhung von 1 — 2 Stufen und ein Gitter von dem Schiff getrennt
ist; das weibliche Personal wird von dem männlichen durch einen
Gitterverschlag, welcher entweder unten, und zwar an der dem Chor
gegenüber liegenden Seite, oder in einer Art Emporkirche oben an derselben
Seite oder auch zu beiden Seiten des Chors angebracht ist, geschieden.
Eine eigenthümliche Sitte aller orientalischen Christen besteht, wie
bei den luden in den Synagogen, und bei den Muhammedanern in den
Moscheen, darin, dass sie in der Kirche Fess oder Turban aufbehalten,
und nur bei dem Vorlesen der Bibel, wenn der Geistliche die Einsetzungsworte
spricht, bei dem Gebet und bei dem Vorzeichen oder Genuss des
Sacramentes abnehmen; aber meist tragen sie darunter noch ein weisses
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