
worden, sich dem Willen der Regierung zu unterwerfen. Es blieb nun noch
der dritte, aber grösste Theil von ihnen übrig, welcher in dem Gebiete
des Hauran, dem sogenannten Ledscha (I -ct I „Zuflucht“) wohnt. Diess ist
kein Gebirge, sondern eigentlich eine Ebene, welche aber von allen Seiten
von hohen Fe ls- (Basalt-)Wänden umgeben und durchkreuzt ist, so dass
sie nur 4—5 schmale, leicht zu vertheidigende Zugänge hat, welche noch
so labyrinthisch durch einander gehen, dass es äusserst schwer sein soll,
ohne Führer den Ausgang wieder zu finden. Im Innern sind fruchtbare
Felder, Wiesen und Fruchtbäume aller Art, und vieles Getreide, namentlich
trefflicher Waizen, wird von da nach Damascus gebracht. Die Ortschaften
darin sind grossentheils uralt, aus der Römerzeit, wie noch zahlreiche
Inschriften bezeugen, und die Häuser sammt den Thüren aus Basalt.
Hier ist der Hauptsitz der Drusen, und, obgleich auch griechische Christen
und Muhammedaner darin wohnen, so bilden sie doch bei Weitem die
Mehrzahl, und sollen an 100,000 Seelen umfassen. Sie haben hier Alles,
was sie bedürfen, grosse Heerden von Kameelen, Rindern, Schafen und
Ziegen, Getreide in Ueberfluss, Wein und'Obst, auch vielen Salpeter und
eigene Pulverfabriken; nur Eins fehlt ihnen, das Wasser, und sie sind
daher genöthigt, das Regenwasser der Wintermonate in Cisternen aufzufangen,
um den Sommer hindurch trinkbares Wasser zu haben. Wenn
nun, wie in diesem Winter der Fall war, der Regen sehr spärlich fällt, so
tritt im Sommer grösser Wassermangel ein, welchem jedoch durch die
reichlich fliessenden Quellen unmittelbar vor dem Ledscha wieder vorgebeugt
ist. — Ibrahim Pascha, welcher ohne grosse Mühe und Opfer ganz
Syrien eroberte, hatte auch gehofft, das Ledscha bald in seine Gewalt zu
bekommen. E r belagerte es mit einer bedeutenden Heeresmacht, welche
schon durch Einen der Engpässe eindrang, und nahe daran war, das ganze
Gebiet zu überrumpeln. Da trat Einer der Bewohner auf, welche noch gar
nicht der von der Natur ihrem Lande gegebenen Festigkeit und Schutzwehr
sich bewusst waren, und stellte einigen Ändern, die bei ihm waren,
die Grösse der herannahenden Gefahr für sich und ihre Familien vor; sie
schossen au f die heranstürmenden Truppen, jede ihrer Kugeln, von geübter
Hand gesendet, tra f ihren Mann — es entstand eine Verwirrung
unter den Soldaten, welche in dem Engpasse über die Gefallenen nicht so
schnell vorwärts dringen konnten — zu jenen Wenigen gesellten sich
bald Mehrere und immer Mehrere: und zuletzt musste sich die ganze
Armee mit grossem Verluste zurückziehen, ohne den Drusen auch nur den
geringsten Schaden zugefügt zu haben. Alle weitern Versuche von Ibrahim
Pascha, das Ledscha zu erobern, blieben ebenso fruchtlos, und man sagte,
dass er bei diesen Angriffen an 10000 Mann geopfert habe. Endlich liess
er, wüthend über das Misslingen dieses Unternehmens, seinen fränkischen
Leibarzt, einen Italiener, welcher noch jetzt in Seida als Arzt leben soll,
zu sich kommen, und fragte ihn, ob er wohl im Stände sei, die Quellen,
oder vielmehr die bei denselben angelegten Brunnen zu vergiften? Auf
seine bejahende Antwort ertheilte ihm Ibrahim Pascha den Befehl, diess zu
thun; aber mit Unwillen wies der Ehrenmann diese schändliche Zumuthung
zurück, und bat um seine Entlassung, welche ihm jedoch nicht ertheilt
wurde, da Ibrahim Pascha bald das Verbrecherische seiner Anforderung
erkannte. E r zog*unverrichteter Sache mit seinem Heere ab, hatte aber
die Genugthuung, dass sich später die Drusen ihm freiwillig unterwarfen.
DieUnterhandlungen des Seraskiers mit den Drusen konnten zu keinem
günstigen Resultate führen, da er auf der Rekruten-Aushebung bestand,
sie aber sich nur zu einem, wenn auch nicht unbedeutenden jährlichen
Tribut von 300,000 Piastern (d. i. etwa 8750 Thlr.) verstehen wollten.
Der Krieg war unvermeidlich, und begann unter den unglücklichsten Auspizien
für den Pascha und die türkischen Truppen. Die Regenzeit war
vor der Thür, welche, wenn sie eintrat, viele Krankheiten unter seinen im
Freien liegenden Soldaten erzeugen, und die Fortsetzung des Kampfes
fast unmöglich machen musste. Dabei hatte er nur 8000 Mann, unter
denen viele Araber, welche mit den Drusen befreundet, und gleich allen
Arabern der türkischen Regierung feindlich gesinnt waren, daher sie auch
jede Gelegenheit zur Desertion benutzten; und, wenn er auch 2000 Basch
bozuks (ünregelmässige Truppen, meist aus Arnauten, Albanesen bestehend)
von Beirut erwartete, so war doch sein Heer nur klein zu nennen gegen
das, mit welchem Ibrahim Pascha das Ledscha so unglücklich bekämpft
hatte. Die Drusen dagegen, wenn gleich undisciplinirt, aber .unerschrocken,
heldenmüthig und tapfer, wie kein anderer Orientale, ein wahres Ritte rvolk,
und fest zusammenhaltend, konnten sich einander ablösen in der
Vertheidigung ihres Gebietes, wozu sie keiner grossen Mannschaft bedurften,
und kämpften pro ara etfocis. Obgleich alle Zugänge zu dem Ledscha
durch die Truppen des Pascha in weiterm Umkreise besetzt w a ren , so erhielten
sie doch täglich Nachricht von dem, was in Damaskus vorging,