
bis er dem Seraskier vorgestellt w a r, in dem Consulate wohnen. Es war
ein kräftiger Mann von etwa 40 Jahren, in dessen Gesicht der Ausdruck
von Besonnenheit und Entschlossenheit unverkennbar war. E r trug einen
weissen T u rb an , und unter seinem rothen, goldgestickten Mantel zwei stattliche
Pistolen auf der einen, und einen langen Säbel auf der ändern Seite.
Seine Dienerschaft bestand aus christlichen Eellah’s (Bauern), welche theils
einen Schafpelz, theils einen weiss und rothbraun gestreiften Mantel über
dem Bücken trugen, und um den Kopf nach Art der Beduinen ein buntes
Tuch gelegt hatten , um welches ein dunkler Strick von Wolle gewunden
war. Die Drusen, welche ihn von Damascus aus mit eingeholt hatten, waren
sämmtlich, sogar die Knaben auch, mit Pistolen bewaffnet. Später widerfuhr
demselben Scheich eine neue Gewaltthätigkeit von Seiten der Basch
bozuk’s. Eine Abtheilung derselben überfiel seine 70 von Damascus, wohin
er sie mit Weizen geschickt hatte, zurückkehrendenKameele, und raubte sie
nach einer hartnäckigen Gegenwehr der Treiber und Begleiter, wobei ihr
Anführer und mehr als 20 seiner Leute fielen, aber auch ein Verwandter des
Abbas Scheref getödtet wurde. Obgleich nun der Seraskier auf Bequisition
des Consuls versprach, die Kameele alsbald zurückzugeben , so kann man
aus solchen Vorgängen doch ermessen, wie das Gesetz in diesen Gegenden
geachtet wird, und wie unsicher jeder Besitz ist. Die Basch bozuk’s (meist
Arnauten-Albaneser) sind zwar die besten Soldaten der Pforte, aber nichts
weiter als Bäuber, welche nur auf Plünderung bedacht sind. Wie tapfer
die sonstigen türkischen Truppen sind, beweist eine mir von einem Augenzeugen,
einem türkischen Officier, gemachte Mittheilung, wonach bei der
Flucht von Esra ein blos mit einem Beile versehener Bauer zwei bewaffnete
Soldaten festhielt, und ein einziger drusischer Beiter ganze Trupps von
Soldaten als Gefangene zurücktrieb.
Uneigennützigkeit ist eine Tugend, die, je seltener sie bei den Orientalen
zu finden ist, um so höher geschätzt wird. Diess mag sonderbar und
paradox erscheinen, wenn man bedenkt, dass die Gastfreundschaft in dem
Orient zu Hause ist, und sieht, wie der Wirth, wenn der Gast nicht seine
eigne Küche hat, bemüht ist, demselben, so viel als in seinen Kräften steht,
leibliche Genüsse zu bereiten. Allein es ist darin, wenn man die Sache
genauer betrachtet, viel äusserer Schein. Der W irth giebt sich allerdings stets
das Ansehen, als ob er sich für seinen Gast aufopfere; allein in der Kegel
sucht er diess mit dem möglichst geringen Aufwand von Kosten zu erreichen,
und erwartet dafür entweder für sich, wenn er arm ist, oder für seine schlecht
bezahlte und darauf angewiesene Dienerschaft, wenn er reich ist, oder doch
den Vornehmen spielt, ein reichliches, seine Kosten weit übersteigendes
Geschenk. So habe ich es wenigstens in P alä stin a , Syrien, Mesopotamien
u. s. w. bei Christen, wie bei Muhammedanern, gefunden. Desshalb wurden
auch dem Dr. Wetzstein von Christen, Juden, Muhammedanern und Drusen,
welche Gefälligkeiten von ihm erbaten , oder erhalten h a tte n , öfters
Geschenke aller Art gebracht, die er jedoch jedesmal augenblicklich zurückschickte.
Nur Einladungen konnte er nicht immer, obgleich auch diess oft
geschah, von sich weisen: und so kam es denn, dass wir auch einige Male bei
vornehmen Drusen speisen mussten. Zuerst gingen wir in Begleitung des
Dragomans und der beiden Kawasse zu dem oben genannten Scheich. Wir
wurden von ihm sehr ehrenvoll,empfangen, lagerten uns auf dem Divan,
und erhielten, was bei den Drusen, die gar nicht rauchen, sehr hoch anzuschlagen
ist, sogleich Pfeifen. Sodann wurde uns ein warmes Getränk,
bestehend aus Wasser, Zucker und wohlriechenden Essenzen, und darauf
mehrere Tassen echten Mokka’s präsentirt-=«im Ganzen trinkt man im Orient
mehr americanischen oder Java-Kaffee. Naeh Sitte der Drusen blieb der
Wirth in ehrerbietiger Entfernung stehen, und war trotz mehrfacher Aufforderung
von Seiten des Consuls nicht zu bewegen, sich neben uns zu setzen;
nur zuletzt erlaubte er sich, sich nahe der Thüre hinzukauern. Später wurde
eine Art niedriger Sessel vor uns hingestellt , auf denselben ein mächtig
grösser zinnerner Präsentirteller, den man alsbald mit zwei grossen Schüsseln
Pilau, zwei dergleichen mit Hammelbraten, zwei Assietten mit saurer Milch,
und andere mit Zuckerwerk belud. Ein Jed e r erhielt einen hölzernen
Löffel, doch war nur ein Messer und eine Gabel vorhanden, mit denen der
mit Pilau gefüllte Hammelbraten tranchirt wurde. Jeder nahm dann ein
Stück in die Hand (NB. in die rechte, da die linke niemals gebraucht werden
darf), und biss sich davon ab. Da es nicht Sitte in dem Orient i s t , jedem
Einzelnen einen besondern Teller zu geben— die kuchenähnlich gebackenen,
breiten, runden und dünnen Brode Vertretern meist die Stelle derselben
so assen wir Alle aus Einer Schüssel, nahmen mit unsern Löffeln saure
Milch, mischten diese unter den Pilau, und assen diess, was gar nicht übel
schmeckt. — Die Drusen, wie die Beduinen, giessen sich gleich saure Milch
über den Pilau, kneten Beides mit der Hand zu einer Kugel, und schieben
diese dann in den Mund. Bei den Beduinen sollen —- relata refero diese