
Viertes Kapitel.
D a m a s c u s .
Nachdem wir noch gemeinschaftlich, und theilweise von dem, was die
Damascener mitgebracht, gespeist hatten, ritten wir, während das ganze
Dorf durch diesen ungewohnten zahlreichen Besuch in Aufruhr gesetzt war,
von dannen. Voran ritten die beiden Kawasse des preussischen Consulats
dei zweite war mit dem Dragoman bis dahin entgegen gekommen —— in
Amtstracht mit silbernen Stäben, dann wir in bunter Reihe. Unser Weg
führte uns am Ufer des Flusses entlang unter Bäumen bei kahlen Kreidefelsen
vorbei über einen ziemlich hohen Berg, von dem wir die weite Ebene
von Damaseus, und später dieses selbst mit seinen grünen Bäumen, eine
Oase in der Wüste, erblickten. Die Stadt h a t, in der Vogelperspective betrachtet,
die Gestalt eines Löffels oder einer Kelle, von Nordwest nach Südost
sich erstreckend, und macht aus der Feme mit seinen Minarets und vielen
Baumgärten gegenüber der dahinter liegenden endlosen Wüste einen
höchst erfreulichen Eindruck, verliert aber in der Nähe gesehen bedeutend.
Nachdem wir, Rose und ic h , uns auf der letzten Anhöhe vor Damaseus,
wo, wenn ich nicht irre , das Grab eines muhammedanischen Wely oder
Heiligen mit einer Kuppel ist, eine kurze Zeit an dem Anblick der Stadt
geweidet hatten, ritten wir einen ebenso künstlich in den Felsen eingehauenen
als gefährlichen Weg hinab in die Ebene, und kamen bei den Ruinen
eines Palastes, der wahrscheinlich aus der Zeit der Mamlukenherrschaft
w a r, vorbei. Als wir in die Stadt einzogen, ordnete sich der Zug — die
zwei Kawasse voran, dann der Consul mit Rose und mir, nach uns die Ueb-
rigen. Hier verschwand nun alsbald die schöne Illusion, die wir uns bei
dem ersten Anblick der Stadt gemacht hatten. Die schlecht gepflasterten,
Damaseus, Häuser.
schmuzigen Strassen oder vielmehr Gassen zeigten eine Unzahl von Hunden,
und, mit Ausnahme der überdeckten Bazärs, fast nichts als hohe Lehmmauern
zu beiden Seiten mit grössern oder kleinern Hausthüren; doch bemerkten
wir auch hier und da, wie in Konstantinopel, noch ein vorgebautes
oberes Stockwerk mit eng vergitterten Fenstern oder Fensterluken. Vor
einem ganz unscheinbaren Hause hielt der Zug; wir stiegen ab, und gelangten
durch einen langen, schmalen und finstern Gang endlich in Wetzstem’s
vorläufige Wohnung. Aber wie überrascht waren wir, als wir den geräumigen
Hofraum betraten! Wie in eine Scene aus Tausend und einer Nacht ver-
setzt staunten wir das Pflaster von Marmorplatten in verschiedener Farbe
nicht minder a n , als das Bassin in der Mitte mit fortwährend fliessendein
frischem Wasser, daneben ein grösser Citronenbaum mit vielen Früchten.
Dem Eingang gegenüber war eine grosse, erhöhte, offene Halle*) mit Nischen
an der Hinter - und den Seitenwänden, b re it, in der Höhe von zwei Stock,
die Wände so bemalt, dass man die Malerei für Mosaik hielt, die Decke in
mehreren Abtheilungen mit goldenen und farbigen Verzierungen auf eine
phantastische, aber keineswegs geschmacklose Weise baldachinähnlich geschmückt,
mit gleichsam an allen vier Seiten herunterhängenden Quasten.
Daneben war rechts das Selamlik (Begrüssungs - oder Empfangszimmer),
ebenso hoch, wie die Halle, ebenfalls mit erhöhter Estrade, davor wieder ein
Marmorbassin auf musivischem Marmorboden mit vier Häh n en , aus denen
das frische Wasser stets zufloss, und Wände wie Decke gleich jener verziert.
Auf den Erhöhungen der Halle und des Selamliks lagen Teppiche über
Strohmatten, und ringsum Divane. Neben diesem Salon war ein anderer,
ebenso hoher und ebenso geschmückter, aber ohne Wasserbassin; und eine
offene steinerne Treppe auf dem Hof führte nach zwei neu angelegten Gemächern,
welche Rose und ich vorläufig bewohnten. Wir bedauerten sehr,
dass diese Wohnung zu klein war, und Wetzstein sich dadurch genöthigt
sah, ein anderes Haus zu suchen; doch gab uns diess Gelegenheit, manche
Häuser im Innern zu sehen, was uns sonst nicht vergönnt gewesen w ä re ;
und wir fanden unter den besichtigten Wohnungen, wenn sie auch äusser-
lich noch so unscheinbar waren, oft noch weit mehr Pracht in ihrem Innern.
Manche Häuser haben sogar drei Höfe, deren hinterster stets das Harem
(die Wohnung des weiblichen Personals) enthält, und eigene schone Bäder.
*) Liwän genannt (wahrscheinlich für