
des ersteren an. Man hat sie noch nie ruhen gesehen, und ihnen desshalb
den Namen der „verlorenen oder verdammten Seelen“ les âmes damnées,
gegeben. Der Dr. Duthieul, Chef des Sanitätswesens in der Provinz Bagdad,
welcher früher als Quarantäne-Arzt in Gallipoli stationirt gewesen war, versicherte
mir jedoch, dass e r, -wiewohl nur selten, in der Dämmernng
Einige derselben in weiter Feme bemerkt habe, die eine kurze Ruhe
sich gönnten. Die Türken nenüen sie Jelkowan d. i. „die der
Wind treibt“. Gegen 6 Uhr näherten wir uns den steil abfallenden Felsenufern.
Der Eingang in den Bosporus ist durch 2 Leuchtthürme,
einen auf der europäischen, Riimili Fanäraki, und einen auf der asiatischen
Seite , Anätolu F a n a ra k i, bezeichnet, und sehr breit, verengert
sich aber bald, bald erweitert er sich wieder, so dass man öfter in einem
geschlossenen See sich zu befinden meint, und ist durch Forts jedesmal
bei den sich einander nahenden Felsenvorsprüngsn vertheidigt. Unmöglich
ist es mir, alle die verschiedenen Ortschaftan namentlich anzuführen,
an denen wir schnell vorüberschifften. Die Ufer stiegen bald steil
aus dem Wasser empor, bald in allmäligen Erhebungen, und wurden,
je mehr wir uns der Weltstadt näherten , desto schöner und interessanter,
besonders von Rumili und Anatolu Kawak an. jed en Augenblick bot die
Landschaft Neues dar. Prächtige P a lä ste , dicht an dem Strande und den
Bergen hinan, von Europäern, reichen Raja’s und türkischen Grossen erbaut,
an beiden Ufern, und namentlich dem europäischen, erhöhen die Schönheit
der Landschaft, welche kaum ihres Gleichen finden möchte. Cypressen,
Feigenbäume und Platanen geben ein schattiges, mehr oder weniger dunkles
Grün, welches mit den verschiedenfarbigen Häusern schön contrastirt. T ü rkische
Kaiks (Boote) und grössere Schiffe verschiedener Nationen fuhren
hin und her — .und mitten unter diesen lebensvollen Bildern erinnerten uns
türkische Friedhöfe mit ihren dunkeln Cypressen an die Nichtigkeit unsers
Daseins. Endlich nahten wir uns nach einer fast zweistündigen Fahrt der
Riesenstadt. J e näher wir derselben kamen, desto grösser war das Gewühl
der Schiffe, wie die Zahl der an dem europäischen Ufer erbauten Sommerwohnungen
und Paläste. Wir bogen um einen Bergvorsprung — und
Konstantinopel lag in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit vor uns. Der
grosse, weitläufige Hafen, das goldne Horn5), barg in seinem Innern eine
Unzahl von -Schiffen aller Nationen.
Zweites Kapitel.
Aufenthalt in Konstantinopel.
Wir hatten hier fast zwei Stunden Musse, das Gewühl der Schiffe und
[Menschen, so wie das ganze herrliche Panorama zu betrachten, da man sich
[unverantwortlich viel Zeit nahm,bis die Koffer aus den Magazinen des Schiffes
thervorgeholt waren. Links am asiatischen Ufer sahen wir in weiter l erne den
‘schneebedeckten Olymp, näher die Prinzeninseln , — so genannt, weil dort
viele Prinzessinnen in klösterlicher Einsamkeit wohnten — noch näher den
Leanderthurm, wo jetzt nur ein Wächter mit seiner Familie wohnt, bei dem
j(man Kaffee und Pfeife bekommen kann ÎW^-ein Theil davon ist nur für den
[Sultan bestimmt, ob er gleich noch nie dahin gekommen ist ; und diesem ge-
[genüber lag Scutari. An der äussersten Spitze des rechten oder europäischen
lÜfers ist das neue Serai, welches aber nicht von dem Sultan bewohnt wird.
[Er residirt in einem ändern, höher hinauf an dem Bosporus gelegenen Pa-
»ais, dessen rechte nördliche Seite das Harem, dessen Mitte die Zimmer für
den Reichsrath, und dessen linke, südliche Seite seine eigne Wohnung in
»sich schliesst. Dicht hinter dem neuen Serai, welches mit seinen Gärteü,
1 Pavillons, Wohngebäuden und Vorhöfen einen bedeutenden Raum ein-
fnimmt, ist. die Aja [ayia] Sofia, und dann folgen in grösseren und kleine-
| ren Entfernungen die vielen anderen Moscheen, eingeschlossen von einem
wahren Häusermeer, welches die Türkenstadt, das eigentliche Konstantinopel,
bildet. Der Thurm des Seraskiers, ein Wachthurm, um die Feuersbrünste
zu beobachten und anzuzeigen, ragt h ie r, eben so wie der von Ga-
lata, über allé Minarets hervor; Eine lange, hölzerne Brücke über den
Meeresarm, welcher das goldne Horn bildet, verbindet die Vorstädte Pera,
die obere, und Galata, die-untere, mit dem eigentlichen Konstantinopel;
P e t e r m a n n , K e is e im O rie a t. ' 2